Nicht nur auf den Sparbüchern herrscht Zinsflaute

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Anleihen. Banken bieten spezielle Zinsprodukte mit höheren Zinsen als auf dem Sparbuch an. Realverluste drohen trotzdem.

Wien/Ker. Wenn die Sparzinsen so niedrig sind, bleibt den Bankmanagern des Landes nichts anderes übrig, als den Sparern die Wahrheit geradeaus mitzuteilen. Sparen sei freiwillige Enteignung, sagte etwa Erste-Vorstand Peter Bosek. Das war vor acht Monaten. Seither ist es mit den Zinsen auf dem Sparbuch noch weiter bergab gegangen. Die Enteignung hat damit noch größere Ausmaße angenommen. Es ist ein Trauerspiel für konservative Anleger, die das große Risiko scheuen und einfach nur die Kaufkraft ihres Geldes erhalten wollen.

Die Banken sind nicht untätig, schon gar nicht deren Marketing- und Produktexperten. Irgendwie muss man ja doch die Sparer anlocken, etwa mit Anleihen für Privatanleger. Sie werfen höhere Zinsen ab als auf dem Sparbuch, zumindest auf den ersten Blick. Zahlen sich diese Zinsprodukte tatsächlich aus? „Die Presse“ rechnet nach. Zinsen von bis zu 2,1 Prozent, heißt es bei der Erste Group. Dabei handelt es sich um eine Anleihe, genannt „Erste Group Zinsstufe“ (ISIN: AT000B119656), Laufzeit: fünf Jahre. Ein Szenario: Der Anleger steckt 5000 Euro in diese Anleihen. Die jährlichen Depotgebühren machen allerdings mindestens 18 Euro aus (nur im ersten Jahr entfällt die Depotgebühr).

Aber zumindest scheint die Verzinsung besser zu sein als auf dem Sparbuch einer Filialbank: Für das erste Jahr bekommt der Anleger 1,2 Prozent, im zweiten Jahr 1,3 Prozent, dann 1,5, dann 1,8 Prozent, für das fünfte und letzte Jahr gibt es 2,1 Prozent. Was bleibt dem Kunden unter dem Strich übrig, wenn er vom Zinsertrag die Kosten abzieht? Leider nicht viel. Die jährliche Nettorendite liegt nach Abzug der Steuer bei unter einem Prozent. Und zwar dann, wenn er das Papier bis zum Ende der Laufzeit im Jahr 2018 behält (berücksichtigt ist dabei auch, dass der Anleger die jährlichen Kuponerträge auf einem Sparbuch wiederveranlagt). Mit anderen Worten: In den fünf Jahren wird der Anleger nach Abzug der jährlichen Inflation einen deutlichen realen Verlust in Kauf nehmen müssen.

Anleihekurse können steigen

Zum Vergleich: Bei Direktbanken würde der Sparer für ein Sparbuch mit fünfjähriger Bindung einen jährlichen Zinssatz von über zwei Prozent erhalten (vor Steuer). Und auch „normale“ Filialbanken wie die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich bieten für ein fünfjähriges Sparbuch 1,5 Prozent pro Jahr. Nach Abzug der Steuer bleibt da noch immer über ein Prozent übrig. Somit bringt das Sparbuch mehr als die Anleihe. Allerdings ist der Kunde beim Sparbuch für fünf Jahre gebunden (wenn er keine Zinseinbußen in Kauf nehmen will). Bei der Anleihe kann er zumindest hoffen, dass deren Kurs während der Laufzeit stark ansteigt und er das Papier mit Kursgewinn an der Wiener Börse verkaufen kann. Sollten etwa die Marktzinsen während der nächsten fünf Jahre noch einmal einbrechen, würde dies eintreffen. Eine gewagte Spekulation.

Die Bank Austria bietet dagegen eine Anleihe mit fixer Jahresverzinsung an, wobei der Zins 1,6 Prozent pro Jahr ausmacht (ISIN: AT000B042999). Die Laufzeit beträgt noch 4,5Jahre. Ein Szenario: Auch hier steckt der Anleger 5000 Euro in diese Anleihe. Behält er sie bis zum Ende der Laufzeit im Dezember 2017, erzielt er eine Rendite von knapp einem Prozent jährlich. Wenn er die jährliche Inflation berücksichtigt, wird der Kunde in den nächsten viereinhalb Jahren einen realen Verlust von wohl fünf Prozent anhäufen. Zum Vergleich: Mit einem Sparbuch der Bank Austria, das auf vier Jahre gebunden ist, würde er 1,125 Prozent (vor Steuer) jährlich erhalten. Der jährliche Realverlust (nach Steuern und Inflation) ist dann etwa genauso groß wie bei der Anleihe.

Staatsanleihen noch immer teuer

Ein Ausweg aus der Zinsmisere ist derzeit kaum zu finden (zumindest dann, wenn man kein großes Risiko eingehen will). Daher sind auch österreichische Staatsanleihen, die noch immer als eine der sichersten Anlagen im europäischen Vergleich gelten, keine ertragreiche Alternative. Ein Beispiel: Eine Anleihe (ISIN: AT0000386115), die noch sieben Jahre läuft, wirft einen jährlichen Zins von 3,9 Prozent ab. Der Kaufpreis liegt allerdings bei über 115 Prozent des Nennwerts. Das ist zwar weniger als noch vor vier Monaten, wodurch sich die Rendite seither deutlich erhöht hat.

Wenn der Anleger aber jetzt in dieses Papier investiert und es bis zum Ende der Laufzeit behält, erzielt er eine jährliche Nettorendite (nach Steuern und allen Kosten) von lediglich rund 0,5 Prozent. Sehr dürftig. Der reale Verlust ist höher als auf dem Sparbuch. Sollte es bei sicheren Staatsanleihen tatsächlich eine Zinswende geben und sollten die Zinsen steigen, wie viele Analysten und Experten derzeit behaupten, dann werden die Anleihenkurse in nächster Zeit eher zurückgehen. Große Kursgewinne wird der Anleger dann nicht erzielen. Er sitzt quasi in einer Zins-Kurs-Falle.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.08.2013)

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