EU entschlackt den Börsenprospekt

Traders are pictured at their desks in front of the DAX board at the Frankfurt stock exchange
Traders are pictured at their desks in front of the DAX board at the Frankfurt stock exchangeREUTERS
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Die neuen Regeln sollen KMU den Zugang zum Kapitalmarkt erleichtern. Der Prospekt soll außerdem klar und verständlich abgefasst sein.

Brüssel/Wien. „Ich habe den Prospekt nicht gelesen, ich hätt ihn eh nicht verstanden.“ Diesen Satz haben wir schon oft gehört, wenn Aktionäre – nach einem Flop – ihre Informationslücken über etwaige Risken erklären. Komplexität und Unverständlichkeit sind zwar prinzipiell kein Grund für Ignoranz – zumal, wenn es um's eigene Geld geht. Aber wenn Prospekte für die Begebung von Aktien oder Anleihen einige hundert Seiten dick sind, dann ist das schon eine Zumutung.

Das sieht auch die EU so, und sie hat am vergangenen Montag eine Verordnung zur Prospektrichtlinie präsentiert, mit der das Papier, das die wichtigsten Angaben über einen Emittenten und dessen geplante Emission enthält, verständlicher, auf ein angemessenes Maß reduziert sowie in einer klaren Sprache formuliert wird.

Einer der Kernpunkte der Reform: Der Schwellenwert, ab dem ein Unternehmen einen Prospekt ausgeben muss, wird erhöht. So wird etwa kein EU-Prospekt verlangt, wenn das geplante Kapital unter 500.000 Euro (bisher 100.000 Euro) liegt. Die EU-Staaten können diese Schwelle für ihren Markt von fünf auf bis zu zehn Millionen Euro heraufsetzen.

Diese Maßnahme soll vor allem Klein- und Mittelbetrieben (KMU) den Weg auf den Kapitalmarkt erleichtern. Dazu gehört auch, dass für KMU ein „Prospekt light“ geschaffen wird. Gleichzeitig erhöht die EU die Schwelle für Firmen, die diese Regelung in Anspruch nehmen können, von einer Marktkapitalisierung von 100 auf 200 Millionen Euro.

Auch für Unternehmen, die bereits notieren und eine Sekundäremission planen, soll es einen vereinfachten Prospekt geben. Derzeit betreffen 70 Prozent der jährlich gebilligten Prospekte sogenannte Sekundäremissionen.

Auch für Unternehmen, die die Kapitalmärkte häufig in Anspruch nehmen, soll es Erleichterungen geben: Dafür wird die Möglichkeit der Einreichung eines jährlich „einheitlichen Registrierungsformulars“ geschaffen. Dieses Rahmenformular soll alle Infos über das Unternehmen, das Aktien oder Anleihen begeben will, enthalten. Wer das macht, erhält ein beschleunigtes Billigungsverfahren von fünf Tagen.

„Es fragt sich, inwiefern Prospekte mit hunderten Seiten für die Kaufentscheidung von Anlegern relevant sind. Wir begrüßen daher Vereinfachungen, die wegen besserer Übersicht Anleger schützen und den Unternehmen helfen, leichter Geld zu beschaffen und bei der Prospekterstellung Geld und Zeit zu sparen“, sagt Robert Ottel, Finanzvorstand der Voest und Präsident des Aktienforums. (eid)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.12.2015)

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