Der riskante Heißhunger nach Zinsen

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Analyse. Die Zinsen sind nach wie vor niedrig– und eine nachhaltige Wende ist nicht in Sicht. Ein optimaler Nährboden für hochverzinste Anleihen. Auch, wenn das Risiko für die Anleger groß ist. Egal, ob bei Staats- oder Unternehmensanleihen.

Wien. Das hoch verschuldete Griechenland hat sich kürzlich drei Mrd. Euro vom Kapitalmarkt geholt – das erste Mal seit 2010. Eigentlich wollte das Land ein Volumen von 2,5 Mrd. Euro einsammeln – geworden sind es drei. Das Interesse war sehr groß. Die Gebote der Anleger häuften sich auf mehr als 20 Mrd. Euro.

Attraktiv an der Zinsanleihe: Es gibt 4,95 Prozent jährlich, mit einer Laufzeit von fünf Jahren. Zwar beinhaltet die Anleihe quasi schon fast eine Staatsgarantie der EU. Überhaupt haben im laufenden Jahr griechische Anleihen bisher über 30 Prozent an Ertrag gebracht – der größte Wertzuwachs bei Staatsanleihen. Sie ist aber auch ein Signal, wie Anleger ticken: Die reißen sich um hohe Zinsen– ob bei riskanten Staatsanleihen oder Unternehmensanleihen.

Spanien-Anleihen schon teuer

Zum Beispiel Spanien: Eine Staatsanleihe, die noch bis 2021 läuft, wirft einen jährlichen Kupon von 5,5 Prozent p. a. ab (ISIN: ES00000123B9). Krise hin, Krise her – die Investoren haben (auch dank der Europäischen Zentralbank (EZB) fleißig zugegriffen. Der Kurs ist seit Jänner von 111 auf 120 Prozent gestiegen. Durch den hohen Kaufpreis liegt die Rendite nur mehr bei 2,5 Prozent.

Auch bei geringeren Laufzeiten war Spanien stark gefragt, die Investoren haben offenbar die geringen Kaufpreise genutzt. Die fünfjährige Spanien-Anleihe (ISIN: ES00000124V5) ist mittlerweile so teuer, dass sie nur noch 1,5 Prozent p. a. abwirft.

In Portugal wirft eine Staatsanleihe mit einer Laufzeit bis 2021 einen Kupon von 4,8 Prozent jährlich ab. In den vergangenen Monaten war das Papier extrem stark nachgefragt. Der Kurs stieg seit September um 25 Prozent und notiert heute bei 110 Prozent.

Das sind fulminante Kurszuwächse. Aber für die Anleger bleibt das nicht ohne Risiko. Das wird bei hochverzinslichen Unternehmensanleihen stärker sichtbar als bei Staatsanleihen riskanter Länder.

In Deutschland mussten Anleihenanleger zuletzt große Rückschläge verdauen. Dort haben viele mittelständische oder hoch verschuldete Firmen die Niedrigzinsphase genutzt und sich von Investoren Geld geholt. Einige Firmen wie Praktiker, Zamek oder Strenesse sind zuletzt pleitegegangen oder in große Schwierigkeiten geraten. Die Anleiheanleger müssen um ihr Geld zittern. Damit ist klar: ohne Risiko keine Rendite. In der extremen Niedrigzinsphase scheinen Investoren durch ihre Gier nach höheren Zinsen das Risiko zu vernachlässigen. Auch, weil die Alternativen dünn gesät sind.

Attraktive Produkte mit Risiko

Auch bei den österreichischen Unternehmensanleihen zeigt die Kursrichtung seit Jahresbeginn nach oben. Ein Ende ist noch nicht in Sicht, zumal die EZB signalisiert hat, dass sie weiterhin eine lockere Geldpolitik fahren wird, um die Inflation anzuheizen. Für die Anleger kein gutes Zeichen. Für die Produktentwickler der Banken ergibt sich die Möglichkeit, mit relativ attraktiven Zinsprodukten Anleger zu locken. Zum Beispiel die Erste Bank: Die bietet eine sogenannte Protect-Aktienanleihe (ISIN: AT0000A16WW9) auf den Mineralölkonzern OMV. Diese Aktienanleihe läuft ein Jahr und wirft dabei einen nominellen Zins von 6,25 Prozent ab. Auch nach Abzug aller Kosten, der Steuer und der Inflation bleibt da noch eine erkleckliche Nettorendite über, während man mit einem einjährigen Sparbuch deutliche Verluste einfahren würde.

Ein Risiko gibt es aber doch: Sollte der OMV-Kurs um (oder um mehr als) 20 Prozent fallen, könnte der Anleger große Verluste erleiden. Das heißt, die Anleihe beinhaltet auch ein Aktienrisiko, sie ist aber mit einem Schutzpolster von 20 Prozent ausgestattet. (ker)

Anleihen

AnleiheSchuldverschreibung eines Emittenten (meist des Staates, einer Bank oder eines Unternehmens). Wer eine solche zeichnet, erhält regelmäßig Zinsen ( Kupon) und am Ende der Laufzeit im Normalfall sein Geld zurück.

AusfallUngünstiges Szenario, bei dem der Schuldner pleitegeht. Dann erhält man sein Geld nur teilweise oder gar nicht zurück. Je höher das Ausfallrisiko, desto höher sollten auch die Zinsen sein.

KuponHöhe der Zinsen in Relation zum Nominalwert (Nennwert) der Anleihe. Weicht der Kaufpreis vom Nominalwert ab, kann die () effektive Rendite auch ganz anders aussehen.

Rendite, effektivTatsächliche Verzinsung der Anleihe unter Berücksichtigung des Kaufpreises. Wer eine mit vier Prozent verzinste Anleihe mit fünfjähriger Restlaufzeit um 110 Prozent des Nennwerts erwirbt, dessen Rendite liegt bei nicht einmal zwei Prozent: Er erhält nicht nur niedrigere Zinsen auf sein Investment, sondern am Ende der Laufzeit auch nur 100 Prozent des Nennwerts zurück.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.04.2014)

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