Skandinavien: Flucht in den sicheren Norden

(c) Clemens Fabry
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Der Norwegischen Krone- und dem Aktienmarkt - hat der Ölpreisverfall im Vorjahr zugesetzt. Doch seit drei Monaten geht es wieder nach oben. Vor allem in Krisenzeiten flüchten Anleger gern in die skandinavischen Märkte.

Wien. Wenn die Unsicherheit zunimmt und Investoren alles scheuen, was mit Risiko verbunden ist, entfalten „sichere Häfen“ besonders große Attraktivität. Dazu zählen Gold, Staatsanleihen, der Schweizer Franken – und die skandinavischen Währungen. Schweden, Norwegen und Dänemark werden von allen drei großen Ratingagenturen mit der besten Bonitätsnote (AAA) bewertet (Österreich nur von einer). Dass die Währungen der Nordländer als Kriseninvestments gesehen werden, konnte man 2012 beobachten, als viele Anleger fürchteten, der Euro könnte zerbrechen: Damals schnellten die Schwedische und die Norwegische Krone auf Zehnjahreshochs empor.

Dass es auch in die andere Richtung gehen kann, zeigt die Entwicklung der Norwegischen Krone in den vergangenen beiden Jahren: Im Zuge des Ölpreisverfalls hat die Währung des rohstoffreichen Landes stark abgewertet. Seit Jahresbeginn befinden sich alle drei Nord-Währungen zum Euro wieder im Aufwärtstrend. Ein Trend, der anhalten dürfte – obwohl auch die skandinavischen Notenbanken eine lockere Geldpolitik fahren. Die Schwedische Notenbank Riksbank etwa hat den Leitzins im Februar – trotz heftiger interner Unstimmigkeiten – auf minus 0,5 Prozent gesenkt. Den Aufwärtstrend ihrer Währung konnte sie dennoch nicht stoppen. Carl Hammer, Chefwährungsstratege bei der SEB AB in Stockholm, glaubt etwa, dass der Euro bis Jahresende von derzeit 9,17 auf 8,9 Schwedische Kronen fallen wird.

Die Aktienmärkte der Nordländer konnten sich den Marktturbulenzen der vergangenen Monate zwar auch nicht entziehen. In den vergangenen Jahren haben sie sich jedoch eindeutig besser entwickelt als die Märkte der Eurozone. Während der Euro-Stoxx-50 seit seinem Tief infolge der Finanzkrise nur um 42 Prozent zulegen konnte, schwangen sich der norwegische Aktienindex OBX und der schwedische OMX Stockholm 30 zu neuen Allzeithochs auf. Seit der Finanzkrise haben schwedische Aktien um 109 und norwegische Papiere um 155 Prozent zugelegt, auf Eurobasis wäre es noch mehr. Was ebenfalls für den skandinavischen Aktienmarkt spreche, sei dessen breite Ausrichtung auf unterschiedliche Branchen, meint DNB-Experte Mikko Ripatti.

Ölpreis belastet Norwegens Firmen

Schweden kann mit starken Konsummarken (etwa H&M, Electrolux oder Volvo) aufwarten, Finnland mit Technologie- und Gesundheitsfirmen. Skandinavische Banken wie Nordea haben mit den gleichen Niedrigzinsproblemen zu kämpfen wie jene aus der Eurozone, ihre Bilanzqualität sei aber meist besser.

Der Ölpreisverfall hat indes neben der Norwegischen Krone auch den Ölfirmen des Landes zugesetzt, was auch den OBX nach unten drückte, in dem allein Statoil eine Gewichtung von einem Fünftel hat. Der Rückgang der Norwegischen Krone habe jedoch auch positive Auswirkungen – etwa für Exporteure von Fischereiprodukten, stellt Ripatti fest. Das zeigt sich etwa bei den Aktienkursen von Marine Harvest oder Austevoll Seafood, die seit einem Jahr deutlich zugelegt haben.

High-Yield-Anleihen aus dem norwegischen Energiesektor haben indes unter dem Ölpreisverfall gelitten. Die Rendite ist häufig zweistellig. Ausfälle hat es bis dato noch kaum gegeben. Ob das so bleibt, hängt vor allem von der Entwicklung des Ölpreises ab, meint Hagen-Holger Apel, Senior-Portfolio-Manager bei der DNB. Wer an eine baldige Erholung von Ölpreis und Norwegischer Krone glaubt, fände seiner Ansicht nach jetzt ein äußerst günstiges Einstiegsszenario bei Hochzinsanleihen vor.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.04.2016)

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