Wien: Der Hauptstadt geht der Platz aus

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

Der starke Zuzug in die Städte setzt die Immobilienmärkte unter Druck. Besonders betroffen ist die Bundeshauptstadt. Doch Hoffnung auf eine Trendwende auf dem Wiener Immobilienmarkt besteht.

Wien. In den Kärntner Tälern wird es ruhig werden. In den kommenden Jahrzehnten soll die Bevölkerung des Bundeslands rapide schrumpfen. Waren bei der Volkszählung im Jahr 2001 noch rund 560.000 Kärntner registriert, soll sich ihre Zahl bis 2075 auf unter 500.000 verringern. Mit radikalen Folgen für den österreichischen Immobilienmarkt: Während die Nachfrage nach Wohnungen in den ländlichen Gebieten einschläft, scheinen die Städte in der Zukunft aus allen Nähten zu platzen.

Hinzu kommt ein Anwachsen der österreichischen Gesamtbevölkerung. Leben aktuell rund 8,5 Millionen Menschen in Österreich, könnte im Jahr 2030 bereits die Grenze von neun Millionen durchbrochen werden. Dieser Zuzug wird sich jedoch hauptsächlich in den Ballungszentren rund um die Landeshauptstädte bemerkbar machen – und auf die Preise niederschlagen.

Single-Wohnungen im Trend

Besonders betroffen ist die Bundeshauptstadt. Mit rund 1,7 Millionen Einwohnern ist Wien bereits die zweitgrößte deutschsprachige Stadt der Welt. Allein seit dem Jahr 2000 sind rund 200.000 Einwohner hinzugekommen – das entspricht der Größe von Linz. Die stark wachsende Nachfrage hat und wird auch in Zukunft massive Auswirkungen auf den Immobilienmarkt haben. Gibt es aktuell noch rund 850.000 Haushalte in Wien, wird deren Zahl bis 2050 auf über eine Million ansteigen. Hinzu kommt eine besonders hohe Nachfrage nach Single-Wohnungen. Bis 2050 soll die Anzahl der Einzelhaushalte auf über eine halbe Million steigen. Die Auswirkungen einer Nachfrage, die permanent das Angebot an Immobilien übersteigt, ist bereits jetzt auf dem Wiener Wohnungsmarkt ersichtlich. Die Oesterreichische Nationalbank hält die Preise für Wohnimmobilien in der Bundeshauptstadt für um fast ein Viertel überbewertet. Insgesamt haben sich die Preise für Eigentumswohnungen in Wien seit der Jahrtausendwende nahezu verdoppelt.

Unsicherheit in Russland

Doch Hoffnung auf eine Trendwende besteht. In Wien hat sich der Preisauftrieb bei Wohnimmobilien im zweiten Quartal 2014 kontinuierlich abgeschwächt – auf zuletzt 5,8Prozent. Mit Ausnahme von Baugründen zeigten die einzelnen Teilmärkte in Wien allesamt rückläufige Preissteigerungsraten. Bei gebrauchten Eigentumswohnungen, dem größten erfassten Segment, nahm der Preisauftrieb zwar ab, blieb aber mit 7,5 Prozent Anstieg im Jahresabstand weiterhin stark.

Die großen österreichischen Unternehmen auf dem Immobilienmarkt kämpfen hingegen weiter mit den Auswirkungen der politischen Krise zwischen Russland und dem Westen. Besonders betroffen ist die Immofinanz AG, wie Günther Artner, Immobilienexperte der Erste Group erklärt: „Der Aktienpreis der Immofinanz geht davon aus, dass nahezu alle Objekte in Russland enteignet werden. Solche Enteignungen sind aber aktuell sehr unwahrscheinlich und ich würde sie nicht erwarten.“

CA Immo auf Höhenflug

Zudem scheinen Investoren bei der Bewertung der Immofinanz außergewöhnlich vorsichtig gewesen zu sein. Insgesamt seien die Abschläge wegen des Russland-Exposure zu hoch und die Immofinanz habe deutlich mehr Potenzial, so Artner. Einen Liquiditätsschub erwartet der Analyst für die Buwog. Das auf österreichische und deutsche Wohnimmobilien spezialisierte Unternehmen hatte sich im April dieses Jahres von der Immofinanz abgespalten. Heute, Montag, soll die Buwog Group in den ATX, den Leitindex der Wiener Börse aufgenommen werden.

Auf Rekordkurs ist der Kurs der CA Immo – aktuell die teuerste Immo-Aktie. Nach Ansicht der Analysten der Erste Group ist der jüngste Preisanstieg jedoch auf den geplanten Ausstieg der Bank Austria zurückzuführen. Der bisherige Kernaktionär hat im Juli dieses Jahres bekannt gegeben, seinen Anteil von 16,8 Prozent zu verkaufen.

Ins Strudeln ist hingegen Conwert Immobilien geraten. Conwert ist das kleinste der drei im Leitindex der Wiener Börse gelisteten Immobilienunternehmen. Experten der Erste Group erwarten für das Gesamtjahr einen Verlust und rechnen mit einem Ausfall der Dividende. Diese Annahme stützen sie auf eine Aussage von Vorstand Clemens Schneider, wonach eine Auszahlung nur vorgenommen werden sollte, wenn sie vom Nettoergebnis gedeckt sei.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.09.2014)


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.