Zwitterwesen aus Aktien und Anleihen

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Wandelanleihen. Entwickeln sich die Aktienmärkte gut, kann man Wandelanleihen in Aktien tauschen. Tun sie das nicht, behält man die Anleihen und wartet auf die Auszahlung.

Wien. Vom Brexit bis zu den Sorgen in China – eine Reihe von Faktoren haben den Kapitalmärkten im ersten Halbjahr 2016 ihren Stempel aufgedrückt. Die Folge: erhöhte Volatilität. Dass sich an dieser Ausgangslage so bald etwas ändern wird, erwarten Experten nicht. Im Gegenteil: Allein schon die Abwicklung des Brexit wird weiterhin für stark schwankende Kurse sorgen.

„Im aktuellen Umfeld stellen Wandelanleihen (auch Convertible Bonds genannt) für Anleger eine interessante Möglichkeit dar, um die hohe Volatilität an den Fixed-Income- und Aktienmärkten zu managen“, so Laurent Le Grin, Leiter des Wandelanleihenteams von Edmond de Rothschild Asset Management. Tatsächlich verbindet das Zwitterwesen aus Anleihen und Aktien das Beste aus beiden Welten. Einerseits stellt die Anleihenkomponente eine Art Sicherheitsnetz dar. Anleger können sich bei einer nicht vorteilhaften Entwicklung der zugrunde liegenden Aktie am Ende der Laufzeit ihr angelegtes Kapital auszahlen lassen und zudem regelmäßige Kuponzahlungen lukrieren.

„Auf der anderen Seite können Anleger mit Wandelanleihen von steigenden Aktienmärkten profitieren – bei weniger Volatilität“, so Le Grin. Convertible Bonds partizipieren zu zwei Dritteln an steigenden Aktienmärkten und nur zu einem Drittel an fallenden. „Bei seitwärts gerichteten oder fallenden Aktienmärkten ist man mit Wandelanleihen für einen Aufschwung positioniert“, sagt Gerhard Kratochwil, Managing Director beim Wandelanleihespezialisten Convertinvest. Daher würden viele institutionelle Investoren auf die Assetklasse zurückgreifen.

Bewertungen sind jetzt attraktiv

Wie Kratochwil erklärt, war die erste Reaktion europäischer Wandelanleihen auf den Aktienmarktrückgang zu Jahresbeginn relativ intensiv. „Im Laufe der letzten Monate hat sich die Lage aber normalisiert“, so der Experte. In den vergangenen Monaten hätten europäische Wandelanleihenfonds Abflüsse von zwei Mrd. Euro hinnehmen müssen. Die Folge: Die Bewertungen befinden sich jetzt wieder auf einem attraktiven Niveau.

Auf welche Papiere setzen Wandelanleihenexperten derzeit? Le Grin gefallen europäische Immobilien- und Telekom-Titel. Der Immobiliensektor profitiere vom Niedrigzinsumfeld sowie der Hinaufstufung der Kreditwürdigkeit vieler Emittenten, sagt Kratochwil. Er verweist auf die Performance des hauseigenen Fonds Global Convertible Properties von plus 1,25 Prozent seit Jahresbeginn, mit der sich der Fonds vom breiten Wandelanleihenmarkt signifikant – konkret um rund drei Prozent – abheben konnte.

In den Portfolios von NN Investment Partners sind Cloud-Computing (Ausführung von Programmen, die nicht auf dem lokalen Rechner installiert sind, sondern auf einem anderen Rechner, der aus der Ferne aufgerufen wird) und Ausgaben für Gesundheit die wichtigsten Themen. „Nach unserer Einschätzung wird das Segment Cloud-Computing wegen seiner Kosten- und Geschwindigkeitsvorteile für Unternehmen und Verbraucher weiterhin exponentiell wachsen“, so Tarek Saber, Head of Convertible Bonds bei NN Investment Partners. Auch ist man zuversichtlich, dass die Zuwächse bei den Gesundheitsausgaben das BIP-Wachstum in den entwickelten Volkswirtschaften weiter übertroffen werden.

Laut Saber korrelieren Wandelanleihen negativ bzw. sehr gering mit Staatsanleihen und Unternehmensanleihen guter Bonität. Die Korrelation mit Hochzinsanleihen liege bei 60 Prozent und die mit Aktien bei 92 Prozent. „Daher weisen Portfolios ausgewogener Wandelanleihen bessere risikobereinigte Renditen auf als andere herkömmliche Anlageformen“, so der Experte.

(Print-Ausgabe, 11.07.2016)

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