Klamme Saudis auf Werbetour

(c) REUTERS (Faisal Nasser)
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Der Ölpreisverfall hat ein Loch ins Budget von Saudiarabien gerissen. Nun will das Land an die 15 Milliarden Dollar auf dem Kapitalmarkt aufnehmen. Es ist ein Tropfen auf den heißen Stein.

London/Wien. Über Jahrzehnte konnten sie vor finanzieller Kraft kaum noch gehen. Seit Beginn des Ölpreisverfalls vor zwei Jahren jedoch sind die Ölstaaten mit ungeahnten Einnahmeverlusten konfrontiert. Während sie auf der einen Seite verzweifelt nach Wegen suchen, den Ölpreis durch koordinierte Maßnahmen wieder nach oben zu treiben, umgarnen sie auf der anderen Seite zunehmend Investoren auf dem internationalen Kapitalmarkt. So auch Saudiarabien, seines Zeichens größter Ölproduzent innerhalb der Opec-Staaten. Am gestrigen Mittwoch begannen Vertreter des Königreichs ihre Treffen mit potenziellen Geldgebern in London, berichtete das „Wall Street Journal“ unter Verweis auf Investmentbanker. Nächste Woche dann ziehen sie nach Boston und New York weiter.

Riesenloch im Staatshaushalt

Die Ausgabe von Staatsanleihen ist für Saudiarabien eine Premiere. Dabei könnte die Emission gleich den Rekordwert unter den Schwellenländern brechen. Diesen hatte heuer Argentinien aufgestellt, das sich 16,5 Mrd. Dollar auf dem Kapitalmarkt holte. Erwartet wird, dass Saudiarabien zumindest 15 Mrd. Dollar aufnimmt.
Wann genau die Papiere platziert werden, hänge von der Marktsituation ab, erklärte das saudische Finanzministerium. Wie Experten gegenüber der „Financial Times“ angaben, soll dies möglichst bald passieren – und zwar vor den US-Präsidentschaftswahlen im November und damit vor einer möglichen Zinserhöhung durch die US-Notenbank Fed im Dezember. Je nach Interesse der Investoren könnten Anleihen mit einer Laufzeit von fünf bis 20 Jahren platziert werden. Die Agentur Fitch hat den Papieren bereits das Kreditrating AA- verliehen – der Ausblick ist negativ.
Aber selbst wenn die Emissionssumme den Rekordwert von Argentinien übertrifft, so kann sie doch nur einen kleinen Teil des Budgetdefizits im Königreich decken. Das Budgetloch, das der Ölpreisverfall im Vorjahr hinterließ, beläuft sich auf 98 Mrd. Dollar bzw. 16 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Laut „Wall Street Journal“ hat Saudiarabien die Investoren bereits am Dienstag darauf hingewiesen, dass das Defizit im laufenden Jahr bei 87 Mrd. Dollar oder 13,5 Prozent des BIP liegen werde.
Die prekäre Lage hatte die Saudis zuvor bereits dazu gezwungen, ein umfassendes Reformprogramm auszurufen, das darauf abzielt, die rohstofflastige Wirtschaft zu diversifizieren. Auch plant das Land, im Jahr 2018 fünf Prozent seines staatlichen und weltweit größten Ölkonzerns Saudi Aramco an die Börse zu bringen und dafür je nach Bewertung zwischen 100 und 200 Mrd. Dollar einzuspielen.

Wie viel sind Reserven wert?

Sowohl der Börsengang als auch die Anleiheemission wird von der Unsicherheit darüber überschattet, wie die Öl- und Gasreserven des Landes zu bewerten sind. Die nachgewiesenen Ölreserven betrugen Ende des Vorjahres 266,5 Milliarden Barrel, was bei einer Tagesförderung von 10,2 Mio. Barrel für 70 Jahre reichen würde. Die nachgewiesenen Gasreserven werden mit 8,6 Billionen Kubikmeter angegeben. Die Saudis jedoch gaben am Dienstag zu bedenken, dass der Wert dieser Reserven nicht genau festgelegt werden könne. Experten meinen, dass vor dem Börsengang ein unabhängiges Audit durchgeführt werden müsse.
Nicht nur Saudiarabien zapft den Kapitalmarkt an. Im Frühjahr haben die Vereinigten Arabischen Emirate Anleihen für fünf Mrd. Dollar platziert, danach Katar für neun Mrd. Dollar. Nach einer Prognose von JPMorgan Chase werden die Golfstaaten heuer Anleihen für 35 Mrd. Dollar emittieren, um zwei Mal mehr als der Rekordwert des Jahres 2009. (red.)

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