Eine Bankaktie? Lieber aus den USA

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Aktien von Finanzinstituten sind schon lang keine Papiere für ein ruhiges Depot mehr. Wer dennoch zugreifen will, sollte eher über den Atlantik schauen, zeigt eine Studie von EY.

Wien. Einst waren Aktien von Banken fixer Bestandteil in jedem gut sortierten Depot. Die Papiere versprachen langfristige Wertsteigerung bei überschaubarem Risiko. Diese Zeiten sind inzwischen jedoch definitiv vorbei. Auch Jahre nach dem Ausbruch der Finanzkrise leiden die Aktien von Banken an starker Volatilität und sind jederzeit für positive wie auch negative Überraschungen gut. Bestes Beispiel dafür ist etwa die italienische Bank-Austria-Mutter Unicredit. Nachdem der gesamte Sektor des Landes in Folge der britischen Brexit-Entscheidung unter Druck geraten war, verloren die Papiere Ende Juni innerhalb weniger Tage 30 Prozent. Wer damals eingestiegen ist, konnte sich jedoch wieder eines satten Zugewinns erfreuen. Die Unicredit-Papiere legten seither um mehr als ein Fünftel zu.

Bankaktien sind inzwischen also vor allem etwas für risikobereite Investoren, böse Zungen könnten auch Zocker sagen, geworden. Nicht zuletzt deshalb zahlt es sich für potenzielle Käufer aus, vor einem Investment in ein einzelnes Institut die gesamte Branche einmal grundsätzlich zu betrachten. Einen guten Ansatzpunkt liefert dafür die aktuelle Analyse der Topbanken in Europa und den USA, die von der Beratungsorganisation EY erstellt wurde und der „Presse“ vorliegt.

Verluste in den USA geringer

Und hierbei wird vor allem einmal klar, dass auch europäische Investoren den Sprung über den Atlantik nicht scheuen sollten. Zwar mussten die Aktionäre der jeweils zehn größten Banken sowohl in Europa als auch in den USA heuer Verluste hinnehmen. Während es im ersten Halbjahr in Frankfurt, London oder Paris jedoch ein Minus von durchschnittlich 32 Prozent setzte, kamen die Investoren an der Wall Street mit „nur“ minus 16 Prozent davon. Unter dem Strich betrug die Marktkapitalisierung der zehn größten US-Banken damit 876 Mrd. Euro und war damit mehr als doppelt so hoch wie jene der zehn größten Institute diesseits des Großen Teichs (410 Mrd. Euro).

Dass dieser deutliche Unterschied mit fundamentalen Gründen zusammenhängt, zeigt ein Blick auf die Ertrags- und Kapitalsituation der Banken. So leiden die Finanzinstitute zwar in nahezu allen Ländern der industrialisierten Welt unter den niedrigen Zinsen, die das klassische Geschäftsmodell erodieren lassen und einer im Verhältnis dazu viel zu hohen Kostenbasis auf der einen sowie einer ständig zunehmenden Regulierung auf der anderen Seite. In den USA scheinen die Institute aber besser damit zurechtzukommen.

Nur halb so hoher Gewinn

So mussten die europäischen Banken im ersten Halbjahr einen Rückgang beim Nettogewinn um rund ein Viertel von 29,1 auf 22,1 Mrd. Euro vermelden. Ihre amerikanischen Pendants verzeichneten zwar ebenfalls kräftige Einbußen um 20 Prozent. Mit 47 Mrd. Euro Nettogewinn lagen ihre Erträge aber immer noch mehr als das Doppelte über jenen der europäischen Konkurrenz. Ein ähnliches Bild zeigt sich auch beim Blick auf das Kapital: Verfügten die europäischen Institute im Schnitt über eine Eigenkapitalquote von 5,4 Prozent (Eigenkapital im Verhältnis zum gesamten Vermögen), lag dieser Wert in den USA bei 7,5 Prozent.

Auffälliger Punkt bei diesem Vergleich ist, dass bis zum Ausbruch der Finanzkrise die europäischen Banken etwa beim Gewinn noch vor ihren US-Konkurrenten lagen. Dies hat sich in den Jahren seit 2009 jedoch gewandelt. Die US-Banken scheinen die Krise somit besser verdaut zu haben. Und es deutet viel darauf hin, dass dieser Vorsprung auch noch einige Zeit bleiben wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.09.2016)

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