Weniger Auswahl bei Firmenanleihen

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Im zweiten Quartal wurden weniger Unternehmensanleihen aufgelegt als angenommen. Was werfen diese Papiere in der Praxis für die Privatanleger ab?

Wien/Ker. Wegen der Eurokrise haben Firmen in Europa im zweiten Quartal weniger Anleihen herausgegeben, als ursprünglich angenommen worden war. Für Privatanleger war die Auswahl solcher Papiere, die durchaus attraktive Zinsen bieten, also etwas eingeschränkt.

Unternehmensanleihen würden nicht mehr als sichere Häfen während der Staatsschuldenkrise gesehen, heißt es. „Die Presse“ hat sich genauer angesehen, welche Anleihen derzeit auf dem Markt verfügbar sind. Und was diese Papiere dann in der Praxis abwerfen.

Da wäre etwa die Anleihe des heimischen Stahlkonzerns Voestalpine (ISIN: AT0000A0MS58). Wenn man an der Börse eine Anleihe kauft, bekommt man jährlich 4,75 Prozent. Aber: Davon muss der Anleger noch einiges abziehen. Für die Anleihe zahlt man derzeit deutlich mehr an der Börse, als man im Februar 2018 (dann ist die Anleihe fällig) zurückbekommen würde. Außerdem fallen Transaktionskosten, Stückzinsen und die Steuer an. Was heißt das in der Praxis? Ein Beispiel: Der Anleger kauft fünf solcher Anleihen, für die er im Jahr 2018 dann 5000 Euro zurückbekommt.

Hoher Kaufpreis drückt Rendite

Dieser Anleger bekommt dann ab Februar 2013 jährlich fast 180 Euro an Zinszahlungen (nach Steuer). Wenn man dann die Kosten abzieht, schaut für diese fünfeinhalb Jahre eine jährliche Rendite von rund 2,5 Prozent heraus. Diese Rendite kann der Anleger aber etwas „auffetten“. Und zwar, wenn er das Geld aus den jährlichen Kuponzahlungen auf ein Sparkonto legt.

Wir nehmen hier an, er bekommt dabei jedes Jahr Sparbuchzinsen von drei Prozent (für jeweils einjährige Bindungen). Dann kommt der Kunde auf eine jährliche Rendite von rund 2,7 Prozent bei der Voestalpine-Anleihe.

Dieses Szenario tritt dann ein, wenn er die Anleihe heute kauft und bis zur Fälligkeit im Februar 2018 behält. Wie sich der Kurs in der Zwischenzeit entwickelt, ist dann egal. Die Voestalpine sollte selbstverständlich nicht bankrottgehen. Ansonsten würde der Anleger im schlimmsten Fall komplett durch die Finger schauen.

Niedrige Zinsen stützen Kurs

Anders sind die Umstände, wenn der Kunde das Investment auch aus spekulativen Motiven heraus betreibt. Dann würde er wohl profitieren, wenn die Notenbanken die Zinsen tief halten oder noch weiter senken. Wenn die Zinsen sinken, werden festverzinsliche Anleihen attraktiver und legen im Normalfall an der Börse zu.

Was bringen im Vergleich dazu Staatsanleihen von sicheren Ländern wie Österreich? Etwa eine Staatsanleihe, die Anfang 2018 fällig wird und daher noch eine restliche Laufzeit von rund fünfeinhalb Jahren hat (ISIN: AT0000385745). Dieses Papier wirft für den Anleger jährlich einen Kupon von 4,65 Prozent ab. Die Anleihe ist derzeit aber sehr teuer, man kann sie zu einem Kurs von rund 118 Prozent ihres Nominalwertes kaufen.

Was bleibt für den Kunden bis Anfang 2018 übrig, wenn er solche Anleihen mit einem Nominalwert von 5000 Euro kauft? Nach Abzug der Steuer und der Kosten macht er in den 5,5 Jahren eine jährliche Rendite von 0,4 Prozent (die Sparbuchzinsen von je drei Prozent für die jährlichen Zinszahlungen sind berücksichtigt).

Eurokrise nützt Staatsanleihen

Der Anleger kann, wenn er die Anleihe nicht bis zum Schluss halten will, während der Laufzeit natürlich auch auf Kursgewinne hoffen. Der Kurs einer österreichischen Staatsanleihe könnte dann steigen, wenn etwa die Eurokrise weiterschwelt, die internationalen Investoren daher riskante Anlagen scheuen und stattdessen mehr Vertrauen in das Land Österreich als sicheren Schuldner aufbauen.

Was Sie beachten sollten bei... Anleihen

Tipp 1

Kosten. Unternehmensanleihen werfen relativ hohe Zinsen ab, zumindest auf den ersten Blick. Man muss aber Kosten abziehen, etwa Bankspesen und Transaktionskosten. Renditemindernd ist auch, wenn die Anleihen über ihrem Nominalwert notieren („über Pari“). Das schränkt die Renditen stark ein.

Tipp 2

Staatsanleihen. Ein Beispiel ist eine österreichische Staatsanleihe, die bis Anfang 2018 läuft, also noch rund fünfeinhalb Jahre. Die jährliche Zinszahlung macht zwar 4,65 Prozent aus, doch kostet die Anleihe bereits 118 Prozent ihres Nominalwerts. Das lässt die Rendite unter das Niveau von vielen Sparbuchzinsen schrumpfen. Auch Steuern und Kosten schlagen zu Buche.

Tipp 3

Firmenanleihen. Unternehmensanleihen bieten meist höhere Renditen als Staatsanleihen. Je schlechter die Bonität des Unternehmens, desto höher fallen die Zinsen aus. Privatanleger sollten aber eher zu Firmen mit guter Bonität greifen oder breit streuen (notfalls über einen Fonds). Denn wenn die Firma pleitegeht, verliert man sein Geld.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.07.2012)

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