Ölpreis spaltet die Schwellenländer

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Auch wenn die jüngste Russland-Rallye kurzfristig etwas anderes nahelegt: Die Moskauer Börse befindet sich in einem langjährigen Abwärtstrend. Indien und die Türkei profitieren dagegen vom Ölpreisverfall.

Wien. Schätzt Boris Mints die Lage richtig ein? Der russische Oligarch interessiert sich für die österreichische Immofinanz, deren Russland-Lastigkeit (25 Prozent der Immobilien liegen in Russland) die Aktie zuvor schwer belastet hat (siehe auch Artikel Seite 12). Dank Mints' Angebot weist sie nun mit 30 Prozent Plus die zweitbeste Performance im ATX seit Jahresbeginn auf (nur die Aktie des Feuerfestkonzerns RHI konnte mit plus 38 Prozent noch stärker zulegen).

Auch Russlands Börse hat ein fulminantes Comeback erlebt. Seit dem Absturz im Dezember ist es auf Eurobasis um 60 Prozent nach oben gegangen. Das dürfte jene Anleger, die vor vier Jahren eingestiegen sind, nur wenig trösten. Auf Eurobasis haben sie 44 Prozent verloren. Auf Zehnjahressicht blieb der Index hinter den meisten anderen Schwellenländern zurück.

Indien Top, Russland Flop

Vor zehn Jahren galt Russland, einer der aufstrebenden BRIC-Staaten, als große Investmentchance. Der damalige Goldman-Sachs-Volkswirt Jim O'Neill hatte den Begriff BRIC für Brasilien, Russland, Indien und China geprägt. Heute nennen Investmentstrategen die vier Märkte nur noch selten in einem Satz. Zu unterschiedlich haben sie sich entwickelt.

Auch der Ölpreisrückgang ist ein zweischneidiges Schwert: Rohstoffexportierenden Ländern schlage ein rauer Wind entgegen, stellt Anna Stupnytska, Volkswirtin bei Fidelity Worldwide Investment, in einer Aussendung fest. Ganz besonders gelte das für Russland und Brasilien.

Für die übrigen Märkte sei ein Inflationsrückgang gut, da er den Zentralbanken Spielraum für Zinssenkungen eröffne. Zuletzt haben etwa die Notenbanken in Indien, Ägypten, Peru, der Türkei, Rumänien, Pakistan und China die Zinsen gesenkt. Das alles sollte in den nächsten Monaten „eine gewisse Wachstumsbelebung“ in den rohstoffimportierenden Ländern bewirken. Auch in China, dessen Wachstum sich in den vergangenen Jahren abgekühlt hat.

Trotz enttäuschender Wachstumsraten hat die chinesische Börse in den vergangenen zwölf Monaten an Fahrt gewonnen. Der Aktienindex MSCI China hat sich seit einem Jahr auf Eurobasis um 40 Prozent verteuert. Ein Großteil dieses Gewinns ist zwar auf die Euroschwäche zurückzuführen, doch auch in lokaler Währung kletterten die Aktien um 15 Prozent. Mit indischen Aktien hätten Euro-Anleger ihr Geld seit zehn Jahren mehr als verdreifachen und seit einem Jahr um 60 Prozent steigern können.

Brasilien lief nicht ganz so gut; der Ölpreisverfall ist auch kein Kurstreiber. Seit zehn Jahren hätte man 66 Prozent Gewinn erzielen können. Seit einem Jahr geht es– nach kurzem Auf und Ab wegen der Hoffnung auf einen Machtwechsel und der Bestätigung von Präsidentin Dilma Rousseff im Amt– seitwärts. Die Türkei profitiert hingegen stark vom Ölpreisrückgang. Peter Szopo, Investmentexperte für Osteuropa bei der Erste Asset Management, warnt jedoch: Das Land sei von kurzfristigen Kapitalzuflüssen abhängig. Wenn die USA ihre Zinsen anheben, würde das die Türkei treffen.

Besonders schlechte Erfahrungen mussten jene Anleger machen, die in Osteuropa investiert haben. Sogar auf Zehnjahressicht haben sie ein Minus angehäuft, seit einem Jahr beläuft sich dieses auf neun Prozent. Die Wachstumsschwäche in der EU traf die osteuropäischen Handelspartner besonders schwer.

Die Folge ist jedoch, dass Aktien aus Polen, Ungarn, Tschechien oder Rumänien billiger sind als andere Emerging Markets. Das sind sie allerdings seit Jahren. Laut Erste Bank liegt das durchschnittliche Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) bei 13,6, womit Aktien aus diesen Ländern um zwölf Prozent billiger wären als solche aus anderen Schwellenländern. Seit Jahren bewegen sich die Märkte seitwärts, einziger positiver Ausreißer ist Rumänien.

Rumänien im Aufwind

Sollte das Land, das jetzt als Frontier Market und noch nicht als Emerging Market gilt, einmal als Emerging Market betrachtet werden, würde es für viele Investoren interessant werden, die auf solche Märkte setzen, meint Szopo. Was ebenfalls für osteuropäische Märkte spreche: Sie weisen hohe Dividendenrenditen (im Schnitt vier Prozent) auf.

Russland sei dagegen „mit Grund“ billig. Der Aktienindex RTS bewege sich seit Jahren in der Spanne zwischen dem Zwölf- bis 17-Fachen des Brent-Ölpreises. Momentan betrage das Verhältnis 15,1, das liegt im Schnitt. Eine Fortsetzung der Aktienrallye erfordere eine weitere Ölpreiserholung und eine Entspannung in der Ukraine mit Aussicht auf Lockerung der Sanktionen. [ iStockphoto]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.03.2015)

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