Finanzierung: „Kindergeld“ von der Bank

The headquarters of Erste Group Bank is pictured in Vienna
The headquarters of Erste Group Bank is pictured in Vienna(c) REUTERS (HEINZ-PETER BADER)
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Ein Fonds der Erste Bank unterstützt Vollzeit arbeitende Frauen bei der Kinderbetreuung – und beteiligt sich dafür später an deren Gehalt. Das minimiert das Risiko, auf hohen Schulden sitzen zu bleiben.

Wien. Wer Geld zur Finanzierung seines Unternehmen benötigt, hat grundsätzlich die Wahl, ob er einen Kredit aufnimmt oder zulässt, dass sich Miteigentümer am Unternehmen beteiligen. Wer Geld für die Kinderbetreuung benötigt, um Vollzeit zu arbeiten und Karriere zu machen, für den kommt normalerweise nur ein Kredit infrage, wenn er alle möglichen Sozialleistungen ausgeschöpft hat. Und Kredite haben die unangenehme Eigenschaft, dass man sie auch dann zurückzahlen muss, wenn es mit der geplanten Karriere doch nichts wird.

Die Erste Bank wirbt nun mit einem alternativen Produkt um karrierewillige Mütter (und Väter). Sie hat einen Investitionsfonds gegründet, der Berufstätigen Geld für die Kinderbetreuung zahlt und sich später zeitlich befristet am Gehalt beteiligt. Anders als bei einem Kredit muss man also nicht fürchten, auf hohen Schulden sitzen zu bleiben, wenn es mit der Karriere doch nichts wird.

Business-Plan erforderlich

Der Nachteil: Für jede und jeden kommt das Produkt nicht infrage, sagt Natalia Corrales-Diez, bei der Erste Bank für Social Banking zuständig. Man müsse der Bank schon einen Business Case verkaufen. Sprich: Man muss einen Karriereplan vorlegen, und einen Persönlichkeitstest gibt es auch. Bewerberinnen, deren Business-Plan nicht sattelfest ist oder bei denen die Bank fürchten muss, dass es ihnen mit der Karriere gar nicht so ernst ist, werden daher abgelehnt.

Hat man die finanzielle Unterstützung aber bereits erhalten und macht später – freiwillig oder unfreiwillig – doch keine oder keine so große Karriere, sei das das Problem der Bank, erklärt Corrales-Diez.

Die Zielgruppe seien Frauen zwischen 25 und 30 Jahren, bei denen eine überdurchschnittlich hohe Einkommenssteigerung zu erwarten sei. Grundsätzlich gibt es aber keine Altersbeschränkung. Auch Väter, die Geld für die Kinderbetreuung brauchen, können sich bewerben. „Männer legen großen Wert darauf, dass sie nicht diskriminiert werden“, sagt Corrales-Diez. Beworben hätten sich bis dato allerdings vor allem Frauen.

Wie viel man erhält, ist individuell und hängt nicht zuletzt von der erwarteten Karriere und der Branche ab. Bis zu 80.000 Euro oder bis zu 500 Euro pro Kind und Monat für einen Zeitraum von ein bis sechs Jahren können es sein. Später erhält der Fonds – je nach individueller Vereinbarung – für einen bestimmten Zeitraum (bis zu zehn Jahre) ein bis acht Prozent vom Gehalt – sofern man nicht weniger als 1200 Euro verdient. Auch nach oben gibt es eine Grenze. „Wenn jemand CEO von Google werden sollte, erhielte die Bank nur ein bestimmtes Maximum“, sagt Corrales-Diez.

Bei Arbeitslosigkeit oder Karenz ruht die Zahlung. Gesellschafter des sogenannten Fund of Excellence sind die Erste Bank, die Erste Stiftung und die Wiener Städtische. Der Fonds ist im Sommer gestartet, derzeit werden die ersten Bewerberinnen geprüft. (b. l.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.10.2015)


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