Aktien sind meist besser als ihr Ruf

Aktien und B�rse
Aktien und B�rse(c) bilderbox (Erwin Wodicka - wodicka@aon.at)
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Aktien zu kaufen und zehn Jahre zu halten, war meistens eine gute Idee – Streuung vorausgesetzt. Kurzfristig hängt vieles davon ab, ob die Unternehmensgewinne anziehen.

Wien. Vor zehn Jahren war die Welt noch in Ordnung. Es herrschte Hochkonjunktur, in Osteuropa und an der Wiener Börse hatte sich Goldgräberstimmung breitgemacht, die Erwartungen an die Zukunft waren groß, die Finanzkrise noch in weiter Ferne. Heute halten Terrorangst, Türkeikrise, Brexit und Chinaflaute die Welt in Atem, die Folgen der Finanzkrise sind längst nicht überwunden.

Und die Börsen? Die sind seitdem gestiegen. Der Weltaktienindex MSCI World All Country Index kletterte in den zehn Jahren trotz Finanzkrise auf Eurobasis um 40 Prozent in die Höhe, der US-amerikanische S&P-500 hat sich gar verdoppelt (und da sind die Dividenden noch gar nicht eingerechnet). Wer nur in Europa investiert hätte, hätte seitdem jedoch durchschnittlich 20 Prozent verloren, wer nur in Österreich angelegt hätte, 40 Prozent. Was wieder einmal zeigt, dass Streuung nicht schadet.

„Es war in der Vergangenheit fast immer eine gute Idee, Aktien zu halten“, schreibt Schoellerbank-Experte Philipp Kain in einem Analysebrief. Er hat erhoben, welche Erträge man in zehn Jahren auf dem Weltaktienmarkt erzielen konnte. Er verglich dafür 27 Zehnjahreszeiträume (1979–1989, 1980–1990 etc. bis 2005–2015). In nur vier dieser Perioden war die Performance inklusive Dividenden negativ, am meisten verloren, nämlich 32 Prozent, hätte man 1999–2009, in einem Zeitraum mit zwei Krisen (Platzen der Dotcom-Blase und Finanzkrise). In den Zehnjahreszeiträumen ab 2002 hat man jedoch stets mindestens 64 Prozent Ertrag eingefahren.

Das ist zwar mager, verglichen mit den Achtzigerjahren – zwischen 1979 und 1989 konnte man sein Vermögen an der Börse mehr als verfünffachen. Berücksichtigt man jedoch, dass derzeit viele Staatsanleihen negativ rentieren, sind 64 Prozent Aktienerträge in zehn Jahre nicht einmal so schlecht. Doch sollte man Wert auf die Qualität der Aktien legen, rät Kain. Die Firmen sollten Wettbewerbsvorteile haben, die sie signifikant von Mitbewerbern abgrenzten. Und sie sollten einen niedrigen Verschuldungsgrad haben. Als Beispiele für Qualitätsaktien nennt er Nestlé, Johnson&Johnson oder Munich Re.

Halten Unternehmensgewinne mit?

Doch ist es auch kurzfristig eine gute Idee, jetzt in den Aktienmarkt einzusteigen? Da gehen die Meinungen auseinander. Larry Hatheway von GAM glaubt, dass Aktien in den nächsten Monaten Anleihen übertreffen. Begründung: Die Wirtschaft in den USA, Japan, Westeuropa und einigen Schwellenländern erweise sich gegenüber geopolitischen Unruhen und Marktrückschlägen als äußerst widerstandsfähig. Eine Ursache sei die geringere Kreditabhängigkeit der Unternehmen. Die US-Notenbank Fed werde die Zinsen daher nicht so lange unverändert lassen, wie die Märkte es derzeit antizipieren. Die Folge: Die Renditen von Anleihen dürften steigen (und die Preise fallen). Aktien sollten aber von der robusten Konjunktur profitieren.

Skeptischer ist Igor de Maack von DNCA Investments. Da die Aktienmärkte wohl nicht mehr durch weitere Zinssenkungen beflügelt werden, müssten die Firmen nun Gewinnwachstum offenbaren. „Das Gewinnwachstum europäischer Unternehmen wird aber wohl nicht ansteigen, solange die Unsicherheit auf politischer Ebene nicht beseitigt ist“, schreibt der Fondsmanager. Auch die Experten des Bankhauses Spängler sehen die Aktienmärkte aktuell von erhöhter Unsicherheit geprägt. Für die Börsen spreche die expansive Geldpolitik der meisten Notenbanken und die eher schlechte Stimmung (die ein Kontraindikator ist). Doch „die Gewinnentwicklung in Europa dürfte unter einem Austritt Großbritanniens aus der EU etwas belastet werden“, stellen sie fest. In den USA seien die Gewinne seit sechs Quartalen rückläufig.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.08.2016)

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