Die Schweizer Schrumpfkur geht dem Ende zu

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Trendwende. Noch im Vorjahr lastete eine Reihe von Negativfaktoren auf dem eidgenössischen Aktienmarkt. Inzwischen scheint sich das Blatt zu wenden. Experten sehen jedenfalls gute Gründe für eine Aufholjagd.

Wien. Obwohl die Schweizer Unternehmenslandschaft mit vielen Weltmarken in unterschiedlichsten Branchen, von Süßwaren bis Luxusmarken und Pharmazeutika, aufwarten kann, hat der Schweizer Aktienmarkt 2016 Anlegern wenig Freude bereitet. Der Leitindex SMI verlor über fünf Prozent – freilich gerechnet in Schweizer Franken. Aber auch auf Eurobasis sah die Wertentwicklung kaum besser aus.

Was ist geschehen? Dazu liefert Stefan Meyer, Experte für Aktienanalyse Schweiz bei der UBS, eine Antwort: „Der Markt litt vor allem unter der unterdurchschnittlichen Kursentwicklung bei Aktien aus dem Gesundheitssektor.“ Der Sektor steht schon seit Längerem im wichtigen Absatzmarkt USA im Rampenlicht. Zuletzt hat US-Neopräsident Donald Trump die Preismacht der Pharmakonzerne kritisiert, das sorgte für Unsicherheit. Unklar ist auch, wie das Nachfolgeprogramm des sogenannten Obamacare aussehen könnte. Die negative Stimmung bekamen jedenfalls auch die Schweizer Firmen Novartis und Roche zu spüren, zwei SMI-Schwergewichte.

Weltkonjunktur gibt Hoffnung

Auch ein weiteres Schwergewicht kämpfte mit Gegenwind. So machte der Anstieg vieler Rohstoffpreise dem Lebensmittelriesen Nestlé zu schaffen. Schließlich belastete 2016 noch das schwache Geschäft in einigen Schwellenländern.

Allmählich scheint sich das Blatt aber zu wenden. UBS-Analyst Meyer meint: „Die Aussichten für den Schweizer Aktienmarkt verbessern sich, schon allein, da sich die Konjunkturaussichten in der Schweiz und global erholt haben.“ Laut Eleanor Taylor Jolidon, Fondsmanagerin des Ubam Swiss Equity, erzielen mehr als 90 Prozent der börsenotierten Firmen den Großteil ihrer Umsätze im Ausland.

Angesichts dessen wäre ein steigender Franken eigentlich ein Klotz am Bein. Alexander Jenner von SMN Investment Services hält dem aber entgegen: „Die Schweizer Wirtschaft hat in den vergangenen zehn Jahren trotz massiver Währungsaufwertungen ein deutlich höheres Wirtschaftswachstum als etwa Deutschland und liegt auch vor den USA.“ Und die stetigen Währungsaufwertungen zwingen Schweizer Firmen seit Jahrzehnten, an Effizienzsteigerung und nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen zu arbeiten.

Bei der Schweizer Bank Vontobel hat man derzeit einige Favoriten im Visier. Panagiotis Spiliopoulos, Chefanalyst im Vontobel Investment Banking, verweist etwa auf die Uhrenindustrie: „Unser Branchenfavorit ist Richemont, auf den sich die Entwicklung (Nachfrageeinbruch der vergangenen Jahre, Anm.) weniger negativ ausgewirkt hat. Außerdem ist das Unternehmen im Schmuckgeschäft sehr stark aufgestellt.“ Die Aktie zeige Aufwärtspotenzial.

UBS und die Zykliker

Klarer Branchenfavorit bei den Banken ist die UBS. Schließlich habe das Geldhaus laut Spiliopoulos seine Hausaufgaben früh erledigt. „Auch wurde ein dicker Kapitalpolster aufgebaut, zudem wird ein neues Geschäftsmodell erfolgreich implementiert.“ Und die UBS gelte als verlässlicher Dividendenzahler.

Spiliopoulos hat weitere Favoriten. So verfüge Roche über ein interessantes Geschäftsportfolio und weise eine attraktive Pipeline auf, bei Nestlé wiederum erscheine der Aktienkurs attraktiv.

Bei Zyklikern findet man bei Vontobel Gefallen etwa an Geberit, dem weltweiten Sanitärkonzern, und Lafarge Holcim, dem größten Baustoffkonzern. Während Geberit die Akquisition von Sanitec rasch integriert habe, gebe es bei Lafarge Holcim noch viel zu tun.

Jedenfalls ist die Schweizer Unternehmenslandschaft breit aufgestellt ist – Anleger sollten dem Beispiel folgen.

Tipp 1

Tipp 2

Tipp 3

Tipp 4

Was Sie beachten sollten bei . . . . . . der Aktienauswahl

2016 hinkte die Wertentwicklung des Schweizer Aktienmarkts hinterher. Nun ist eine Trendwende prognostiziert. Anleger sollten aber einiges beachten.

Bewertungen. Obwohl der Schweizer Leitindex SMI eine schwache Performance hingelegt hat, haben sich die Titel vieler kleineren Unternehmen gut gehalten. Insgesamt liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis bei Schweizer Aktien über dem historischen Schnitt. Laut Vontobel ist das kein Alarmsignal, solange es keine starke Änderung des Zinsumfelds nach oben gibt.

Währungsstärke. Die meisten eidgenössischen Konzerne haben in den vergangenen Jahren mit einem relativ starken Schweizer Franken zu leben gelernt und sind so immer effizienter geworden. Problematisch wird es aber bei einem weiteren raschen Anstieg der Währung. Das könnte der Firmenlandschaft, zumindest in einer ersten Reaktion, einen Dämpfer verpassen.

Globalisierung. Da die Schweiz ein kleines Land ist, machen Exporte einen wichtigen Teil der Umsätze aus, zumindest bei Großkonzernen. Ein weltweiter Konjunkturaufschwung sorgt für reichlich Fahrtwind. Umso schwieriger aber wird es bei einem Abschwung. Hinzu kommen nun auch noch Befürchtungen über einen wachsenden Protektionismus seitens der USA.

Streuung. Gerade weil eine Vielzahl an Faktoren bei den Schweizer Firmen einfließen – von Klagerisken bei Finanzwerten bis zu schwächelnden Absatzmärkten in den Schwellenländern –, sollten Anleger breit gestreut an der Börse Zürich investieren. Wer zudem das Währungsrisiko vermeiden möchte, kann beispielsweise eine währungsgesicherte Fondstranche kaufen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.01.2017)

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