Tech-Aktien: Profitieren von Megatrends

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Die starke Entwicklung einiger Technologieaktien lässt manche Experten eine neue Blase befürchten. Doch hinter den steilen Kursanstiegen stehen Geschäftsmodelle, die sich über mehrere Jahre hinaus bewährt haben.

Wien. Die digitale Revolution ist in vollem Gange. Angefangen von der Medienindustrie, über Banken und Handel bis hin zu Tourismus und Fertigungsindustrie – kaum eine Branche kann sich heute mehr den damit verbundenen Umwälzungen entziehen. Während viele einst etablierte Großunternehmen gänzlich von der Bildfläche verschwunden sind und andere ums Überleben kämpfen, haben neue Player die Bildfläche betreten, die die Digitalisierung erst losgetreten haben: die Tech-Konzerne. Ihren Siegeszug bestätigt ein Blick auf die Zusammensetzung des S&P 500: Von den zehn Unternehmen mit der größten Marktkapitalisierung gehören heute fünf dem Tech-Sektor an.

In den vergangenen Jahren konnten Anleger mit ausgewählten Tech-Aktien jedenfalls mehr als schöne Gewinne einfahren. Auch 2015 hat sich der Tech-Sektor – sowohl absolut als auch im Vergleich zu anderen Sektoren – gut geschlagen. Wie Markus Golinski, Fondsmanager bei Union Investment, erklärt, sei die gute Performance im traditionell heterogenen Technologiesektor von wenigen Schwergewichten und Subsektoren gekommen. Tatsächlich haben sich vor allem Alphabet (einst Google) mit einem Plus von 42 Prozent seit Jahresbeginn, Facebook (plus 33 Prozent), Accenture (plus 19 Prozent) und Microsoft (plus 18 Prozent) heuer gut entwickelt. Auf der anderen Seite haben die Kurse von Branchenriesen aus dem Bereich Hardware, wie Cisco (minus fünf Prozent), EMC (minus 13 Prozent), Hewlett Packard (minus 33 Prozent) und IBM (minus 16 Prozent), Richtung Süden tendiert.

Nur wenige Kurstreiber

Wie die Performance des Sektors einzuschätzen ist, veranschaulicht Mikko Ripatti, Senior Portfolio Manager bei DNB Asset Management. Seit Jahresbeginn habe der S&P 500 um 3,3 Prozent zugelegt. „Ohne jene sieben Aktien, die sich am besten entwickelt haben – von denen sechs dem Technologiesektor angehören – hätte es ein Nullwachstum gegeben“, so der Experte. Was die Bewertungen betrifft, schauen gerade jene Titel, die zuletzt gut performt haben – wie Alphabet oder Facebook – auf den ersten Blick recht teuer aus. „Ein hohes KGV spiegelt jedoch auch ein überdurchschnittliches Wachstumspotenzial wider“, relativiert Golinski. Traditionelle IT-Unternehmen wie HP, IBM und Oracle wirken auf Basis des KGV tatsächlich sehr günstig. Nachsatz: „Sie zeigen aber auch seit Jahren kein Wachstum mehr.“

Angesichts der starken Entwicklung der vergangenen Jahre warnt so mancher Beobachter vor dem neuerlichen Platzen einer Tech-Blase. Golinski zählt nicht dazu. „Die Bewertungsprämie des Sektors gegenüber dem Gesamtmarkt ist im historischen Vergleich auf einem sehr niedrigen Niveau“, sagt er.

Gleichzeitig seien die Tech-Unternehmen – im Gegensatz zu den 1990er-Jahren – solide finanziert und würden hohe Gewinne und Cashflows generieren. Viele dieser Player hätten das „Problem“, wie sie ihre extrem hohen Cashbestände gewinnsteigernd anlegen können – allein Apple sitzt auf einem Cashberg von fast 200 Mrd. US-Dollar. Deshalb bewegen sich auch die Übernahmeaktivitäten und Aktienrückkäufe im Sektor auf einem Rekordniveau.

Anders als in den 90er-Jahren stehen heute hinter der starken Entwicklung Geschäftsmodelle, die über mehrere Jahre hinaus ihre Qualität unter Beweis gestellt haben – siehe Apple, Alphabet oder Microsoft, die in ihren Bereichen über eine dominierende Marktstellung verfügen. „Vor 15 Jahren war es noch üblich, nur in Ideen zu investieren und dafür KGVs im dreistelligen Bereich zu akzeptieren“, bringt es Ripatti auf den Punkt. Viel würde darauf hindeuten, dass das Wachstum des Tech-Sektors gerade erst begonnen habe. „Von einem technologischen Blickpunkt aus passen die Puzzleteile zusammen“, so der Experte.

Zu den interessantesten Anlagechancen zählt Ripatti Unternehmen, die von Megatrends wie der Ausbreitung des Internets, dem „Internet of things“, Cloud-Computing, dem Siegeszug der Fintechs, Information Security oder der Fragmentierung des traditionellen Fernsehens profitieren. Viel Potenzial sieht man bei Pictet Asset Management bei Unternehmen, die im Bereich Robotik und künstlicher Intelligenz tätig sind. „Wir glauben, dass die Industrie in den kommenden Jahren drei- bis viermal so stark wachsen wird wie die Weltwirtschaft“, sagt Alexandre Mouthon, Investmentspezialist für Sektor- und Themenfonds. Konkret rechnet er im nächsten Jahrzehnt mit einem jährlichen Wachstum von zehn Prozent, was auch eine Studie der Boston Consulting Group in Aussicht stellt. Dabei ist Robotik kein neues Thema, für viele Experten galt es jedoch lange Zeit als eher mäßig interessant. Der Grund: geringe Wachstumsraten, ein überschaubares Anlageuniversum mit einer geringen durchschnittlichen Liquidität.

Roboter kommen

„Wir glauben, dass wir an einem Punkt angelangt sind, an dem sich der Einsatz von Robotiklösungen rasch ausbreiten wird“, so Mouthon weiter. Industrieroboter würden Fertigungsunternehmen aus den entwickelten Ländern helfen, Kosten zu senken und die Produktivität zu steigern. Im Bereich Konsumenten- und Serviceanwendungen würden etwa im Gesundheitswesen robotergestützte Operationen an Bedeutung gewinnen. Aber auch Technologien, die es Robotern ermöglichen zu fühlen, zu kommunizieren und zu agieren – etwa über Bildverarbeitungssysteme – würden immer gefragter werden. [ iStockphoto ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.12.2015)

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