Umbruch in der Finanzbranche

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Aktive Fondsmanager geraten zunehmend in Bedrängnis. Denn börsengehandelte Indexprodukte machen den angestammten Experten das Leben schwer. Dabei haben sich Letztere gar nicht so schlecht geschlagen.

Wien. Sie hantieren mit Milliarden und müssen stets besser sein als der Markt: Fondsmanager. Den leichtesten Job haben sie wahrlich nicht. Und nun macht ihnen auch noch ihre eigene Branche Konkurrenz.

Im vergangenen Jahr ist die weltweite Nachfrage nach Publikumsfonds deutlich zurückgegangen. Konnten die Fondsprodukte 2014 noch 1,41 Billionen Dollar an Kundengeldern einsammeln, waren es im abgelaufenen Jahr nur noch 949 Mrd. Dollar. Das geht aus Daten der Analysefirma Morningstar hervor.

So hatten etwa in den USA beheimatete Fonds unter einer Halbierung von Nettoneuinvestitionen zu leiden. Einzig asiatische Fonds konnten (auch aufgrund von Zukäufen der japanischen Notenbank) mehr Kundengelder anziehen. „Der fortschreitende Trend zur Passivierung war eines der wichtigsten Merkmale auf dem globalen Fondsmarkt“ schreibt Morningstar in seinem Bericht. Vor allem in den USA ist diese Entwicklung deutlich spürbar: Die Indexfondsquote bei Aktien liegt dort inzwischen bei 37,5 Prozent. In Europa ist der Wert mit 22 Prozent jedoch noch nicht ganz so hoch. Merklich geringer ist der Anteil passiver Fonds im Anleihenbereich. In den USA machen passive Produkte dort knapp 25 aus, in Europa sind es rund elf Prozent.

Bei passiven Produkten trifft nicht ein Fondsmanager die Aktienauswahl, sondern die Produkte bilden meist einen vorab definierten Index nach. Der Vorteil dieser sogenannten Exchange Traded Funds (ETF) besteht in ihren geringeren Kosten. Ihr Nachteil ist, dass sie schlechtere Wertpapiere nicht zugunsten von besseren austauschen. In der jüngeren Vergangenheit ist die Produktvielfalt des ETF-Universums jedoch gestiegen – die genau bei diesem Problem ansetzt. Inzwischen wurden beispielsweise sogenannte Smart-Beta-Produkte auf den Markt geworfen, die „intelligenter“ als herkömmliche ETFs sind. Sie können etwa Faktoren wie die Volatilität oder niedrig bewertete Aktien berücksichtigen.

Kommt das Horrorszenario?

Die Finanznachrichtenagentur Bloomberg sieht daher bereits den Napster-Moment für die Finanzbranche heraufziehen. Die einst in den USA gegründete Online-Musiktauschbörse und die Erfindung von Apples-Musikdienst iTunes haben die Musikwelt damals gehörig durcheinandergewirbelt und ihr Geschäftsmodell auf den Kopf gestellt. Bloomberg glaubt, dass sich dieses Szenario in der Finanzbranche durch das Aufkommen von ETFs wiederholen könnte. Im schlechtesten Fall könnte der Industrie die Hälfte ihrer bisherigen Umsätze wegbrechen, auch weil die Kosten bei ETFs deutlich geringer sind. Allein seit Anfang 2015 seien 250 Mrd. Dollar aus aktiv gemanagten Fonds in passive Produkte geflossen.

Dabei haben sich die Fondsmanager im vergangenen Jahr gar nicht so schlecht geschlagen. 2014 waren die Ergebnisse jedoch äußerst mager. Nur ein geringer Anteil der Experten übertraf damals seine Benchmark. Bei global anlegenden Aktienfonds erreichte die Quote der Outperformer 2014 spärliche zwölf Prozent. Im Vorjahr drehte sich das Blatt. Manager europäischer Aktienfonds waren zu 69 Prozent besser als ihr Vergleichsindex. Bei Schwellenländerfonds erreichte der Anteil der Outperformer knapp 57 Prozent. Morningstar führt das bessere Abschneiden der Fonds unter anderem auf die Bedingungen an der Börse zurück. Demnach hätten die Experten bei eindeutigen Trends eher die Möglichkeit, „sich erfolgsversprechend zu positionieren“. Was schlecht geht, liege folglich auf der Hand, was gut geht, jedoch auch.

Adam Lessing von Fidelity sieht die Sache pragmatisch: „Wenn man es als Fondsmanager nach Kosten nicht schafft, die Benchmark zu schlagen, dann sollte man auch nicht auf dem Markt sein.“ Darüber hinaus nehme man als Fondsgesellschaft seine Verantwortung als Aktionär war. Bei passiven Investments ist das freilich nicht möglich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.04.2016)

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