Die Rückkehr der Goldbullen

(c) Clemens Fabry
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Der Goldpreis ist heuer um 20 Prozent gestiegen. Angesichts immer extremerer Experimente der Notenbanken setzen auch bekannte Hedgefonds-Größen wieder auf die Alternativwährung. Ist die Trendwende tatsächlich geschafft?

Wien. Das Edelmetall Gold hat das beste erste Quartal seit 30 Jahren hinter sich. Der Goldpreis ist (in Dollar gemessen) seit Jänner um fast 20 Prozent gestiegen. Die Gründe dafür? Unsicherheiten auf den Märkten. Politische Spannungen. Und zunehmend verzweifelte Zentralbanken, die inzwischen auf Minuszinsen setzen, als wäre es das Normalste auf der Welt. Der wichtigste Grund dürfte aber sein, dass sich die Stimmung auf dem Goldmarkt gedreht hat. Erstmals seit vier Jahren Preistalfahrt wittern die Goldfans wieder Morgenluft.

„Es ist sehr sinnvoll, Gold zu besitzen – und die anderen Investoren scheinen das jetzt einzusehen“, schrieb der bekannte Hedgefonds-Manager Paul Singer kürzlich in einem Brief an seine Klienten. „Die Investoren verstehen inzwischen, dass die Zentralbanker der Welt offenbar wirklich darauf konzentriert sind, ihre Währungen abzuwerten.“

„Gold als Währung“

Singer ist nicht allein. Selbst der als eher skeptisch gegenüber Gold bekannte Milliardär George Soros setzte zuletzt wieder auf das Edelmetall. Der Hedgefonds-Manager Stanley Druckenmiller sagt: „Wir betrachten Gold als Währung. Es ist unsere größte Währungsposition.“ Und sein Kollege Ray Dalio meint: „Wer kein Gold besitzt, versteht weder Geschichte noch Ökonomie.“

Hat der Goldpreis den Tiefststand tatsächlich schon hinter sich? In Euro gemessen scheint der Fall ohnehin klar, denn der Preis steigt bereits seit Anfang 2014 kontinuierlich. Aber der Dollarpreis ist für das Gesamtbild entscheidend. Auch deswegen, weil ein wiederbelebter Bullenmarkt im Gold auch andere Botschaften aussenden würde, zum Beispiel die Rückkehr der Inflation. Der Goldexperte Ronald Stöferle, Autor eines jährlichen Goldreports, ist sich sicher: „Das ist jetzt die Trendwende. Die Inflation wird heuer auch wieder zum Thema werden. Steigende Inflation und fallende Realzinsen sind das beste Umfeld für Gold.“

Tatsächlich hat sich der Goldpreis auch im denkbar schlechten Umfeld der vergangenen Jahre ganz gut gehalten – trotz niedriger Inflation und fallender Ölpreise. „Dabei war die Stimmungslage noch im letzten Jahr extrem negativ“, erzählt Stöferle. „Kursziele von 300 Dollar oder sogar darunter waren keine Seltenheit.“

Tatsächlich scheint der Goldpreis nach der Talfahrt von 1900 auf 1100 Dollar gedreht zu haben und marschiert seitdem wieder in Richtung Norden. Am Freitag stand der Preis bei rund 1250 Dollar. Wenn es jetzt weiter bergauf geht, könnte man tatsächlich wieder von einem neuen Bullenmarkt bei dem Edelmetall sprechen – und auf noch höhere Preise hoffen. Aber natürlich gibt es mahnende Stimmen – allen voran die Analysten der Investmentbank Goldman Sachs, die für heuer weiter einen fallenden Goldpreis voraussagen.

Auch ETFs wieder gefragt

Und auch die Goldfans wollen noch nicht so recht an die Renaissance des Edelmetalls glauben. „Von einer Euphorie sind wir noch weit entfernt. Selbst die meisten hart gesottenen Goldbugs glauben noch nicht daran, dass es das schon war“, sagt Stöferle. Aber je länger die Stärke beim Gold anhält, desto eher dreht sich die Stimmung. Erst recht, da die meisten Investoren jetzt erst auf Gold aufmerksam werden.

„Bei der Rallye im ersten Quartal war niemand dabei. Viele große Investoren warten darauf, in die Korrektur hinein zu kaufen.“ Das Ergebnis sieht dann tatsächlich aus wie ein Bullenmarkt, in dem Preis-Rücksetzer von Käufern für den Einstieg genutzt – und so abgefedert werden. In einem Bärenmarkt sieht das Bild anders aus: Da nutzen Investoren mittelfristige Preisanstiege zum Ausstieg. Das passt auch zum plötzlichen Interesse von „Smart Money“-Managern wie Druckenmiller oder Soros: „Die kaufen alle antizyklisch“, sagt Stöferle. „Aber auch die Volumina bei den Minenaktien sind sehr überzeugend. Sogar bei den ETFs.“

Sogenannte Exchange Traded Funds erfreuen sich nach mageren Jahren wieder großer Beliebtheit. Laut World Gold Council ist die Goldnachfrage aus dieser Ecke im ersten Quartal um gewaltige 300 Prozent gestiegen – gegenüber dem Vorjahresquartal. ETFs sind vor allem bei westlichen Investoren sehr beliebt, weil sie sich leicht kaufen und handeln lassen. Der Nachteil: Die Produkte eignen sich nur für kurzfristige Spekulation. Zwar kaufen die Fonds Gold, wenn Geld von Investoren in den Fonds fließt – aber Investoren erhalten nie physisches Gold.

Extreme Experimente

Wie es weitergeht? Ronald Stöferle hält weiterhin an seinem langjährigen Kursziel von 2300 Dollar pro Unze fest. „Das Makrobild ist wieder besser für Gold. Es gibt Negativzinsen in fünf großen Währungsräumen. Und nachdem die extremen Experimente der Notenbanken zu einem großen Teil nicht aufgegangen sind, werden sie zu noch extremeren Mitteln greifen, etwa Bargeldverbot oder Helikoptergeld“, sagt Stöferle.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2016)

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