Börsen: Günstiges muss man suchen

A trader works on the floor of the NYSE
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Die Tiefzinspolitik liefert Argumente, weshalb man auf Aktien nicht verzichten sollte. Ein Blick rund um den Globus zahlt sich aus.

Wien. Aktien sind teilweise teuer geworden. Die Alternativen sind indes rar. Nicht zuletzt die Europäische Zentralbank (EZB) liefert gute Argumente für ein Aktieninvestment. Vergangenen Donnerstag ließen die Notenbanker bei ihrer jüngsten Sitzung die Zinsen bei null Prozent. Damit bleiben Anleihen unattraktiv, selbst bei langen Laufzeiten. Peter Szopo, Aktien-Chefstratege der Erste-Asset-Management, präzisiert: „Angesichts negativer Renditen bei den zehnjährigen deutschen und japanischen Staatsanleihen ist kaum noch Potenzial auszumachen.“

Ein anderes Argument für Aktien liefert die Wirtschaft. Die europäischen Konjunkturdaten seien nach dem Brexit-Votum stabiler als befürchtet, meinen Experten. Und nicht nur dort. Christian Nemeth, Chief Investment Officer der Zürcher Kantonalbank Österreich AG, ist überzeugt: „Das mäßige globale Wachstum sowie die anhaltend großzügigen monetären Anreize sorgen für ein Anlageumfeld, von dem vor allem Aktien profitieren sollten.“ Dabei hat Nemeth auch gleich sein Steckenpferd ausfindig gemacht: „Die konjunkturelle Lage sollte insbesondere US-Aktien zugutekommen.“

Diese sind allerdings nicht mehr billig. Daniel Morris, Senior Investment Strategist bei BNP Paribas IP, blickt dabei auf die vergangenen Monate zurück: „Heuer hat der US-Aktienmarkt mehr als die meisten anderen Börsen aus den entwickelten Märkten zugelegt. Politische Turbulenzen in Europa und in den Schwellenländern sowie der steigende Yen haben den US-Aktienmarkt quasi in einen sicheren Aktienhafen verwandelt.“

Risiko bei Gesundheitswerten

Dabei verweist Morris auf seine Favoriten: Sektoren mit relativ attraktiven Bewertungen bzw. einem dynamischen Gewinnpotenzial seien etwa die Finanzbranche (diese Titel dürften laut Morris von der erwarteten US-Zinsanhebung profitieren, da dann auch die Zinsspanne der Banken steigt), der Konsumsektor sowie die IT-Branche. Teile des Gesundheitssektors könnten unter einer steigenden Regulierung hingegen unter Druck geraten, je nachdem, wer der nächste Präsident werde, mahnt Morris.

Auch bei der niederländischen Investmentgesellschaft NN IP hat man die Gewichtung bei stärker konjunkturabhängigen Unternehmen etwa aus der Bankenbranche sowie bei ausgewählten Energieunternehmen erhöht. Dabei gibt sich Nicolas Simar, Head of European High Dividends, zuversichtlich: „Die Erholung der Rohstoffpreise ist ein weiteres Anzeichen dafür, dass sich die Konjunkturaussichten verbessern.“

Bei teuren, defensiven Werten (das sind solche, die wenig mit der Konjunktur schwanken) habe man indes eine Untergewichtung vorgenommen, da die Bewertungen aus fundamentaler Sicht zu hoch seien. Diese Titel zahlen meist eine hohe Dividende und waren daher lange Zeit ein begehrter Anleiheersatz.

Das hat allerdings auch die Preise hochgetrieben. Äußerst selektiv sollte man Will Ballard, Head of Emerging Markets bei Aviva Investors, zufolge in den Schwellenländern vorgehen. Wesentlich sei dabei Chinas Entwicklung. „Die Gesamtverschuldung zum Bruttoinlandsprodukt erreichte Ende des Vorjahres zwar ein Rekordhoch von 246 Prozent. Aber zumindest die kurzfristigen Risken sind zurückgegangen“, sagt Ballard.

Den Grund dafür sieht Ballard im erhöhten Kreditwachstum und den Infrastrukturausgaben. Derzeit bevorzugt der Aviva-Experte etwa Indien. Mit ein Grund sei dabei die Vereinheitlichung des Steuersystems. Dieses sei unternehmerfreundlich und „ein Zeichen dafür, dass sich die Dinge in die richtige Richtung entwickeln“.

Emerging Markets billig

Ein interessanter Fall sei Russland: „Das Binnenwachstum hat sich stabilisiert, nachdem sich der Ölpreis erholt hat.“ Allerdings dürfe man den Ukraine-Konflikt nicht außer Acht lassen. Insgesamt seien die Bewertungen im Emerging-Markets-Universum günstig, der Bewertungsabschlag beträgt gut 30 Prozent gegenüber den entwickelten Märkten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.09.2016)

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