Börse: Das zweite Halbjahr wird turbulent

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Der Technologiebranche und Europas Börsen werden in den kommenden Monaten gute Chancen eingeräumt - wenngleich Experten weltweit mit größeren Schwankungen rechnen.

Wien. Gleich zu Jahresbeginn gab es an den globalen Aktienmärkten schon gröbere Schrecksekunden, als die Börsen kräftig absackten. Seither haben sie sich wieder ein gutes Stück erholt. Wer auch in der zweiten Jahreshälfte die Chancen an den weltweiten Börsen nicht auslassen möchte, sollte sich laut Experten dabei jedoch auf turbulentere Zeiten einstellen.

Gefahr durch höhere Zinsen

Dennoch meint Robert Karas, Asset-Management-Leiter bei der Schoellerbank, dass Aktien nach wie vor den einzig sinnvollen Ausweg in einer nahezu zinslosen Welt darstellen. „Trotz der Börsenrallye der vergangenen Jahre sind sie noch nicht zu teuer.“ Was zudem für ein Aktieninvestment spricht: Die Dividendenrenditen seien zum Teil bis zu viermal so hoch wie jene von Unternehmensanleihen, führt Raiffeisen-Chefanalyst Peter Brezinschek ein weiteres Argument an. Wobei die aktuellen Käufe von Unternehmensanleihen durch die Europäische Zentralbank (EZB) die Renditen noch weiter nach unten drücken.

Allerdings gibt es einige Punkte, die man im Auge behalten sollte, wenn man auch im zweiten Halbjahr in Aktien investieren möchte.

Für Brezinschek werden US-Zinserhöhungen ein großes Thema sein. Sollte die Notenbank im Juni die Zinsen noch nicht erhöhen, könnte eine Anhebung spätestens im September kommen. Bei Pictet Asset Management rechnet man heuer mit insgesamt zwei kleinen Schritten, „womit sich die US-Notenbank zugleich ein wenig Spielraum verschafft, die Zinsen – falls notwendig – wieder zu senken“, betont Pictet-Chefstratege Luca Paolini.

Weil höhere US-Zinsen aber auch den Dollar entsprechend stärken dürften – ein Euro kostet derzeit etwa 1,13Dollar, Brezinschek erwartet, das es bis Jahresende 2016 1,05 Dollar sind –, dürften davon eher europäische Aktien, vor allem Exporttitel, profitieren. US-Aktien dürften hingegen etwas zurückfallen. Das lässt sich auch anhand von Zahlen verdeutlichen.

Japan bleibt interessant

Pictet-Experte Paolini präzisiert: „Allein der Gewinn je Aktie wird laut Schätzungen heuer in der Eurozone durchschnittlich um 2,9 Prozent, in den USA um 0,9 Prozent wachsen.“ In Japan könnte der Gewinn je Aktie sogar um 18,5 Prozent zulegen, in den Schwellenländern um 7,5 Prozent. Nicht ohne Grund hat man bei Pictet Asset Management neben europäischen auch japanische Aktien „übergewichtet, zumal die bevorstehende US-Wahl auf den US-amerikanischen Börsen lasten könnte“, so Paolini.

Karas findet ähnlich gute Argumente für Europa. „In Europa und Japan sehen wir für Zinserhöhungen derzeit keinen Spielraum, hier dürfte die Notenbank weiter die Geldschleusen offen halten und damit dem Aktienmarkt in die Karten spielen. Wenn in den USA der Zinsanstieg gemäßigt erfolgt, stehen auch dort die Chancen gut, dass sich der US-Aktienmarkt wieder auf Klettertour begibt.“

Auch die Schwellenländer bieten interessante Chancen. „Aus heutiger Sicht erachten wir Asien als unverändert interessant.“ Bei der Schoellerbank hat man derzeit Informationstechnologie, Basiskonsumgüter sowie Gesundheitswesen am stärksten gewichtet. Besonders im letztgenannten Sektor finde man einige Unternehmen mit attraktiver Bewertung. Pictet-Experte Paolini sieht günstige Chancen im Telekomsektor, aber auch im Bankenbereich, insbesondere in Frankreich sowie in Italien.

Öl-Trendwende?

Genauer gesagt, „befinden sich auf unserer Aktienliste etwa Berkshire Hathaway, Novartis, Walt Disney, Vodafone sowie der der US-Energiekonzern Exxon“, sagt Karas. Bei der Raiffeisen Bank International (RBI) empfiehlt man den französischen Ölkonzern Total, wenn man laut Brezinschek auf die Trendwende beim Ölpreis setzen möchte. Auch Autoaktien wie Daimler, Toyota und Ford werden bei der RBI favorisiert.

Allerdings könnte gegen Jahresende die Inflation allmählich anziehen, „was wiederum zu einem Rücksetzer an den Aktienmärkten führen könnte“, mahnt der RBI-Chefvolkswirt zu ein wenig Vorsicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.06.2016)

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