Wege aus der Nullzinszone

(c) APA/BARBARA GINDL
  • Drucken

Wer noch ein wenig Ertrag mit einem Renteninvestment erzielen möchte, muss inzwischen das gesamte Spektrum in Betracht ziehen - und mehr Risiko in Kauf nehmen.

Wien. Wenn die US-Notenbank in den nächsten Tagen wieder eine Sitzung abhält, dürfte vorerst nicht weiter an der Zinsschraube gedreht werden. Einen derartigen Schritt erwartet sich etwa RBI-Chefvolkswirt Peter Brezinschek frühestens im Dezember. In Europa sorgte hingegen EZB-Chef Mario Draghi bei der letzten Sitzung für Wirbel auf den Märkten, als er meinte, sich bei der Verlängerung des Anleihekaufprogramms noch nicht festlegen zu wollen. Das Programm umfasst monatlich 80 Milliarden Euro und läuft im März 2017 aus.

Schließlich werden dadurch die Renditen künstlich niedrig gehalten, um die Konjunktur anzukurbeln. Noch ist aber von einer Wirtschaftsbelebung in der Eurozone nichts zu spüren. Im zweiten Quartal lag das BIP-Wachstum bei 0,3 Prozent, im ersten Quartal war es doppelt so hoch. Auch die Inflationsrate verharrt weit unter der Ein-Prozent-Marke. Zu Recht stellt sich die Frage, wo man da noch ein wenig Rendite erzielen könnte. Ideen gibt es immerhin zahlreiche. So sind etwa im Edmond de Rothschild Bond Allocation Fond (FR0011509520) derzeit gut 13 Prozent in nachrangige Bankanleihen aus Europa investiert.

Banken haben Bilanzen saniert

„Das strenge regulatorische Umfeld ist eine wichtige Stütze. Zugleich hat die EZB dem Segment mit kurzfristiger Liquidität unter die Arme gegriffen, damit die Banken ihr Eigenkapital stärken können“, meint Fondsmanager Eliezer Ben Zimra. Tatsächlich waren die Banken nach der Finanzkrise von 2008 gezwungen, eine solide Eigenkapitalbasis aufzubauen. Dass die ausgewählten Anleihen nachrangig sind – also im Fall einer Emittentenpleite erst nach vorrangigen Anleihen bedient werden –, hat für Ben Zimra einen guten Grund: „Aufgrund des höheren Risikos erzielt man hier ein wenig mehr Rendite.“

Auch Hochzinsanleihen und Emerging-Market-Bonds wurden zu Jahresbeginn im Portfolio aufgestockt. Damals wurden die Märkte von einigen Sorgen geplagt, etwa von Chinas Konjunkturverlangsamung und dem Rückfall der Rohstoffpreise. Dabei seien die Ängste überzogen gewesen, meint der Experte. „Da haben wir günstig zugelangt, zumal wir überzeugt waren, dass die EZB in der März-Sitzung weitere Stützungsmaßnahmen bekannt geben würde.“

Aktuell sind zum Beispiel Staatsanleihen aus der Türkei und Venezuela enthalten. Nun sei man aber wieder ein wenig auf der Hut, die Cash-Position wurde auf 34 Prozent erhöht. Ben Zimra erklärt: „In den USA stehen die Wahlen an, in Europa lauern zahlreiche politischen Risken.“

Dazu präzisiert Thomas Neuhold, Gutmann-Rentenexperte: „In Italien steht die Abstimmung über eine Verfassungsreform an.“ Ein negativer Ausgang könnte für weitere Turbulenzen sorgen. Hier würde Neuhold mit dem Einstieg ein wenig abwarten. Derzeit rentieren zehnjährige Staatsanleihen aus Italien bei rund 1,3 Prozent.

Ein wenig geringer schätzt Neuhold das Risiko in Spanien ein, dort findet gerade eine Koalitionsbildung statt. „Hier beträgt die Rendite gut ein Prozent bei zehnjährigen Staatsanleihen.“ Die höchste Rendite bieten derzeit portugiesische Staatsanleihen mit rund drei Prozent. „Notwendige Reformen wurden unter der neuen Regierung rückgängig gemacht. Das verschreckte Anleger.“

Inflation-Linker interessant

Derzeit seien auch inflationsindexierte Anleihen spannend, meint der Gutmann-Profi. Hier passt sich der Anleihekurs unter anderem an die Inflationserwartungen an, während die Kupons die tatsächlichen Veränderungen berücksichtigen. Dabei würde es Neuhold zufolge reichen, wenn der Ölpreis auf dem aktuellen Niveau verharre, damit die Inflationsrate steige. Angesichts dieses Ausblicks seien Inflation-Linker, wie sie im Fachjargon heißen, relativ günstig. Hier gibt es zum Beispiel die Möglichkeiten, bei jenen aus Spanien (ES00000126A4) oder aus Frankreich (FR0011427848) zu investieren. Eine weitere Möglichkeit sind variabel verzinste Anleihen – sogenannte Geldmarkt-Floater. Sie passen ihren Kupon meist alle drei oder sechs Monate an den Euribor an. Denn auch die Zinsen sollten bei einer steigenden Inflationsrate anziehen. Chancen könnten derzeit Banken bieten, etwa Goldman Sachs (XS1458408306) sowie die BNP Paribas (XS1069282827). Einziger Haken: Rutscht der Euribor weiter ab, sinkt die Verzinsung ebenfalls.

Daniel Hartmann, Bantleon-Ökonom, verweist zudem auf den Charme Bulgariens und Rumäniens. Hier bieten langlaufende Staatsanleihen eine Rendite von rund 1,50 Prozent. „Bei der Staatsverschuldung schneiden diese Staaten zudem besser ab als viele Eurostaaten.“ Allerdings seien Korruptionsaffären und Regierungskrisen immer noch Risken, die man nicht unterschätzen sollte, fügt Bantleon noch hinzu. [ iStockphoto.com]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.09.2016)


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.