Bankaktien sind nichts für schwache Nerven

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Aktien europäischer Geldhäuser haben Investoren in der Vergangenheit kein Glück gebracht. Regularien und niedrige Zinsen setzen der Branche zu. Am besten ist man noch mit Papieren aus Skandinavien bedient.

Wien. Es war das unrühmliche Ende einiger unrühmlicher Tage. In der vergangenen Woche kündigte der Börsenbetreiber Stoxx Limited an, das größte deutsche Geldhaus per 8. August aus dem breiten europäischen Bankenindex Euro Stoxx 50 zu werfen. Für die Aktionäre der Deutschen Bank dürfte die Meldung freilich kaum überraschend gekommen sein. Der Aktienkurs des Instituts hat sich in den vergangenen Monaten nämlich nicht nur miserabel entwickelt, er notiert auch auf Rekordtief.

Nicht nur die Deutsche Bank muss einen Bankenindex verlassen, auch die krisengeschüttelte Monte dei Paschi di Siena könnte dieses Schicksal ereilen. Experten nehmen an, dass sie nach 17 Jahren aus dem breiteren Stoxx Europe 600 fliegen wird. Die Meldungen passen zur aktuellen Gemengelage der Branche. Denn kurz zuvor waren die Ergebnisse des europäischen Bankenstresstests veröffentlicht worden. Und dieser offenbarte, was viele bereits wussten: dass bei den meisten Instituten in Europa lange nicht alles eitel Wonne ist.

In Deutschland schnitten etwa bekannte Namen wie Deutsche Bank oder Commerzbank wenig berauschend ab. Auch die österreichischen Banken konnten sich nicht mit Ruhm bekleckern. Die Raiffeisen Zentralbank etwa landete mit ihrer Kapitalquote nur auf dem vorletzten Platz – wenngleich das Institut in den vergangenen Monaten bereits Maßnahmen auf den Weg gebracht hat, um die Lage zu verbessern.

Den italienischen Banken wurde ebenfalls ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. In dem Land sind Kredite mit einem Volumen von 360 Mrd. Euro faul. Für die schwer angeschlagene Monte dei Paschi kam die Rettung vor dem Untergang praktisch noch in letzter Minute. Die Bank-Austria-Mutter UniCredit versucht wiederum, mit dem Verkauf von Beteiligungen ihre Kapitaldecke aufzufetten. Zwar schaffte es das Institut zuletzt, seinen Quartalsgewinn zu steigern. Die Aktionäre zeigten sich davon aber unbeeindruckt. Die Aktie fiel.

Egal, ob man den breiten europäischen Bankenindex Stoxx 600 oder den enger gefassten Stoxx 50 betrachtet: Anleger haben in den vergangenen Jahren mit Bankaktien hohe Verluste geschrieben. Seit Anfang 2008 notieren beide Indizes deutlich im Minus. Der Stoxx 600 hat in diesem Zeitraum 70 Prozent an Wert verloren, beim kleineren Index sind es fast 80 Prozent. Beinahe keines der europäischen Institute schaffte es, seinen Anlegern Freude zu bereiten. Auch wenn das ein oder andere Geldhaus eine Dividende ausschüttet. Über die angefallenen Kursverluste tröstet das kaum hinweg. Regulatorische Auflagen, damit einhergehende Dokumentationspflichten, Personal, das Geld kostete statt Einnahmen zu lukrieren, und natürlich auch das niedrige Zinsniveau belasten. Banken haben es zunehmend schwer, Geld zu verdienen, sagt Norbert Janisch, Fondsmanager bei Raiffeisen Capital Management.

Kurzfristig gibt es Chancen

Problematisch wird es für die Institute vor allem dann, wenn sie aus ihrem eigentlichen Geschäft kein Eigenkapital mehr bilden könnten, so Janisch. Das führte in der Vergangenheit häufig zu Kapitalerhöhungen, die weniger neuen Investitionen als vielmehr dem Stopfen von Löchern dienten. Etwas Positives kann Janisch den Entwicklungen der Vergangenheit dennoch abgewinnen. Viele Banken, wie zuletzt die Erste Group, hätten es geschafft, ihre Risikovorsorgen zu reduzieren. „Die Lage hat sich deutlich gebessert.“ Ist das schon Grund genug, um zu investieren? Janisch verneint. „Guten Gewissens längerfristig in Bankaktien zu gehen würde ich mich nicht trauen.“ Wenngleich es durchaus Tradingmöglichkeiten gäbe. Etwa dann, wenn der Gesamtmarkt stark korrigiere und es zu einer breiten Erholung komme. Ein solches Umfeld begünstige Bankaktien, die dann normalerweise ganz vorn dabei seien.

„Aber wenn die Berichtssaison kommt, tauchen die alten Probleme meist wieder auf“, sagt Janisch. Der Sektor bleibt bereits seit Jahren hinter der Entwicklung des Gesamtmarktes zurück.

Besser als die Banken in Europas Mitte haben sich Institute aus dem skandinavischen Raum geschlagen – auch beim Stresstest. Institute wie Svenska Handelsbanken oder die Swedbank zählen zu den krisenresistentesten, mit Eigenkapitalquoten, von denen andere nur träumen können. Dass sie solide sind, zeigt sich auch an den Aktienkursen. Seit Anfang 2008 erhöhte sich der Kurs von Svenska um fast 50 Prozent, das Swedbank-Papier stieg um ein Fünftel. Auch DBN aus Norwegen oder Nordea hielten sich vergleichsweise wacker. Die Geschäftsabläufe nordischer Banken sind viel stärker automatisiert, das Filialnetz weniger dicht. Die Skandinavier sind da einen Schritt weiter, sagt Janisch.

Doch was könnte die Börsenkurse europäischer Bankaktien nachhaltig stützen? Ein höheres Zinsniveau täte jedenfalls gut. Doch das ist noch in weiter Ferne. In diesem Jahr müssen sich die Anleger jedenfalls noch warm anziehen. Fritz Mostböck, Chefanalyst der Erste Bank, erwartet für den Bankensektor einen Gewinnrückgang von über neun Prozent. Wer dennoch in Bankaktien investieren wolle, solle jedenfalls selektiv vorgehen. Und nur Einzeltitel auswählen, von denen er wirklich überzeugt ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.08.2016)

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