"Der Schweizer Franken wird eher härter"

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Der „faire Wert“ der Schweizer Währung nähert sich der Interventionsgrenze der Notenbank von 1,20 Franken je Euro. Experten erwarten, dass mittelfristig der Aufwertungsdruck auf den Franken noch steigen wird.

Wien. Schlechte Nachricht für Franken-Kreditnehmer: Wer mit seiner Fremdwährungsfinanzierung schwer unter Wasser steht (etwa viele „Häuselbauer“ oder die Gemeinde Wien) und darauf hofft, dass sich der Kurs der Schweizer Währung wieder auf alte Werte abschwächen werde, dürfte ziemlich sicher enttäuscht werden. Experten gehen jetzt davon aus, dass der „faire Wert“ des Franken immer näher an den von der Schweizer Nationalbank mit Zähnen und Klauen verteidigten Referenzkurs (ein Euro = 1,20 Franken) heranrückt. Kurzfristig sei eine leichte Abschwächung in Richtung 1,25 bis 1,30 Franken denkbar, langfristig habe die Schweizer Währung vom derzeitigen Niveau aus aber eher Auf- als Abwertungspotenzial.

Marco Curti, Investment-Vorstand der viertgrößten Schweizer Bank, der Zürcher Kantonalbank, setzt den „fairen Wert“ (also den objektiven Wert ohne Markteinflüsse) der eidgenössischen Währung zum Euro aktuell mit 1,25 Franken an. Im Gespräch mit der „Presse“ konzediert Curti zwar, dass solche Wertbestimmungen „keine exakte Wissenschaft“ seien und die Modelle anderer Banken auf Werte von bis zu 1,30 kommen, der Trend zeige aber eindeutig in Richtung Frankenstärke. „Der faire Wert gleicht sich den 1,20 immer mehr an“, so Curti.

Zudem habe die Schweizer Notenbank schon mehrfach betont, dass sie den Kurs von 1,20 „mit allen Mitteln“ verteidigen werde. Ein Aufgabe dieses Ziels würde die Glaubwürdigkeit der Notenbank stark erschüttern, weshalb sie auch nicht zur Diskussion stehe, meint der Schweizer Experte. Zumal die Wirtschaft der Schweiz im Schnitt mit den 1,20 Franken pro Euro „einigermaßen leben“ könne.

Inflationsgefahr durch Eurokäufe

Ein Risiko sieht Curti allerdings: Die Schweiz verteidigt den Kurs durch massive Euro-Anleihenkäufe (die Schweiz ist dadurch bereits zu einem der größten Euro-Gläubiger geworden) und hat sich damit ein „massives Währungsrisiko“ in die „schon ziemlich aufgeblähte“ Nationalbankbilanz geholt. „Wir haben schon 400 Milliarden an Währungsreserven“, so Curti. „Das ergibt erhebliches Inflationspotenzial.“ Akut sei dieses aber nicht, weil das Geld „noch nicht in den Kreislauf“ gekommen ist. Curti schätzt, dass 1,5 bis zwei Prozent Inflation in der Schweiz kein Problem wären. „Wenn es höher geht, muss sich die Nationalbank aber Gedanken machen.“

Ein ähnliches Szenario entwirft die RZB in einer gestern, Dienstag veröffentlichten Währungsanalyse. Die Raiffeisen-Banker sehen aktuell zwar eine „leichte Abwertung“ des Schweizer Frankens seit Jahresbeginn. Der Trend werde sich aber nicht fortsetzen. Denkbar sei höchstens, dass sich der Franken eine Zeit lang „in einem Handelsband von 1,22 bis 1,28“ bewegt. Den fundamental gerechtfertigten „fairen Wert“ sehen die Raiffeisen-Banker bei 1,32, trotzdem glauben sie, dass ein „Überschießen“ über die von Curti genannten 1,25 Franken pro Euro sehr unwahrscheinlich sei.

Die genannte Bandbreite werde, so die RZB-Analyse, bis 2015 anhalten, danach sei der Franken ganz klar erneut eine „Aufwertungswährung“. Ein einziges Szenario könnte diesen Trend zu einem stärkeren Franken umkehren: eine wirklich substanzielle Zinsanhebung in der Eurozone, die Anlagen in Franken trotz des Sicherheitsarguments unlukrativ machen würde. Eine solche substanzielle Zinsanhebung sei aber weit und breit nicht in Sicht.

Fatale Währungsspekulation

Franken-Kredite waren im vorigen Jahrzehnt (bevor die Vergabe 2008 gestoppt wurde) wegen der sehr niedrigen Franken-Zinsen vor allem bei Immobilienkäufern und bei der öffentlichen Hand äußerst populär. Die meisten Kredite wurden endfällig zu Kursen zwischen 1,40 bis 1,60 Franken je Euro aufgenommen.

Eine Währungsspekulation mit fatalen Folgen: Wer im Jahr 2000 einen endfälligen Frankenkredit über 100.000 Euro aufgenommen hat, sitzt jetzt wegen des Kursverlusts auf einer Schuld von 130.000 Euro.

In Summe hat das heimischen Kreditnehmern Verluste von mehr als zehn Mrd. Euro beschert. Die Stadt Wien hat auf diese Weise beispielsweise einen „Buchverlust“ von 300 Mio. Euro aufgebaut. Sieht man sich die jüngsten Prognosen an, wird sie einen Großteil davon wohl realisieren müssen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.01.2013)

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