Corporate Bonds: Konkurrenz für Anleger

Eurozeichen im Wasser Eurokrise
Eurozeichen im Wasser Eurokrise(c) imago/Christian Ohde (imago stock&people)
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Das neue Anleihen-Ankaufprogramm der EZB wird den Markt für Unternehmensanleihen austrocknen.

Bis vor nicht allzu langer Zeit haben vom zinsbedingten Anlagenotstand geplagte Anleger im Sektor der Unternehmensanleihen noch einen relativ komfortablen Rückzugsort gehabt: Die Zinsen, die Unternehmen auf dem Kapitalmarkt bezahlen mussten, waren vergleichsweise hoch. Selbst für relativ sichere Papiere von Unternehmen mit höchster Bonität gab es akzeptable Renditen.

Doch das wird jetzt bald vorbei sein: Der EZB gelingt es nicht, die Kreditvergabe mit ihrem Staatsanleihen-Ankaufsprogramm ausreichend anzukurbeln, weshalb sie jetzt teilweise in die direkte Unternehmensfinanzierung einsteigen wird. In der kommenden Woche, am 8. Juni, startet ein Unternehmensanleihen-Kaufprogramm.

Der Sinn dahinter: Auch im Bereich der Corporate Bonds sollen die Renditen hinunter. Die Unternehmen sollen so günstiger an Geld kommen, was die bisher ausgebliebene Konjunkturbeschleunigung bewirken soll.

Für Anleger, die in diesem Sektor umtriebig waren, ist das eine schlechte Nachricht. Auch hier wird es bald nicht mehr viel zu verdienen geben. Die EZB will mit ihren Anleihenkäufen im Corporate-Sektor zwar eher zahm beginnen, will im Bedarfsfall aber doch aus allen Rohren schießen. Bis zu zehn Mrd. Euro könnten pro Monat in Corporate Bonds fließen, hieß es. Das ist eine recht ordentliche Summe, denn der Markt für Unternehmensanleihen ist ja deutlich kleiner als jener für Staatspapiere.

Dazu kommt, dass der Schritt der EZB auf einen vergleichsweise ausgetrockneten Markt trifft. Der Beschluss der Euro-Notenbank, auch Unternehmensanleihen zu kaufen, ist ja nicht überraschend gekommen, die Renditen sind also schon im Vorfeld gesunken. Das hat den Handel mit diesen Papieren mangels Profitabilität schon in den vergangenen Monaten deutlich eingeschränkt.

Bei Unternehmensanleihen muss sich die EZB, im Gegensatz zu ihrem Staatsanleihen-Kaufprogramm, nicht auf den Sekundärmarkt beschränken, sondern kann auch auf den Primärmarkt gehen, also schon bei der Emission zuschlagen. Von dieser Möglichkeit wird sie angesichts des ausgetrockneten Sekundärmarktes auch ausgiebig Gebrauch machen: Bis zur Hälfte der Ankäufe könnten auf dem Primärmarkt getätigt werden, hieß es.

Und sie wird ordentlich zulangen: Bis zu 70 Prozent einer Emission kann die EZB in ihre Bücher nehmen – eine harte Konkurrenz für Privatanleger.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.06.2016)

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