Negative Realzinsen mit Anleihen

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Österreichische Unternehmensanleihen werfen teilweise hohe Nominalzinsen ab. Nach Abzug von Steuern und Kosten bleibt für die Anleger aber nur sehr wenig übrig.

Wien/Ker. Negative Realzinsen bei Sparbüchern, fallende Zinsen bei Lebensversicherungen, gekürzte staatliche Prämien bei Bausparverträgen, miserable Ergebnisse bei der staatlichen Zukunftsvorsorge: Konservative Anleger haben es nicht einfach. Die Zinsen sind so niedrig wie selten zuvor.

Die Suche nach höheren Erträgen bei eingeschränktem Risiko ist schwierig wie noch nie. Vor allem dann, wenn man sein Geld nicht in „ferne“ Papiere aus Ostasien und Südamerika stecken will. Hierzulande ist die (Zins-)Situation bei relativ stabilen Anleihen zuletzt nicht besser geworden. Real bleibt den Anlegern auch bei Unternehmensanleihen wenig übrig. Wenn überhaupt. Einige Beispiele.

•Eine Anleihe der Voestalpine (AT0000A0MS58) verspricht jährliche Zinsen von 4,75 Prozent. Ein solcher Zins ist für viele Anleger derzeit interessant. Dementsprechend teuer ist das Papier. Wenn man Anleihen im Wert von 5000 Euro kauft, muss man rund 5425 Euro berappen (am Ende der Laufzeit bekommt man freilich nur die 5000 Euro zurück). Zumindest erhält der Anleger jährliche Zinszahlungen von fast 180 Euro (nach Steuer).

Kosten knabbern Rendite an

Ein Szenario: Er will die Anleihe bis zum Ende der Laufzeit (Februar 2018) halten. Dann bleibt netto nicht viel übrig. Diverse Kosten (Depotgebühren, Transaktionskosten, Stückzins für heuer) schmälern den Ertrag. Dafür kann der Anleger die jährlichen Beträge aus dem Kupon auf einem Sparbuch wiederveranlagen (in unserem Beispiel wirft dieses drei Prozent jährlich ab, was derzeit deutlich über dem Zinsniveau liegt). Die Folge: In den rund fünfeinhalb Jahren macht der Anleger eine Nettorendite von unter zwei Prozent.

Um die Kaufkraft des Geldes zu erhalten, müsste die jährliche Inflation in den nächsten Jahren bei unter zwei Prozent liegen. Zum Vergleich: Wenn man die 5000 Euro auf ein jährliches Sparbuch legt, kann man bei einer Direktbank zwei Prozent bekommen. Wenn der Anleger hofft, dass die Sparbuchzinsen stabil bleiben und ab dem vierten Jahr auf drei Prozent ansteigen, macht er mit dem Sparbuch eine bessere Rendite.•Eine Anleihe von Andritz (AT0000A0VLS5) wirft mit 3,875Prozent einen niedrigeren jährlichen Kupon ab. Dafür ist das Papier deutlich billiger zu haben. Um Anleihen im Wert von 5000 Euro zu erhalten, muss man hier nur 5250 Euro bezahlen. Der Kunde behält die Anleihe bis zur Fälligkeit, also bis Juli 2019. Welche Rendite erzielt der Anleger hier nach Kosten und Steuer (und plus Zinsen aus den jährlichen Sparbuchveranlagungen)? Ebenfalls unter zwei Prozent jährlich. Auch hier wird es kaum möglich sein, die Inflation mit den Anleiheerträgen abzudecken. Aber immerhin bekommt man hier mehr als für heimische Staatsanleihen.
•Eine österreichische Staatsanleihe (AT0000A0U3T4) läuft bis Ende 2022 und wirft einen jährlichen Kupon von 3,4Prozent ab. Und sie ist teuer. Anleihen mit dem Nominalwert von 5000 Euro kosten derzeit rund 5660 Euro. Netto macht der Anleger in den zehn Jahren eine jährliche Rendite von unter einem Prozent. Im Gegenzug hat er wohl ein geringeres Ausfallrisiko als bei Unternehmensanleihen.

•Eine andere heimische Staatsanleihe (AT0000A0N9A0) läuft bis Mitte 2022 und wirft einen jährlichen Zins von 3,65Prozent ab. Der Preis für die Anleihe ist dafür enorm. Derzeit zahlt man dafür rund 5800 Euro. Wenn man 5000 Euro investiert, bekommt man netto in den nächsten rund 9,5 Jahren ebenfalls weniger als ein Prozent jährlich. Auch hier gibt es deutlich negative Realzinsen.

Mit Kursgewinn verkaufen

Fazit: Anleihen von großen heimischen Börsenfirmen werfen relativ hohe Nominalzinsen ab. Im Endeffekt schaut netto aber nicht sehr viel heraus. Der Anleger kann aber während der Laufzeit auf eine Kurssteigerung hoffen und das Papier vorzeitig mit einem Kursgewinn verkaufen. Das würde dann eintreffen, wenn das allgemeine Zinsniveau weiter abnimmt. Dann werden Anleihen mit höheren Zinsen an den Märkten stärker nachgefragt.

Selbstverständlich darf der Anleger nur zugreifen, wenn er sich sicher ist, dass das Unternehmen nicht pleitegehen wird. Bei einer Insolvenz könnte der Anleger im schlimmsten Fall sein Geld nicht wiedersehen. [iStockphoto]

Was Sie beachten sollten bei... Anleihen

Tipp1

Einstiegskurse. Anleihen mit hohem Kupon sind sehr beliebt. Eine Anleihe der Voestalpine wirft jährlich 4,75 Prozent ab. Aber: Um Anleihen im Wert von 5000 Euro zu erhalten (das ist jenes Geld, das man am Ende der Laufzeit wieder zurückbekommt), muss man derzeit rund 5425 Euro bezahlen. Das drückt die Nettorendite deutlich nach unten.

Tipp2

Kosten. Daneben gibt es noch weitere Brocken, die die Rendite nach unten ziehen. Etwa die Spesen für die Transaktion und die jährlichen Depotgebühren. Wenn man eine Anleihe auf dem Sekundärmarkt kauft (also nicht direkt beim Emittenten), muss man dem Verkäufer meistens auch den Stückzins zurückzahlen. Am Ende sind die Nettoerträge für den Anleger sehr bescheiden.

Tipp3

Nettorendite. So kommt es, dass dem Anleger bei einer Nominalrendite von mehr als vier Prozent im Endeffekt weniger als zwei Prozent Nettorendite bleiben. Und zwar auch dann, wenn der Anleger die jährlichen Zinszahlungen auf einem Sparbuch wieder veranlagt, das durchschnittlich mit jährlich drei Prozent verzinst ist– de facto erhält man meist weniger.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.08.2012)

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