Immo-Firmen profitieren von Niedrigzinsen

(c) Clemens Fabry
  • Drucken

Immobiliengesellschaften kommen billig an frisches Geld und errichten damit Projekte mit relativ hoher Rendite. Das hilft der Branche. Nur die österreichischen Firmen hinken der internationalen Konkurrenz noch hinterher.

Wien. Die lockere Politik der Europäischen Zentralbank (EZB) kommt zurzeit gelisteten Immobiliengesellschaften zugute. Daran wird sich auch so schnell nichts ändern – im Gegenteil: Im Juni wird die EZB im Rahmen des neu initiierten Corporate Sector Purchase Programme (CSPP) mit dem Ankauf von europäischen Unternehmensanleihen mit dem Rating „Investment Grade“ (mit Ausnahme von Banktiteln) beginnen. Laut ersten Analystenschätzungen werden monatlich zwischen fünf und 15 Mrd. Euro in die Kassen der Emittenten und – sofern auf dem Zweitmarkt erworben – der Investoren fließen.

Martin Rupp, Fondsmanager bei der 3 Banken Generali Investmentgesellschaft, spricht von „einem Riesenvorteil für eine so zinssensitive Branche wie die Immobilienwirtschaft“. Mit dem von ihm gemanagten Mischfonds „3 Banken Immo-Strategie“ setzt er auf großkapitalisierte, bonitätsstarke und hochliquide Immobilienaktien aus Kerneuropa, die vom EZB-Programm profitieren würden.

Projekte billig finanzierbar

„Unternehmen wie Unibail-Rodamco, Klépierre oder Vonovia können in diesem Umfeld Hunderte Mio. Euro an Anleihen begeben und zahlen dafür nun oft weniger als 1,5 Prozent, und das bei relativ langen Laufzeiten“, so Rupp. Diese Billigemissionen würden entweder bestehende teurere Finanzierungen ersetzen oder in neue Entwicklungsprojekte fließen, deren Immobilienrenditen oft bei fünf bis sieben Prozent liegen. Nachsatz: „Die Differenz zwischen Finanzierungskosten und Investitionsrendite ist also hochattraktiv, und die EZB sorgt mit ihrem gewaltigen Kaufprogramm dafür, dass dieser billige Finanzierungskanal noch längere Zeit geöffnet bleibt.“

„Die globalen Märkte für börsenotierte Immobilienwerte haben das extrem volatile erste Quartal, in dem sich das Augenmerk hauptsächlich auf Zentralbanken, auf China und auf die Rohstoffpreise gerichtet hat, im Plus beendet“, erklärt Frédéric Tempel, Head of Equity Listed Real Estate bei AXA Investment Managers. So hätten sich US-Reits (eine spezielle Art von Immobiliengesellschaften) und Immobilienaktien aus Hongkong erholt, da die US-Notenbank in ihrer geldpolitischen Stellungnahme angedeutet hat, dass mit weniger Zinserhöhungen in diesem Jahr zu rechnen sei, als ursprünglich angenommen wurde. Ebenfalls zur guten Performance beigetragen habe in den USA die erneute Fusions- und Übernahmeaktivität.

Auf dem europäischen Kontinent sei der Markt in Deutschland im ersten Quartal gut vorangekommen – weil der deutsche Wohnimmobiliensektor als sicherer Hafen gelte – und habe Frankreich und die Niederlande überflügelt, so Tempel. Britische Immobilienaktien hinkten dagegen dem europäischen Sektor hinterher. Das liege daran, dass makroökonomische Faktoren (beispielsweise die Angst vor einem Austritt Großbritanniens aus der EU) erneut schwerer als die Fundamentaldaten von Immobilien ins Gewicht fielen. Letztere seien „recht robust“ gewesen.

Waren bis Oktober des Vorjahres britische Immobilienwerte wie Land Securities, Derwent oder Great Portland aufgrund ihrer erfolgreichen Entwicklungsprojekte auf dem Londoner Immobilienmarkt die Outperformer, habe sich das Blatt mit dem näher rückenden Referendum gewendet, so Rupp. Nun scheine dieses Risiko eingepreist zu sein, und es bestehe die Chance, dass ein Verbleib in der EU zu einer Wende führen könnte.

Heimische Aktien hinken nach

Doch wie schaut es mit heimischen Immobilienwerten aus? Der Immobilien-ATX verzeichnet seit Jahresbeginn ein Minus von 2,84 Prozent und liegt dabei auf Augenhöhe mit dem ATX (minus 2,79 Prozent). Nach wie vor kosten heimische Immobilienaktien an der Börse weniger als ihr NAV (Nettovermögenswert pro Aktie) – auch wenn sich der Abstand seit vergangenem September von 30 Prozent auf 16,3 Prozent verringert hat.

Für Rupp gibt es gute Gründe für den bestehenden Rückstand: „Im Fall der Immofinanz ist das etwa darauf zurückzuführen, dass das Russland-Portfolio derzeit kaum Cashflow generiert.“ Angesichts der Tatsache, dass für die fünf russischen Einkaufszentren ein Käufer gesucht wird, könnte sich das aber bald ändern. Bei anderen Immobiliengesellschaften – wie etwa der Conwert – liege Verbesserungspotenzial auf der Kostenseite vor. „Insgesamt hat sich die Kostenstruktur im heimischen Immobiliensektor zuletzt aber verbessert.“ [ iStockphoto ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.05.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.