Wenn das Kollektiv besser sein will als der Einzelne

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Fonds. Viele treffen bessere Anlageentscheidungen als wenige. Zumindest glauben das einige deutsche Initiativen.

Wien. An den Finanzmärkten gibt es zwar mehrere Möglichkeiten, sein Geld zu investieren. Doch am Ende läuft es häufig darauf hinaus: Entweder man kümmert sich selbst um alles, oder überlässt die Vermögensverwaltung anderen. Doch eine Mischung aus beidem? Das gibt es selten.

In Deutschland sind in den vergangenen Jahren jedoch einige Initiativen tätig geworden, die sich für die Mitbestimmung der Anleger einsetzen – und dieses Ziel auch umsetzen. Frei nach dem Motto: Das Kollektiv kann mehr leisten als ein Einzelner. Es sollte aber vor allem bessere Erträge erzielen können.

Der „Mitmachfonds Investtor“ ist ein solches Unternehmen. Es stellt den Anlegern ein Aktienuniversum von über 250 Blue-Chip-Titeln, also Aktien von großen Unternehmen, zur Verfügung. Zur Wahl stehen unter anderem Titel aus Deutschland sowie Aktien aus Europa, den USA und Japan. In rund 30 dieser Aktien wird dann investiert. Bei Investtor müssen Anleger mindestens 2000 Euro in den Fonds stecken, um Anlageentscheidungen mitbestimmen zu können. „Mit fremdem Geld investiert man anders als mit eigenem Geld. Nämlich deutlich konservativer“, sagt Michael Thaler von Investtor. Jeder Anleger hat hier die Möglichkeit, eine positive oder negative Bewertung zu einer Aktie abzugeben. „Jemand, der mit seinen Tipps schon oft recht hatte, dessen Entscheidungen werden stärker berücksichtigt“, sagt Thaler.

Kosten fallen überall an

Die Performance des Mischfonds (ISIN: LU0498676971) ist mit einem Plus von rund 13 Prozent seit dem Juni 2010 passabel. Innerhalb der vergangenen zwölf Monate war der Fonds aber Schwankungen unterworfen. Aus diesem Grund wird er auch als risikoreich eingestuft.

Doch da, wo laufend umgeschichtet wird, fallen auch Kosten an. Der Ausgabeaufschlag liegt bei einem Prozent, die laufenden Kosten (Gesamtkostenquote) bei 1,8 Prozent. Außerdem wird darauf hingewiesen, dass der Fonds für jene Anleger ungeeignet sein könnte, die ihr Geld innerhalb von fünf Jahren wieder abziehen wollen. Das Fondsvolumen liegt derzeit bei 2,5 Mio. Euro.

Die deutsche Firma Sharewise hat sich ebenfalls der Mitbestimmung der Anleger verschrieben. Das Unternehmen investiert über einen Fonds ebenfalls in eine bestimmte Anzahl von Aktien. „Mich hat immer gestört, dass auf den Finanzmärkten viele Leute Ratschläge geben, man aber nicht unterscheiden kann, ob das jemand ist, auf den man hören sollte, oder nicht“, erklärt Stefan Nothegger von Sharewise. Bei Sharewise hat jeder registrierte Nutzer die Möglichkeit, Kauf- oder Verkaufsempfehlungen für Aktien abzugeben. Darunter sind freilich auch Laien. Diejenigen, die die treffsichersten Empfehlungen abgeben, landen in einem Klub der Top 100. Der Fonds investiert dann in 25 Einzelaktien auf Basis der besten Empfehlungen. Die einzelnen Positionen sind mit rund vier Prozent gleich gewichtet. „Die Umschichtungen werden zurzeit monatlich vorgenommen“, sagt Nothegger.

Der Fonds (LU0625428700) wurde im Dezember 2012 aufgelegt und hat seinen Wert bisher um rund 32 Prozent gesteigert. Die Bank Hauck & Aufhäuser agiert als Fondsgesellschaft im Hintergrund. Doch risikolos ist das Investment bei Weitem nicht, da der Anteilspreis stark schwankt.

In Österreich nichts Vergleichbares

Dass Anleger das System zu ihren Gunsten ausnutzen, schließt Nothegger aus. Erstens habe man entsprechende Mechanismen installiert, um derlei zu verhindern. Zweitens habe ein Einzelner nicht den Einfluss, große volatile Werte zu manipulieren.

Peter Graf von Crowdinvest sieht das ähnlich. Sein Schweizer Projekt befindet sich zwar erst in einer Testphase. Doch 2015 soll es online gehen. Da nur Investoren die Mitbestimmung erlaubt sein soll, „wird sich der Missbrauch auf ein niedriges Maß reduzieren“, glaubt Graf. Kürzlich auf den Markt gekommen ist der Intelligent Recommendations Global Growth Fund (LU0933680703), der ähnlich wie die anderen funktioniert.

In Österreich gibt es mit Wikifolio ein Produkt (formal ein Zertifikat), das den deutschen Initiativen zwar nicht gleichkommt, aber irgendwie doch ähnelt. Dort können Nutzer ein Musterportfolio zusammenstellen, Anleger können in dieses investieren.

Hierzulande ist die Mitentscheidung von Anteilsinhabern bei klassischen Investmentfonds ausgeschlossen. Konstrukte, bei denen Anleger Investitionsentscheidungen mitbestimmen, könnten rechtlich eventuell als Alternative Investmentfonds gelten. Bei solchen Fonds sind die Regeln für die Veranlagung bei Weitem nicht so streng wie bei jenen, die unter das Investmentfondsgesetz fallen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.01.2014)

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