Analyse: Bauanleihen sind keine Sparbücher

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THEMENBILD-PAKET: BAU / ARBEIT / BAUSTELLEAPA/HARALD SCHNEIDER
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Mit Anleihen von Baukonzernen können Anleger ordentliche Zinsen einstreifen. Das Baugeschäft ist jedoch eine exponierte Branche.

Wien/Ker. Anlageberater und Experten haben leicht reden: Wer auf das Sparbuch setzt, fahre sichere Verluste ein. Man müsse daher mehr Risiko eingehen, um sein Geld vor einem Kaufkraftverlust zu schützen. Das ist freilich einfacher gesagt als getan. Wo gibt es denn derart hohe Zinserträge, die Kosten, Steuern und Inflation abdecken können?

Unternehmensanleihen! Wenn man sich die Verzinsung auf dem Sparbuch anschaut, könnte man leicht in Versuchung geraten, in solche Corporate Bonds zu investieren. Vor allem in Anleihen kleinerer Unternehmen, die nicht so kreditsicher sind wie riesige Konzerne. Oder Firmen, die in exponierten Branchen unterwegs sind, etwa in der Baubranche. Bei solchen Anleihen gibt es üppige Zinsen. Aber es gibt auch einen großen Haken: das Ausfallrisiko. Die Firma geht pleite und in der Folge fallen die Anleihezeichner mangels Masse um ihr Geld um.

Das wird den Anlegern derzeit eindringlich ins Bewusstsein gerufen – dank der Insolvenz der Alpine, bis kürzlich Österreichs zweitgrößter Baukonzern. Davon betroffen sind viele Privatanleger, die die vielen „kleinanlegerfreundlichen“ Anleihen gezeichnet hatten. Freundlich deswegen, weil die Anleihen so gestückelt waren, dass auch kleine Anleger zuschlagen konnten. Das heißt aber nicht, dass im Ernstfall diese Leute freundlich behandelt werden. Im schlimmsten Fall ist ihr investiertes Geld jetzt nämlich weg.

Hohe Bonität ist relativ teuer

Bleibt die Frage: Sind die höheren Zinsen bei Unternehmensanleihen das Risiko wert? Macht man netto mit solchen Corporate Bonds überhaupt Gewinne, wenn man die Steuer, alle Kosten und die Inflationsrate abzieht? Und ist aktuell ein guter Zeitpunkt, in Bau-Unternehmensanleihen zu investieren? Ein Beispiel: Die Strabag ist auch in der Baubranche tätig, das Unternehmen gilt aber als relativ sicher, handelt es sich doch um den größten Baukonzern Österreichs und einen der größten Europas. Eine Strabag-Anleihe auf dem Sekundärmarkt (ISIN: AT0000A0PHV9) mit Laufzeit bis Mitte Mai 2018 bietet einen attraktiven jährlichen Zinskupon von 4,75 Prozent. Nur ist die Anleihe derart teuer, dass man derzeit fast 5500 Euro zahlen müsste. Im Jahr 2018 bekäme man aber nur 5000 Euro getilgt. Der hohe Kaufkurs (über pari, Anm.) drückt die Rendite. Wer heute dieses Papier kauft und bis zum Schluss behält, erzielt nur einen mageren Gewinn (nach Steuern und Kosten) von 1,2 Prozent jährlich. Nach Abzug einer zweiprozentigen Jahresinflation würde der Anleger bis 2018 einen realen Verlust von rund vier Prozent anhäufen.

Die oberösterreichische Firma Swietelsky ist ein deutlich kleineres Bauunternehmen – mit zehnmal weniger Mitarbeitern als die Strabag. Da ist klar, dass hier der Anleger auf den ersten Blick ein größeres Risiko eingehen würde. Dafür streift er aber auch höhere Zinsen ein. Eine Swietelsky-Anleihe läuft etwa noch bis Herbst 2019 (ISIN: AT0000A0WR40), mit einem Zinskupon von 4,625 Prozent jährlich. Und: Der Kaufkurs liegt unter 100 Prozent. Das heißt, man zahlt jetzt weniger, als man später getilgt bekommt, das erhöht die Rendite (unter pari, Anm.). Unterm Strich macht der jährliche Gewinn 3,5 Prozent aus. Mit diesem Netto-Zinsertrag kann der Anleger die Inflation wohl abdecken und die Kaufkraft seines Geldes erhalten. Aber nur, wenn das Unternehmen in sechs Jahren noch so solvent ist, um die Schulden tilgen zu können. Da bleibt zu hoffen, dass die Konjunktur nicht einbricht. Und der Firma ein Dilemma wie der deutlich größeren Alpine erspart bleibt.

Risiko bringt höhere Zinsen

Opulente Zinsen gibt es auch vom börsennotierten Baukonzern Porr. So wirft eine Porr-Anleihe, die man auf dem Sekundärmarkt kaufen kann, einen Kupon von fünf Prozent jährlich ab (ISIN: AT0000A0KJK9) ab. Die Laufzeit ist mit zwei Jahren relativ kurz, das Risiko ist demnach für den Kunden überschaubarer. Dafür kommt der Anleger aber eben nur für kurze Zeit in den Genuss der hohen Zinsen. Dennoch: Nach Abzug der Steuer und Kosten macht der Gewinn in den zwei Jahren rund 3,3 Prozent p.a. aus. Damit könnte man sein Geld während dieser extrem niedrigen Sparbuchzins-Phase vor einem realen Verlust retten. Sofern das Unternehmen nicht, wie der Alpine-Konzern, „plötzlich“ in den Bankrott schlittert.

Auf einen Blick

Heimische Baufirmen bieten den Anlegern noch relativ hohe Zinsen. Auch nach Steuern und Kosten bleibt mitunter noch eine Rendite von mehr als drei Prozent jährlich. Damit bleibt bei der aktuellen Inflation ein Realgewinn. Aber: Diese Rendite-Werte haben nur dann Bedeutung, wenn diese Firmen bei Fälligkeit der Anleihen noch so solvent sind, dass sie ihre Schulden tilgen können. Denn das Baugeschäft ist eine sehr exponierte Branche – wie leider die Zeichner von Alpine-Anleihen derzeit bitter erfahren müssen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.08.2013)


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