Trump als unterschätztes Risiko für Börsen

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TOPSHOT-US-VOTE-REPUBLICANS-TRUMPAPA/AFP/MARY SCHWALM
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Wird Donald Trump nächster Präsident der USA, wird das die Börsen zumindest kurzfristig erschüttern. Die Marktteilnehmer rechnen nämlich nicht mit seinem Sieg.

Wien. Donald Trump ist nicht nur ein höchst umstrittener Anwärter für das Amt des US-Präsidenten. Sondern er hat auch das Zeug dazu, die Märkte erschaudern zu lassen. Wie stark diese auf den Immobilientycoon reagieren, zeigte sich erst kürzlich: Nach der zweiten TV-Konfrontation mit der demokratischen Rivalin, Hillary Clinton, verbuchte der mexikanische Peso die höchsten Zugewinne unter den wichtigsten Währungen. Der Peso wird von Händlern als Barometer dafür gesehen, wie es um die Chancen des Milliardärs auf den wohl wichtigsten Job der Welt bestellt ist: Je höher der Peso, desto schlechter die Chancen.

Letztere sind nach abfälligen Äußerungen über Frauen und eine Schlammschlacht im Fernsehen zwar im Sinken begriffen. Doch nur weil Clinton in derzeitigen Umfragen voran liegt, ist ihr der Sieg am 8. November noch nicht gewiss. Auch Mitte Juni hatte niemand ernsthaft an ein Ausscheiden der Briten aus der EU geglaubt. Theoretisch ist also auch in den USA noch alles möglich.

Unfähige Märkte

Die Märkte jedoch mögen keine Überraschungen, schon gar keine negativen. „Der größte Konsens auf dem Markt ist derzeit, dass wir einen leichten Sieg für Clinton und einen zweigeteilten Kongress in Washington bekommen werden“, sagte David Woo von der Bank of America Merrill Lynch zur Agentur Bloomberg. „Ich glaube nicht, dass der Markt es jemals für möglich hielt, dass Trump eine Herausforderung für Clinton darstellen könnte.“

Doch genau darin liegt das Problem. Analyst David Rothschild von Microsoft Research bringt das Dilemma auf den Punkt: Die Märkte seien unfähig, bisher beispiellose nicht ökonomische Schocks zu verstehen und einzupreisen. Ein historischer Blick auf die Reaktion der Märkte auf politische Ereignisse zeige, dass Investoren, wenn sie mit Unbekanntem oder Ungewöhnlichem konfrontiert werden, auf ein Ergebnis setzen, das sie bevorzugen, egal, wie wahrscheinlich es ist. Händler würden jenem Ergebnis den Vorzug geben, das steigende Märkte favorisiere. Diese wären auf kurze Sicht nur mit Clinton zu haben.

Sollte Trump die Wahl aber für sich entscheiden, wären die Auswirkungen wohl negativ. Investoren fürchten sowohl in politischer als auch in wirtschaftlicher Hinsicht die mangelnde Berechenbarkeit des Kandidaten.

Alexander Eberan, Vorstand des Bankhauses Krentschker, warnt etwa vor einem höheren Staatsdefizit unter einem republikanischen Machthaber. Fraglich ist allerdings, ob dies das größte Problem der Amerikaner wäre. Trump will nämlich, sofern er seine Drohungen wahr macht, nicht nur der Liberalisierung des Handels den Kampf ansagen, sondern auch Vereinbarungen wie dem nordamerikanischen Freihandelsabkommen Nafta den Rücken kehren.

Drohen Handelskriege?

Die Verlagerung von Arbeitsplätzen aus Billiglohnländern in die USA hat er ebenso angedroht wie die Einführung von höheren Zöllen. Auch sind Verbalangriffe auf Staaten, die im Handel mit den USA Überschüsse erzielen, möglich. All dies könnte zu Handelskonflikten führen, schreiben die Commerzbank-Analysten. Doch ein Großteil der Gewinne jener Konzerne, die im breiten Aktienindex Standard & Poor's 500 gelistet sind, kommt aus dem Ausland. Die Unternehmen sind also „stark von einem freien Marktzugang abgängig“, meint dazu Raiffeisen Research.

Nach einem kurzfristigen Rückschlag der Börsen unter Trump wären mittelfristig jedoch auch anziehende Kurse möglich, so die Experten. Der Republikaner plant nämlich Milliardeninvestitionen (übrigens auch Clinton, aber in geringerem Ausmaß), was die Konjunktur anschieben dürfte. Neue Börsenhöchststände wären die Folge. Langfristig würde aber das Risiko eines Marktcrashs aufgrund einer expansiven Schuldenpolitik zunehmen. Da Inflation und Zinsen in diesem Gesamtumfeld steigen, könnte es zu einem Wettlauf zwischen Fiskal- und Geldpolitik kommen, „was historisch meist mit einer harten Landung der Konjunktur und einem Aktienmarkteinbruch endete“, so Raiffeisen.

Clinton eingepreist

Ein Wahlsieg Trumps würde dem Dollar zudem unsichere Zeiten bescheren – genauso wie der US-Notenbank Fed. Die Republikaner wollen diese „enger an die Leine“ nehmen, warnt die Commerzbank, stärkere Zinsanhebungen stünden im Raum.

Siegt Clinton, ist hingegen Kontinuität auf den Märkten zu erwarten. Eine Erleichterungsrallye dürfte es keine geben, da der Wahlsieg der Demokratin eingepreist ist, sagt Alexander Adrian von der Schoellerbank. Stellte diese Partei den Präsidenten, dann entwickelten sich die Aktienmärkte aus historischer Sicht übrigens besser. Im Mittel kam es im S&P 500 seit 1945 zu einem jährlichen Plus von 10,2 Prozent. Die Republikaner schnitten mit 6,5 Prozent schlechter ab. Unter Hillarys Mann, Bill, ging es den Börsen am besten (17,4 Prozent pro Jahr). Doch Clinton war es auch, der den Banken in den USA erst die „wildesten Spekulationen“ ermöglichte, so Adrian. George Bush (minus 3,8 Prozent) musste dann damit leben: In seinem letzten Amtsjahr fand die Finanzkrise statt. [ iStockphoto]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.10.2016)

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