Wenn die Teuerung zurückkommt

APA/AFP/JUAN BARRETO
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Steigende Inflationsraten gelten als Gift für lang laufende Anleihen. Anleger sollten in solchen Zeiten lieber auf inflationsgesicherte Papiere setzen. Große Gewinne sollte man sich davon aber auch nicht erwarten.

Wien.Das Investmentjahr 2017 hat in der Eurozone mit einer Überraschung begonnen: dem Wiedererwachen der Inflation. Experten hatten angesichts der zuletzt steigenden Energiepreise zwar mit einer höheren Inflationsrate gerechnet, dass der Anstieg aber so stark ausfallen würde – im Dezember stieg die Teuerungsrate gegenüber dem Vormonat von 0,6 auf 1,1 Prozent, in Deutschland sogar von 0,8 auf 1,7 Prozent –, hatte kaum einer erwartet. Inflationsängste scheinen dennoch unbegründet, liegt doch die Kerninflation in der Eurozone bei einem Prozent.

Nichtsdestotrotz ist Inflation ein Thema, mit dem sich Anleiheninvestoren auseinandersetzen sollten. Gerade für Papiere mit langen Laufzeiten und fixen Zinsen gilt sie als Gift. Das Risiko, dass Inflation die Renditen wegfrisst, ist umso größer, je länger die Laufzeit einer Anleihe ist. Anleger, die zwischen 1950 und 1980 in britischen Kriegsanleihen investiert waren, mussten Kaufkraftverluste von bis zu 97 Prozent hinnehmen.

Eine Möglichkeit, sich gegenüber dem Risiko steigender Inflation abzusichern, stellen Inflationsanleihen bzw. inflationsindexierte Anleihen dar. Im Gegensatz zu herkömmlichen, nominal verzinsten Fix-Kupon-Anleihen, bei denen die Zinszahlungen über die gesamte Laufzeit gleich hoch sind, sind sie bei inflationsgeschützten Anleihen variabel. Auch der Rückzahlungswert entspricht nicht dem Ausgabepreis.

„Sowohl Kupon als auch Rückzahlungswert (Nominale) sind bei einer Inflationsanleihe an einen Inflationsindex gekoppelt und steigen mit der Inflation an“, erklärt Karl Halsegger, Senior Fondsmanager des ESPA Bond Inflation Linked. Die Folge: Der Anleger könne sich einen Indexwarenkorb im immer gleichen Umfang leisten. Preis der Inflationsabsicherung: ein im Vergleich zu nominellen Anleihen geringerer Kupon.

„Die Entscheidung, ob man eine inflationsindexierte oder eine normale Anleihe kauft, sollte auf Basis der Differenz zwischen beiden Renditen getroffen werden“, erklärt Christian Gaier, Leiter des Staatsanleihen-Teams bei der Erste-Sparinvest (ESPA). Zehnjährige deutsche Bundesanleihen würden derzeit etwa eine Rendite von 0,32 Prozent bieten, zehnjährige deutsche Inflationsanleihen minus 1,12 Prozent. Die Differenz von 1,44 Prozent bezeichnet man als Break-Even-Inflation. Sie drückt die durchschnittlich erwartete jährliche Inflationsrate über einen Zeitraum von zehn Jahren aus. „Erwarte ich als Investor eine höhere durchschnittliche jährliche Inflation, so lohnt sich der Kauf einer Inflationsanleihe, da diese vergleichsweise billig ist“, so Gaier.

Inflation steigt kurzfristig

Wie Erich Hackl, Manager des Pioneer Funds Austria – Euro Inflation Linked Bond, erklärt, werden zehnjährige Anleihen, die die Inflation in der Eurozone abbilden, derzeit zu solchen Preisen gehandelt, dass über die gesamte Laufzeit eine jährliche Inflation in der Höhe von 1,26 Prozent nötig ist, um einen höheren Ertrag als mit herkömmlichen Anleihen zu erzielen. „Angesichts der Zielinflationsrate der EZB von knapp unter zwei Prozent erscheint das günstig“, so der Experte. Doch seien derzeit noch keine Anzeichen für einen nachhaltig steigenden Inflationstrend auszumachen. Aktuell legten ein steigender Ölpreis sowie Basiseffekte einen Inflationsanstieg nahe, der aber nicht als ansteigender Trend interpretiert werden sollte. Nachsatz: „So gesehen schätzen wir ein relatives langfristiges Investment in inflationsindexierten Anleihen – wenn es zu den Anlagezielen des Investors passt – als sinnvoll ein, auch wenn nicht mit großen kurzfristigen Erfolgen zu rechnen ist.“

In den USA sind staatliche Inflationsanleihen mit einem Volumen von 1,15 Billionen Dollar ausständig, in Europa 413 Mrd. Euro. Dort ist die Emissionstätigkeit in den vergangenen beiden Jahren etwas geringer ausgefallen. Laut Halsegger wurden im Vorjahr Papiere mit einem Volumen von 16,5 Mrd. Euro emittiert. Der Betrag entfalle vor allem auf Frankreich, Deutschland und Italien. In Spanien war das Emissionsvolumen etwas geringer. „Die geringere Emissionstätigkeit lässt sich auch mit der Makrosituation erklären“, so Gaier. Überwiegen die Deflationsängste, finden die emittierenden Staaten keine Käufer. [ iStockphoto ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.01.2017)

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