Zinsabsicherung– ein gutes Geschäft?

Symbolbild Zinsen
Symbolbild Zinsen(c) Erwin Wodicka - wodicka@aon.at
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Kredite. Kreditnehmer können die niedrigen Zinsen absichern. Die Marktzinsen müssten in den nächsten Jahren aber schon sehr stark ansteigen, damit sich diese Strategie rechnet.

Wien/Ker. Zugegeben: Derzeit redet keiner davon, dass die Zinsen bald wieder steigen werden. Vielmehr wird das historische Niedrigzinsniveau in der Eurozone debattiert, die extrem niedrigen Sparzinsen, die niedrigen Kreditzinsen. Ja, die Kreditnehmer können sich derzeit wirklich am meisten freuen über diese Situation.

Ein Beispiel: Für einen variablen 200.000-Euro-Kredit (endfällig) macht die monatliche Zinsbelastung aktuell nur rund 290 Euro aus (auf Basis des Euribor 3 Monate und inklusive Zinsmarge von 1,5Prozentpunkten, Anm.). Vor zwei Jahren musste man für denselben Kredit noch knapp 500 Euro monatlich der Bank überweisen. Im Jahr 2008, vor dem Ausbruch der globalen Finanzkrise, waren monatliche Belastungen von über 1000 Euro normal.

Zinscaps sind teuer

Na gut, die Kreditnehmer reiben sich derzeit vor Freude die Hände. Aber: So schön wird es nicht für immer bleiben. Darlehen mit variabler Verzinsung orientieren sich an Marktzinsen. Im Euroraum ist das für viele Kredite der Drei-Monats-Euribor. Dieser Zinssatz hängt stark von der Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) ab, derzeit notiert der Euribor bei 0,2 Prozent. Sollte die EZB irgendwann den Leitzins wieder erhöhen (oder nur eine Erhöhung in Aussicht stellen), steigt der Euribor an. Dann werden die Kredite wieder teurer.

Kreditnehmer könnten jetzt „antizyklisch“ agieren und die niedrigen Kreditzinsen auf Jahre hin absichern. Denn eine solche Zinsabsicherung sollte in einer extremen Tiefzinsphase wie dieser eigentlich günstig sein. Die große Frage: Zahlt sich eine Zinsabsicherung für den „kleinen“ Darlehensnehmer wirklich aus? Oder verdient eher die Bank damit?

Ein Beispiel: Ein Zinscap (ISIN: AT0000A0NWZ4) sichert dem Kreditnehmer, dass die Zinsbelastung bis Ende 2021 nie über drei Prozent steigt. Aber Achtung: Damit wird nur der Marktzinssatz Euribor gedeckelt, also ohne den Zinsaufschlag. Gratis ist dieser Zinscap natürlich auch nicht, in diesem Fall kostet die Absicherung für den 200.000-Euro-Kredit etwas mehr als 7000 Euro, die man an die Bank überweist. Das ist schon eine ordentliche Summe. Rechnet sich das für den Kunden? Oder besser gesagt: Ab wann zahlt sich dieses Geschäft für den Kreditnehmer aus?

Ein Szenario: Die Wirtschaft in der Eurozone erholt sich ab dem nächsten Jahr sukzessive, die EZB hebt daher die Zinsen nach und nach an. Der Euribor liegt 2014 bei durchschnittlich 0,5 Prozent, 2015 notiert er durchschnittlich bei einem Prozent. Ab dann liegt der Euribor jährlich um einen Prozentpunkt höher als im Jahr davor. Soll heißen, im Jahr 2019 liegt er bei fünf Prozent.

Zinsen müssten stark steigen

Den Kreditnehmer käme eine solche Zinserhöhung teuer. Bis Ende 2019 muss er ohne Zinsabsicherung 52.000 Euro an die Bank überweisen. Leistet er sich dagegen einen Zinscap, dann ist die Belastung nicht so hoch, weil der Euribor ja bei drei Prozent gedeckelt wird. Bis 2019 muss er dann nur 46.000 Euro berappen. Der Unterschied macht somit 6000 Euro aus.

Fazit: Die Kosten für den Zinscap von 7000 Euro liegen höher als die Kostenersparnis bei der Zinsbelastung von 6000 Euro. Damit hat sich die Zinsabsicherung in diesem Fall nicht wirklich gerechnet. Derzeit ist noch nicht abzusehen, dass die Zinsen tatsächlich wieder so stark anziehen. Ein Euribor-Zinssatz von über fünf Prozent ist relativ unrealistisch. Mit anderen Worten: Der Zinscap lohnt sich dann noch viel weniger. Zumindest für den Kreditnehmer.

Auf einen Blick

Kreditnehmer können sich freuen: Sie müssen für Darlehen wenig berappen, da die Zinsen so niedrig sind. Sie könnten die niedrigen Zinsen (relativ) billig mit Zinscaps absichern, wenn sie mit steigenden Zinsen in den nächsten Jahren rechnen. Diese Zinsabsicherung lohnt sich aber nur, wenn die Marktzinsen in den nächsten Jahren fulminant ansteigen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.04.2013)

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