Offene Immobilienfonds: Kein Börsenrisiko, trotzdem Tücken

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Offene Fonds investieren direkt in Immobilien. Doch kann es Probleme geben, wenn viele Anleger gleichzeitig aussteigen wollen.

Wien. Wem das entsprechende Kleingeld für ein Direktinvestment in Betongold fehlt, gleichzeitig aber auch Immobilienaktien zu volatil sind, für den könnten Immobilieninvestmentfonds eine interessante Alternative darstellen. „Vor allem für Privatinvestoren sind offene Immobilienfonds interessant, weil sie damit mit kleinen Beträgen mittel- und langfristig – ohne hohe Transaktionskosten – in Immobilien investieren können“, bringt es Louis Obrowsky, Geschäftsführer der Semper Constantia Realitäten GmbH und Fondsmanager des Semper Real Estate, auf den Punkt.

„Als Alternative zum Sparbuch mit den derzeit sehr niedrigen Zinsen hat Betongold durchaus seinen Reiz“, sagt auch Hubert Vögel, Geschäftsführer der Raiffeisen Immobilien KAG. Angesichts der Preis- und Mietanstiege der vergangenen Jahre sowie der medialen Berichterstattung darüber – etwa über den Wiener Markt – würden viele Anleger gern in Immobilien investieren.

Tatsächlich hat sich die Assetklasse in den vergangenen Jahren stetiger Zuflüsse erfreut. Laut der Vereinigung Österreichischer Investmentgesellschaften (VÖIG) ist das Volumen der sechs heimischen Fonds in den ersten neun Monaten des Jahres um 13,2 Prozent auf 5,4 Mrd. Euro gestiegen.

Verpflichtender Cash-Anteil

„Im Vergleich zu Immobilienaktien sind offene Immobilienfonds nicht vom Kapitalmarkt abhängig“, so Peter Karl, Geschäftsführer der Erste Immobilien KAG. Da der Ertrag von der Wertentwicklung der Immobilien abhängt, würden sie die Entwicklung der Immobilienmärkte klarer abzeichnen. Auf der anderen Seite sind offene Immobilienfonds stärker reguliert als Immobilienaktien, was für die Fondsgesellschaften einen höheren Verwaltungsaufwand bedeutet. Laut Vögel sind mit dem Immobilieninvestmentfondsgesetz (ImmoInvFG) und dem Alternativen Investmentfonds-Manager-Gesetz (AIFMG) zwei Regelwerke zu beachten. So müssen Immobilien beim Erwerb sowie einmal im Jahr von zwei unabhängigen Sachverständigen bewertet werden.

Eine weitere gesetzliche Verpflichtung ist, dass die heimischen Immobilienfonds einen Cash-Anteil von mindestens zehn Prozent halten müssen. Der Hintergrund ist das der Assetklasse immanente Liquiditätsrisiko – laut Karl das größte Risiko für Anleger.

„Sollten alle Anleger zum selben Zeitpunkt aussteigen wollen, wird das nur schwer funktionieren“, sagt Karl. Was dann passieren kann, hat sich während der Finanzkrise gezeigt: In Deutschland und Österreich wurden etliche Fonds geschlossen oder die Anteilsrücknahme vorübergehend ausgesetzt. Von letzterem Schicksal waren hierzulande der Real Invest Europe und der Semper Real Estate betroffen. „Während der Zeit der Aussetzung wurde Liquidität geschaffen – unter anderem durch den Verkauf einzelner Immobilien – wodurch nach der erneuten Öffnung alle Verkaufsorders erfüllt werden konnten“, erklärt Obrowsky.

Woher kommt die Rendite?

Wer sich für ein Investment in einen offenen Immobilienfonds interessiert, der sollte genau unter die Lupe nehmen, wie sich die jeweilige Gesamtrendite, die aus Bewirtschaftungs- und Aufwertungsgewinnen sowie Liquiditätsrenditen berechnet wird, zusammensetzt. Wichtig ist hier, dass der überwiegende Teil aus Bewirtschaftungsergebnissen stammt.

Die Renditen der sechs heimischen Fonds auf Einjahressicht bewegen sich in einer Bandbreite zwischen minus 4,23 (Real Invest Europe) und drei Prozent (Real Invest Austria). Punkto Performance seit dem Fondsstart hat der Semper Real Estate mit einem jährlichen Plus von 4,81 Prozent die Nase vorn.

Eine große Rolle spielen die Immobilienklassen und Länder, in die der Fonds investiert. Hierzulande stehen reine Gewerbe- reinen Wohnportfolios oder Mischformen gegenüber. So konzentrieren sich der Real Invest Austria (Anlageschwerpunkt: Österreich) und der Erste Immobilienfonds (Österreich, Deutschland) mit je 70 Prozent auf das Thema Wohnen. Der Raiffeisen-Immobilienfonds (Frankreich, Deutschland, Polen) und der Semper Real Estate (Österreich, Deutschland) sind großteils in Gewerbeimmobilien investiert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.11.2015)

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