Anleihen, die noch Zinsen bieten

(c) APA/BARBARA GINDL
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Sichere Staats- und Unternehmensanleihen werfen oft keine Zinsen mehr ab. Anleger müssen auf Hochzinsanleihen oder Wandelanleihen ausweichen.

Wien. Hat es überhaupt noch Sinn, in Anleihen zu investieren? Schaut man sich die aktuellen Emissionen einiger Unternehmen mit Topbonität an, ist diese Frage nicht ganz unberechtigt. Vor allem für Privatanleger, die vorhaben, Anleihen bis zum Ende der Laufzeit zu halten. Denn hier sind die aktuell gebotenen jährlichen Zinsen alles andere als attraktiv.

Im April hat etwa Unilever eine vierjährige Anleihe mit einem Kupon von null Prozent platziert. Es gibt auch Unternehmen, deren Anleihenrenditen negativ sind. Ihr Anteil ist aber gering. Dass bei Staatsanleihen sicherer Länder nicht mehr viel zu holen ist, dürfte sich ebenfalls herumgesprochen haben.

Ist die Ausgangslage wirklich so trist? Michael Schiller, Rentenfondsmanager bei Union Investment, ist der Meinung, dass Privatanleger in den einzelnen Anleihesegmenten einiges verdienen können. Mit einem breit gestreuten Portfolio aus High-Yield-Unternehmensanleihen (Firmen mit nicht so guter Bonität, etwa mit den Ratings „BB-“ und „B“) seien Renditen zwischen 3,5 und vier Prozent drinnen. In derselben Bandbreite bewegten sich die Renditen nachrangiger Unternehmensanleihen vernünftiger Qualität. Hier sei es empfehlenswert, auf Emittenten mit stabilen Kreditprofilen zu setzen. Denn man muss berücksichtigen, dass der Kupon einer Anleihe vorübergehend entfallen kann. „Über die gesamte Laufzeit wird sich das ausgleichen, da zunächst die Kupons nachgezahlt werden müssen, sobald das Unternehmen wieder Dividenden ausschütten will.“

Für Schiller stellen auch sogenannte Coco-Bonds (Pflichtwandelanleihen), die durchschnittliche Renditen von sechs Prozent bieten, eine Möglichkeit dar, etwas mehr zu verdienen. Eine Überlegung wert sind auch Asset Backed Securities (forderungsbesicherte Wertpapiere), die je nach Bonität 2,5 Prozent („Investment Grade“) bzw. 4,5 Prozent („High Yield“) bieten. Kleines Detail am Rande: Bei europäischen Investmentgrade-Corporate-Bonds (Unternehmensanleihen guter Bonität) sei derzeit im Durchschnitt ein Prozent drinnen. Bei Schwellenland-Anleihen stelle sich wiederum die Frage, ob sie nicht kurz- und mittelfristig unter der Politik der US-Notenbank Fed leiden: Wenn diese den Dollar stärkt, kann das den Schwellenländern schaden. „Auf längere Sicht bleibt der Trend aber intakt“, meint Schiller.

Oberstes Credo: Streuung

„Was die Schwellenländer betrifft, so stimmen wir mit dem Großteil der Marktteilnehmer nicht überein“, sagt Ingrid Szeiler von der Raiffeisen KAG. Es gebe einige Länder, die ihre Hausaufgaben gemacht haben und eine sehr niedrige Staatsverschuldung aufweisen. Doch müsse man sehr selektiv vorgehen. Die höchsten Renditen würden derzeit mit zwölf Prozent brasilianische Staatsanleihen aufweisen. Indische Papiere bieten sieben, türkische neun Prozent. Darüber hinaus seien auch südostasiatische Länder wie Indonesien und lateinamerikanische wie Mexiko interessant. Insgesamt bevorzuge man in den Emerging Markets Lokalwährungen – trotz der höheren Volatilität.

Für Szeiler ist das oberste Credo derzeit Streuung. Attraktiv seien Staatsanleihen außerhalb der Eurozone, etwa aus den USA und Neuseeland, ebenso wie solche der Euro-Peripherie – sprich: Spanien, Italien und Portugal. Im Unternehmensanleihenbereich bevorzugt man bei der Raiffeisen KAG Investmentgrade-Papiere aus dem Euroraum – etwa von Versorgern oder Industrie- und Chemieunternehmen, deren Renditen 1,35 Prozent über jenen deutscher Bundesanleihen liegen. Auf der Rechnung hat Szeiler ebenso inflationsindizierte Anleihen. Auch wenn derzeit keiner an Inflation glaube, was sich ändern werde, wenn der Ölpreis steige.

Die Experten empfehlen außerdem, auf ausreichend Liquidität zu achten: Für die Banken sei es aufgrund der erfolgten regulatorischen Initiativen nicht mehr attraktiv, große Handelsbücher zu führen, sagt Schiller. Wollte man früher Anleihen verkaufen und habe keine Käufer gefunden, so haben die Investmentbanken diese für eine begrenzte Zeit übernommen. Das ist nicht mehr so.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.05.2016)

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