Böse Investments werden tabu

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Die Nachfrage nach ethischen Investments ist im vergangenen Jahr gestiegen. Ihr Marktanteil liegt aber nach wie vor im einstelligen Prozentbereich.

Wien. Die Familie Rockefeller zieht sich aus dem Ölgeschäft zurück, und der norwegische Pensionsfonds verkauft rund hundert Unternehmen aus dem Energie- und Bergbausektor. Es sind dies zwar nur zwei Beispiele, doch fossile Energieträger werden für immer mehr Investoren zu einem untragbaren Geschäftsmodell. Nicht nur das: Die Zahl derer, die andere, vermeintlich „böse“, Investitionen meiden, nimmt ebenfalls zu.

Zwischen 2005 bis 2015 erhöhten sich die Mittelzuflüsse in nachhaltige Veranlagungen jedenfalls erheblich. Was in Österreich mit mageren 1,2 Milliarden Euro begann, hat inzwischen ein Volumen von 10,22 Milliarden Euro erreicht. Im gesamten deutschsprachigen Raum ist das Ausmaß weit größer. Im Vorjahr machte das Volumen immerhin 256,6 Mrd. Euro aus. Das geht aus dem Marktbericht „Nachhaltige Geldanlagen 2016“ hervor.

Die Wachstumskurve – zumindest in Österreich – flacht aber zunehmend ab. Betrugen die jährlichen Zuwachsraten im Schnitt 24 Prozent, lag das Plus im Vorjahr nur noch bei 14 Prozent. Auf dem Markt sei eben eine Beruhigung eingetreten, sagt Wolfgang Pinner, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Forums Nachhaltige Geldanlagen (FNG). Dennoch sei der Anstieg im Vergleich zum Gesamtmarkt deutlich stärker. Als zentrale Hindernisse für weiteres Wachstum führt das FNG unter anderem Bedenken der Investoren bezüglich der Performance sowie Mangel an brauchbaren Produkten und qualifizierter Beratung ins Feld. Es liege an der Bank und den Asset-Managern, das Thema hinauszutragen, so Pinner.

Mit einem Marktanteil von 6,3 Prozent spielen grüne Veranlagungen hierzulande aber nach wie vor eine Nebenrolle. In den kommenden fünf bis zehn Jahren könnte sich das freilich ändern. Pinner rechnet dann mit einem Niveau im zweistelligen Prozentbereich.

Anleihen vor Aktien

In Österreich sind es vor allem institutionelle Investoren, die sich dem Thema verschrieben haben. Öffentliche Pensions- und Vorsorgekassen, betriebliche Pensionsfonds und kirchliche Institutionen wie Wohlfahrtseinrichtungen engagieren sich am stärksten. Private machen lediglich ein Fünftel aller Anleger aus. Ihr geringerer Anteil ist schon seit jeher so, in der Schweiz und in Deutschland ist es nicht anders. Ebenso wie bei konventionellen Veranlagungen setzen die „grünen“ Investoren in Österreich vor allem auf Anleihen (von Firmen, Staaten oder Kommunen). Das heißt aber auch, dass Länder, die die Todesstrafe exekutieren, Diktaturen sind oder gegen Waffensperrverträge verstoßen, nicht auf der Investitionsliste der Institutionellen stehen. Staatsanleihen der USA kommen daher nicht in Frage, Rentenpapiere amerikanischer Bundesstaaten oder Unternehmensanleihen hingegen schon.

Zu den allgemein wichtigsten Ausschlusskriterien für Investoren zählen in Österreich Investments in Waffen, Kernenergie, Pornografie, Menschenrechtsverletzungen oder Tabak. Zwischen 80 bis 100 Prozent der Fonds und Investment-Mandate berücksichtigen diese Kriterien bereits in ihren Anlageentscheidungen. „Es gibt eine gemeinsame Sichtweise der Manager, was man in seinem Fonds haben will und was nicht“, sagt Pinner.

Die Experten haben im grünen Investmentuniversum dabei zahlreiche Möglichkeiten, ihre Anlagestrategien umzusetzen. Neben den erwähnten Ausschlusskriterien ist auch das sogenannte Best-in-class-Prinzip beliebt. Der Fondsmanager investiert dabei in jenes Unternehmen, das sich als das Beste seiner Art herausstellt, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so vorbildlich ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2016)

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