Hohe Investmentnachfrage nach Gold

Der steigende Goldpreis lockt auch die US-Anleger wieder zu dem Metall.
Der steigende Goldpreis lockt auch die US-Anleger wieder zu dem Metall. (c) REUTERS (NEIL HALL)
  • Drucken

Im ersten Halbjahr ist mehr Geld in Gold-Investments geflossen als je zuvor. Vor allem die Rückkehr der US–amerikanischen Anleger in Goldfonds macht sich bemerkbar.

Wien/London. Das aktuelle Jahr war bisher ein gutes für die Edelmetalle. Nach einer jahrelangen Talfahrt beim Preis scheinen Gold und Silber im Dezember 2015 ihre Talsohle durchschritten zu haben. Seitdem geht es aufwärts – und zwar rasant. Der Silberpreis ist heuer um mehr als 40 Prozent gestiegen und hat zuletzt die Marke von 20 Dollar pro Unze zurückerobert.

Beim als Anlageklasse weitaus bedeutenderen Gold ist die Lage etwas durchwachsener – aber immer noch sehr positiv: In der Weltleitwährung Dollar ist das gelbe Metall seit Jahresbeginn um rund 25 Prozent im Preis gestiegen. In Euro ähnlich stark. Gegenüber dem nach dem Brexit-Votum schwer geprügelten britischen Pfund ist die Krisenwährung Gold sogar um mehr als 35 Prozent gestiegen. In indischen Rupien und chinesischen Yuan gab es ein Plus von 27 Prozent.

Den aktuellen Zahlen des World Gold Council zufolge ist die Investmentnachfrage nach Gold in den ersten sechs Monaten des Jahres so hoch gewesen wie nie zuvor. Mit 1063,9 Tonnen lag die Nachfrage um rund 16 Prozent über dem bisher besten Halbjahr, der ersten Jahreshälfte 2009. Treibende Kraft waren diesmal die Investoren aus der westlichen Welt. Insbesondere Amerikaner und Europäer haben in diesem Jahr verstärkt Geld in Gold gesteckt. Das zeigt auch erneut die mentale Kluft zwischen Europa, Amerika und Asien: Asiaten kaufen vor allem, wenn die Preise fallen. Westliche Investoren flüchten bei fallenden Preisen und kehren wieder zurück, wenn sich ein Aufwärtstrend erkennen lässt.

US-Nachfrage explodiert

Besonders eindrucksvoll ist das bei Exchange Traded Funds zu sehen, die vor allem in Amerika beliebt sind. Diese Fonds verkaufen Anteilsscheine an Anleger und legen je nach Nachfrage physisches Gold in ihre Tresors. Seit der Finanzkrise 2008 waren ETFs besonders beliebt, in den Jahren 2013 bis 2015 ist aber massiv Gold aus den Fonds abgeflossen. Dieser Trend wurde jetzt umgekehrt: In den ersten sechs Monaten dieses Jahres sind rund 580 Tonnen Gold in ETFs geflossen. Damit entfällt etwas mehr als die Hälfte der gesamten Investmentnachfrage auf diese Fonds, in die weltweit derzeit rund 93 Mrd. Dollar investiert sind.

Der Rest der Nachfrage entfällt auf physische Münzen und Barren. Diese Anlageform ist in Europa besonders beliebt, wo fast 45 Tonnen Gold gekauft wurden. Insgesamt wurden rund 485 Tonnen Gold physisch erworben, was einer im Vergleich zum Vorjahr stabilen Nachfrage entspricht. Interessant: Zwar entfällt fast die Hälfte der Nachfrage in Europa auf Deutschland, sie ging im zweiten Quartal aber um fünf Prozent zurück.

Kürzlich in der „Presse“ veröffentlichte Verkaufszahlen der Münze Österreich zeigen ein ähnliches Bild: Während die Amerikaner wieder in Massen in den physischen Goldmarkt zurückkehren (die Nachfrage nach Münzen und Barren ist um 75 Prozent gestiegen) – und auch die Briten aufgrund der Brexit-Ängste Gold kaufen –, legen die deutschsprachigen Käufer eine kleine Pause ein – und machen es ein bisschen wie die Asiaten, die hohe Preise eher zum Verkauf von Gold und Silber nutzen. So ist die Nachfrage in China im zweiten Quartal um elf Prozent zurückgegangen, in Indien sogar noch stärker. Das World Gold Council führt dies auf die hohen Preise zurück.

Anders das Bild in Japan: Dort wird zwar versucht, den Yen zu drücken – dies gelingt aber nur bedingt. In Yen sind die Goldpreise deswegen nur um sechs Prozent gestiegen. Das wachsende Misstrauen gegenüber der Wirtschaftspolitik der Regierung hat die Menschen zusätzlich ins Gold getrieben. Die Nachfrage war mit rund 9,3 Tonnen so stark wie seit 2005 nicht. (jil)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.08.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.