Zinswende bei Anleihen in Sicht

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Analyse. Während die Sparbuchzinsen noch auf Tiefstständen liegen, könnten Staaten bald wieder stärker in die Tasche greifen müssen, wenn sie sich neu verschulden wollen

[Wien/ker] Dass sich bei den Zinsen derzeit eine Wende anbahnt, davon bekommt der einfache Sparer wenig mit. Denn für das Sparbuch gibt es nach wie vor nur lächerlich geringe Zinssätze. Auf den Anleihemärkten schaut es dagegen schon anders aus. Dort gibt es bereits eine konkrete Richtungsänderung. Spätestens, seit US-Notenbankchef Ben Bernanke kürzlich für eine kleine Schockwelle auf den Märkten gesorgt hat.

Bernanke kündigte an, dass die Notenbank Fed gegen Ende des Jahres ihre extrem lockere Geldpolitik einschränken und daher weniger Anleihen aufkaufen wird. Damit ist klar, dass die Zinsen auf den Märkten steigen werden (und ebenso die Zinsbelastung der Staaten für deren Schulden). Die Zinswende ist aber auch schon jetzt sichtbar.

Renditen steigen, Kurse fallen

Deutlich zu erkennen ist das bei Staatsanleihen von sicheren Ländern. Zum Beispiel Deutschland: Der Kurs einer zehnjährigen Bundesanleihe (ISIN: DE0001135473) ist seit Anfang Mai von 116 auf 101,5 Prozent gefallen. Im Gegenzug ist die Rendite der Anleihe stark gestiegen (sinkt der Kaufkurs einer festverzinslichen Anleihe, steigt im Gegenzug die Rendite). Aktuell macht die Rendite für diese Bundesanleihe rund 1,55 Prozent aus. Also so hoch wie seit mehr als einem Jahr nicht mehr. „Ich glaube, dass wir die Tiefstände bei den Zinsen hinter uns haben. Die Zinsentwicklung der vergangenen Wochen war sicher eine heftige Reaktion, das wird sich nicht in dieser Vehemenz im zweiten Halbjahr fortsetzen", sagt Thomas Steinberger, Geschäftsführer von Spängler IQAM Invest. Er glaubt, dass es für zehnjährige Bundesanleihen bis Jahresende eine Rendite von zwei bis 2,5 Prozent geben könnte. „Die deutschen Renditen sollten im zweiten Halbjahr weiter ansteigen, ein guter Teil dieses Anstiegs könnte aber schon stattgefunden haben. Wir glauben eher, dass 2013 mit Niveaus unter zwei Prozent zu rechnen ist", sagt Mildred Hager, Marktbeobachterin bei der Erste Group. In jedem Fall gilt: Wenn sich ein Anleger jetzt diese Anleihe kauft, darf er sich über eine höhere Rendite freuen als noch vor wenigen Wochen.

Eine ähnliche Entwicklung gibt es bei österreichischen Staatsanleihen. Eine heimische Anleihe, die bis 2022 läuft und einen jährlichen Kupon von 3,4 Prozent abwirft (AT0000A0U3T4), hat stark an Wert verloren. Derzeit muss man dafür 111,5 Prozent (des Nennwerts) zahlen und nicht 117 Prozent wie noch vor einigen Wochen. Durch den geringeren Kaufpreis erhöht sich die Rendite. Derzeit macht sie fast zwei Prozent aus.

Aber nur, weil die Rendite gestiegen ist, ist der Kauf einer solchen Anleihe nicht immer ein Gewinn. Bei der angegebenen Rendite von zwei Prozent sind Kosten und Steuern noch nicht berücksichtigt. Wenn ein Anleger die österreichische Anleihe zum Nennwert von 3000 Euro kauft, kassiert er jährlich einen Zins von etwas mehr als 100 Euro. Das hört sich nicht schlecht an. Aber: Er muss für die Anleihe 3345 Euro bezahlen, damit er in neun Jahren die 3000 Euro zurückbekommt. Dadurch schrumpfen die Zinsen zusammen. Und „dank" der Kapitalertragssteuer und sonstiger Kosten (für Transaktion und Depot) wird die Rendite noch weiter gedrückt. Unterm Strich erzielt der Anleger in den nächsten neun Jahren eine jährliche Rendite von weniger als einem Prozent. Noch nicht abgezogen ist hier die Inflation. Der Anleger wird bis 2022 einen realen Verlust von mehr als zehn Prozent anhäufen.

Kursgewinne unwahrscheinlich

Womit er sich in einer Zwickmühle befindet. Einerseits reicht die Rendite bei Weitem nicht aus, um das Geld vor einem realen Verlust zu schützen. Andererseits kann er kaum auf Spekulationsgewinne hoffen, wenn er die Anleihe in der Zwischenzeit verkauft. Denn wenn die Zinsen auf den Märkten steigen, werden festverzinsliche Anleihen unattraktiver. Die Anleihekurse fallen unter diesen Umständen tendenziell ab.

Oder der Anleger ist ein guter Spekulant und pfeift auf die Prognosen der Analysten. Sollte sich die Konjunktur in den USA und in der Eurozone doch nicht so robust entwickeln, werden die Notenbanken die Geldpolitik wieder lockern. Dann gewinnen sichere Staatsanleihen wieder an Wert. Und es locken deutliche Kursgewinne.

Auf einen Blick

Die US-Notenbank Fed hat angedeutet, von ihren Anleihekäufen ein wenig Abstand zu nehmen. Allein die Ankündigung ließ die Kurse von Anleihen fallen und die Renditen steigen. Das ist gut für jene Investoren, die in Zukunft Anleihen kaufen wollen. Jene Anleger, die bereits Anleihen haben, müssen dagegen Kursverluste hinnehmen.

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