Was die Analysten in Wien kaufen würden

Wiener Boerse neu handelsraum
Wiener Boerse neu handelsraum(c) Wiener Börse
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Aktien. Im Wiener Leitindex ATX sind 20 Unternehmen gelistet. Doch nicht alle sind für Investoren gleichermaßen attraktiv. Nur einer Handvoll Firmen wird von Analysten derzeit der Vorzug gegeben.

Wien. Im Gegensatz zu so manch anderem Jahr hat die Wiener Börse mit ihren internationalen Pendants heuer eines gemein: Sie kommt wie alle anderen nicht so recht vom Fleck. Von den Schockwellen, die China zu Jahresbeginn ausgelöst hat, hat sich der ATX noch nicht erholt. Mitte Februar erreichte der Leitindex sein bisheriges Jahrestief, seither geht es bergauf. Trotzdem müssen die Anleger mit einem Minus von bislang sieben Prozent leben.

Anders sieht es aus, wenn man nicht auf den Index, sondern auf einzelne Unternehmen gesetzt hat. Zum Teil konnte man seit Jänner schöne Gewinne einfahren. Die Papiere des Ölfeldausrüsters Schoeller-Bleckmann oder die Aktien der Telekom Austria liefen beispielsweise sehr gut. Doch das muss nicht zwangsläufig auch in Zukunft so sein. „Die Presse“ hat sich daher bei heimischen Analysten umgehört und sie nach ihren Top-Picks für den ATX gefragt.

Raiffeisen-Centrobank-Analyst Stefan Maxian empfiehlt etwa die Aktie des Mitbewerbers Erste Group zum Kauf. Das Papier kostet rund 24 Euro, seit November hat es kontinuierlich an Wert verloren. „Die Aktie hat im Vergleich zu anderen osteuropäischen Bankentiteln in diesem Jahr stark underperformt“, sagt Maxian. Seiner Ansicht nach sollten die Risikokosten des Instituts in diesem Jahr niedrig sein, hinzu kommt ein positiver Einmaleffekt aus dem Verkauf der Visa-Beteiligung. Maxian gefällt, dass die Bank ihre Kapitalisierungsziele erreicht habe, was mittelfristig zu einer höheren Dividende führen kann. Für das abgelaufene Geschäftsjahr schüttet die Erste Group 0,50 Euro je Anteilsschein aus. 2014 und 2011 gingen die Aktionäre leer aus. Ganz risikofrei ist ein Bankinvestment jedoch nicht, so Maxian: „In einem Umfeld negativer Zinsen ist es für Banken wie Versicherungen schwer.“

Gerade Letztere sind im ATX unter die Räder gekommen. Die Papiere der Vienna Insurance Group liegen auf Drei- und Achtjahressicht im Minus. Aber eben, weil die Aktie extrem verloren habe, „haben wir das Papier auf Kauf“, sagt Maxian. Die aktuelle Guidance des Konzerns stuft der Experte als eher vorsichtig ein. Erst zum Ende des Vorjahres warf Vorstand Peter Hagen das Handtuch, seine Nachfolgerin, Elisabeth Stadler, setzt auf Kontinuität. Osteuropa, das inzwischen für mehr als die Hälfte des Konzerngewinns verantwortlich ist, bleibt für die VIG ein wichtiger Markt. Die Versicherungsdichte ist dort im Vergleich zu Westeuropa weitaus geringer.

Ein Wert gefällt Maxian noch: CA Immo. Sie soll mit der heimischen Immofinanz verschmolzen werden. Doch die Hauptversammlung muss diesem Schritt noch mit qualifizierter Mehrheit zustimmen. Maxian geht davon aus, dass das Umtauschverhältnis nicht zum Nachteil der CA-Immo-Aktionäre erfolgen werde.

Nischenplayer aus Österreich

Auch Bernhard Haas, Analyst der Wiener Privatbank, hält viel von diesen Immobilienwerten. „Beide Firmen sollten von einer Verschmelzung profitieren, auch weil das gemeinsame Unternehmen dann eine gewisse Größe hätte“, sagt der Experte. Die Fusion sei in den Papieren noch nicht eingepreist, beide Aktien notieren außerdem unter ihrem Nettovermögenswert (NAV). Die CA-Immo-Aktie kostet rund 16 Euro und damit knapp doppelt so viel wie 2011. Die Immofinanz notiert bei zwei Euro, seit 2014 ist der Kurs – mit Unterbrechungen – gesunken. Neben den Immo-Werten gibt Haas auch der österreichischen Post den Vorzug. „Die Aktie ist immer sehr interessant.“ Der Einstieg der deutschen Post in den heimischen Markt über ihre Tochter DHL sei überbewertet worden. Die Nachricht hat die Aktie unter Druck gesetzt. Der Umsatz der Post ist im Vorjahr gestiegen, der Gewinn wegen einer Abschreibung gesunken. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 14 (auf 2016er-Basis) ist das Papier zwar nicht billig: „Aber es ist eine sehr gute Firma mit stabilen Erlösen und einem guten Cashflow“, sagt Haas.

So sieht das auch Erste-Group-Chefanalyst Friedrich Mostböck. „Die Post ist super positioniert, das Standing klar.“ Die Dividendenrendite des Konzerns liege bei fünf Prozent und werde im kommenden Jahr wahrscheinlich steigen. Das Kursziel sieht die Erste bei 38 Euro, zur Zeit werden die Anteilsscheine um rund 34 Euro je Stück gehandelt. Neben der Post setzt die Erste Group auch auf Industriewerte, etwa den Feuerfestkonzern RHI. „Die sind global relativ gut aufgestellt“, sagt Mostböck. Das Unternehmen verbuche steigende Gewinne, habe kostenseitig viel gemacht und agiere als globaler Nischenplayer. Das KGV liegt bei zehn.

Die Voestalpine als österreichisches Paradeunternehmen steht ebenfalls auf der Empfehlungsliste des Analysten. Auto-, Flugzeug-, und Energieindustrie, all das zählt u. a. zum Geschäftsfeld der Linzer. Als normales Stahlunternehmen könne man die Firma daher nicht mehr bezeichnen. Innerhalb der Peer Group sei die Voest gut aufgestellt. Seit Februar hat sich das Voest-Papier zwischenzeitlich massiv verteuert, derzeit pendelt es um die Nulllinie. In drei Jahren gab es ein Plus von 15 Prozent.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.05.2016)

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