Bonds: Anleihenparty auch für Privatanleger?

(c) AP (Michael Probst)
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In den vergangenen Monaten gab es einen regelrechten Hype um Unternehmensanleihen. Für Kleinanleger gibt es aber nicht immer viel an den Papieren zu verdienen.

Wien/Ker. Von einem „Hype“ zu sprechen ist in diesem Fall nicht übertrieben. Zuletzt gab es kaum eine begehrtere Anlageklasse als Unternehmensanleihen. Im dritten Quartal haben sich Europas Firmen umgerechnet mehr als 200 Milliarden Euro auf dem Kapitalmarkt besorgt. Gut für die Unternehmen, die sich Geld zu relativ niedrigen Zinsen borgen können.

Gut auch für die Anleger, die bei solchen Anleihen höhere Zinsen bekommen als für risikolose Anlagen. Und die darüber hinaus auf Kursgewinne hoffen können, sollten sie die Anleihen vor ihrer Fälligkeit wieder verkaufen. Bleibt die Frage, ob die Anleihenparty noch so weitergeht. Und ob Privatanleger davon profitieren.

Mit soliden Firmen ist nicht mehr viel zu verdienen. Auch die Anleihen von österreichischen Firmen waren zuletzt stark nachgefragt. Heuer haben so einige „Kapazunder“ den Anleihenmarkt angezapft. Etwa Andritz, Voestalpine, Strabag, Immofinanz. Was bringt das den Anlegern? Ein Beispiel: Andritz. Das Unternehmen hat im Juli eine Anleihe mit sieben Jahren Laufzeit aufgelegt (ISIN AT0000A0VLS5). Der jährliche Zins beträgt 3,875 Prozent.

Die Anleihe ist aber relativ teuer. Ein Szenario: Ein Anleger kauft solche Anleihen zum Nennwert von 3000 Euro. Wenn man alle Kosten (Über-pari-Kurs, Transaktionskosten, Depotkosten) und die Steuer abzieht, ist die Nettorendite für die nächsten sieben Jahre bescheiden. Nämlich 1,8 Prozent jährlich.

Rechnet man mit einer Inflation von zwei Prozent p.a., erleidet der Anleger einen realen Verlust von 0,2 Prozent. Mit einem einjährigen Sparbuch erleidet man ebenfalls einen Kaufkraftverlust, der nicht dramatisch höher ausfallen wird.

Noch höher ist der reale Verlust mit einer Anleihe von Lenzing (ISIN: AT0000A0K2K7). Sie läuft bis 2017 und wirft auch einen jährlichen Zins von 3,875 Prozent ab. Da die Anleihe aber teurer ist, wird sie netto in fünf Jahren nur etwas mehr als ein Prozent jährlich einbringen. Ein ordentlicher Kaufkraftverlust.

Die Anleger können noch auf Kursgewinne hoffen.Sie müssen die Anleihe ja nicht bis zur Fälligkeit halten. Sie können sie vorher abstoßen und auf einen Kursgewinn hoffen, der die Rendite auffetten sollte. Wer Anleihen aus diesem Motiv heraus kauft, trägt selbstverständlich ein Kursrisiko.

Vor allem auch, weil die Rallye bei Unternehmensanleihen schon weit fortgeschritten sei, sagen immer mehr Experten. Zudem ist die konjunkturelle Stimmung nicht optimal, wenn man den Konjunkturforschern glaubt. Soll heißen, die Firmen drohen weniger Gewinn zu machen, ihre Kreditqualität könnte sich eintrüben.

Wenn dann die großen Investoren Sorgen bekommen, stoßen sie die Firmenanleihen aus ihren Portfolios ab, die Anleihenkurse fallen. Dann ist die Spekulation mit satten Kursgewinnen für den Anleger nicht aufgegangen.

Dazu ein Beispiel, wieder die Anleihe der Andritz: Derzeit bekommt der Anleger die Anleihen um rund 105,5 Prozent des Nennwerts. Nach vier Jahren will er sie verkaufen – und damit eine Nettorendite von 2,5 Prozent jährlich erzielt haben, damit er wenigstens die jährliche Inflation abdecken kann. Der Anleger müsste die Anleihen in vier Jahren um 108 Prozent des Nennwerts abstoßen. Die Anleihe müsste im Wert also schon ordentlich zulegen. Ein gewagtes Geschäft.

Das auch, weil das Risiko bei diesen Anleihen immer mitschwingt. Das verdeutlichte zuletzt der wankende Baukonzern Alpine. Nach einer Verlustankündigung stürzten die Alpine-Anleihen, die von vielen privaten Anlegern gezeichnet wurden, extrem ab. Die Inhaber der Papiere müssten hier deutliche Kursverluste hinnehmen. Oder sie halten die Anleihen und hoffen, dass das Unternehmen überlebt – und am Ende seine Schulden tilgen kann. An diesem Beispiel wird aber einmal mehr ersichtlich: Rendite gibt es nicht umsonst. Auch nicht bei Unternehmensanleihen. [i-Stockphoto]

Was Sie beachten sollten bei... Unternehmensanleihen

Tipp 1

Nettorendite. Solide Unternehmen müssen den Anlegern keine hohe Verzinsung bieten, ihre Anleihen sind sehr gefragt. Trotzdem liegt die Verzinsung höher als bei Sparbüchern. Daher wurden die Unternehmensanleihen umso stärker nachgefragt. Das erhöht den Kurs und macht die Anleihen am Sekundärmarkt teurer. Dadurch vermindert sich jedoch die Rendite für jene Anleger, die später einsteigen.

Tipp 2

Verlust. Nun ist die Rendite bei Anleihen von Unternehmen mit guter Bonität ohnehin schon gering. Dann muss man noch Kosten und Steuern berücksichtigen. Am Ende könnte der Anleger einen realen Kaufkraftverlust erleiden. Wenn man die siebenjährige Anleihe von Andritz (AT0000A0VLS5) heute kauft und bis zur Fälligkeit behält, steht man real (also nach Inflation und Spesen) mit einem Minus da.

Tipp 3

Kursgewinn. Als Inhaber der Andritz-Anleihe kann man aber auch auf einen Kursgewinn hoffen und das Papier schon vorzeitig wieder verkaufen. Wenn der Anleger nach vier Jahren eine Nettorendite von 2,5 Prozent pro Jahr erzielen will, müsste er die Anleihe um 108 Prozent wieder verkaufen (wenn er sie jetzt um rund 105,5 Prozent gekauft hat). Dann kann er zumindest die Inflation abdecken. Ein gewagtes Geschäft.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.11.2012)

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