Österreich: Im Blickfeld von Investoren

Die Investitionen in Gewerbeimmobilien sind in vielen Ländern rückläufig, nur in heimischen Gefilden nicht. Doch kaufen vor allem Österreicher und Deutsche.

Trotz flauer Konjunkturentwicklung und Eurokrise bleibt Österreich bei Investoren für Gewerbeimmobilien ein beliebtes Pflaster. Heuer dürfte mit 1,6 Milliarden Euro noch etwas mehr Geld nach Österreich fließen als im Vorjahr, wie die Marktexperten von Otto Immobilien und CBRE meinen. Bei EHL erwartet man nun zumindest eine Stagnation bei 1,5 Milliarden Euro, zuvor war man noch von einem Rückgang ausgegangen. Das ist insofern bemerkenswert, als sich die Investoren mit Engagements in der Eurozone derzeit eher zurückhalten. Zu groß ist die Sorge, dass die Gemeinschaftswährung zerbrechen könnte und man dann Häuser in einem Land mit schwacher Währung besitzt.

Diese Angst ließ etwa die Investitionen nach Südeuropa im dritten Quartal um 60 Prozent einbrechen. „Die Investoren fürchten, dass sie, wenn Griechenland aus dem Euro austritt, ihre Mieten in Drachmen erhalten“, erklärt Andreas Ridder von CBRE Austria. Österreich zähle dagegen neben Deutschland und den Beneluxstaaten zu den wenigen Ländern, für die man keine solchen Befürchtungen hegt.

Wien nicht mehr ganz billig

Allein im dritten Quartal flossen laut dem Marktbericht des Maklerunternehmens 600 Millionen Euro in den heimischen Gewerbeimmobilienmarkt, um 45 Prozent mehr als im zweiten Quartal. Zum Vergleich: In ganz Europa gab es lediglich ein Investitionsplus von 15 Prozent. So groß wie in Österreich fiel das Plus nur noch im Nichteuroland Großbritannien aus – wenngleich dort in Summe 20-mal so viel investiert wurde.

Den Investoren ist derzeit Sicherheit wichtiger als eine hohe Rendite. Denn ganz billig ist Wien nicht mehr. Die Spitzenrenditen (die man bei Objekten in zentraler Lage und mit guter Ausstattung erhält) liegen derzeit bei 5,25 Prozent. Zwar sind sie im heiß begehrten London noch geringer: Dort müssen Investoren so tief in die Tasche greifen, dass sich nur vier Prozent Rendite ausgehen. Doch in Amsterdam, Brüssel sowie in den meisten osteuropäischen Städten sind die Renditen deutlich höher als in Wien, man könnte dort günstiger einkaufen. Das lockt die Investoren wenig, auch in Osteuropa seien die Investitionen im dritten Quartal stark zurückgegangen, berichtet Ridder.

In Österreich hat sich allerdings eine Verschiebung ergeben: Büros, die generell stärker unter Konjunkturschwankungen leiden, sind weniger begehrt. „Während bei den Investitionen der Anteil des traditionell klar dominierenden Bürosektors im ersten Halbjahr auf rund 50 Prozent fiel, legten die Bereiche Einzelhandel (30 Prozent) und Hotel (15 Prozent) deutlich zu“, stellt man bei EHL fest. Die Ursache ist, dass die Unternehmen in Krisenzeiten weniger Bürofläche benötigen, was die Leerstände hochtreibt und die Einnahmen der Investoren schmälert. Der Einzelhandel hält sich dagegen meist relativ stabil. Im dritten Quartal dürfte das Einzelhandelssegment bei den Investitionen überhaupt das dominierende gewesen sein.

Zu den wichtigsten Transaktionen zählte heuer laut Otto Immobilien der Kauf des Geschäfts- und Bürogebäudes „La Stafa“ in der Mariahilfer Straße durch den Schöps-Eigentümer Jamal al-Wazzan. Auch die Erste Immobilien KAG und eine Gesellschaft der Raiffeisen Landesbank Oberösterreich kauften Objekte in der Mariahilfer Straße. Gesellschaften im Einfluss der Bank Austria Real Invest erwarben zwei Bauteile des Büroprojekts TownTown.

Auch für das vierte Quartal seien die Aussichten gut, meint Ridder. Eine große Transaktion im Oktober war etwa der Verkauf des Bürogebäudes „Euro Plaza 4“ um 150 Millionen Euro an die Union Investment, einen großen deutschen offenen Fonds. Solche zählen neben österreichischen Investoren zu den wichtigsten Abnehmern heimischer Gewerbeimmobilien.

Offene Fonds aus Deutschland kaufen

Von der Krise der deutschen offenen Fonds merkt man auf dem heimischen Investmentmarkt nichts: Viele dieser Fonds mussten, wie berichtet, in den vergangenen Jahren schließen (also alle Auszahlungen stoppen), weil zu viele Anleger gleichzeitig ihr Geld zurückwollten. Einige Fonds bleiben für immer geschlossen und sind derzeit dabei, alle Immobilien zu verkaufen, um das Geld an die Anleger zurückzahlen zu können. Dadurch, so fürchteten einige Experten, könnte sich das Angebot an zum Verkauf stehenden Immobilien erhöhen und den Investmentmarkt unter Druck bringen. Vorerst passiert das nicht. „Die angespannte Situation der offenen Immobilienfonds in Deutschland schränkt das große Interesse an österreichischen Investmentobjekten nicht wesentlich ein“, stellen die Experten von Otto Immobilien fest. Die Deutschen zählen nach wie vor zu den wichtigsten Investoren in Österreich. Nur solche aus anderen Ländern sind rar. „Wer neu nach Europa kommt, geht in erster Linie in das Nichteuroland Großbritannien“, so Ridder.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.11.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.