Unternehmen reißen sich um Zinshäuser

Die Presse (Clemens Fabry)
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Angesichts mangelnder Anlagealternativen kaufen Unternehmen, Versicherungen und Stiftungen zunehmend Zinshäuser. Auf der Verkäuferseite sind Private stärker vertreten.

Wien. Im ersten Halbjahr wechselten Wiener Gründerzeitzinshäuser im Wert von 238 Mio. Euro den Eigentümer. Das geht aus dem jüngsten „Wiener Zinshaus-Marktbericht“ von Otto Immobilien hervor. Da im zweiten Halbjahr generell mehr Transaktionen stattfinden und es auch noch einen Nachlauf gibt (Käufe, die zwar heuer getätigt, aber erst nächstes Jahr verbüchert werden), dürfte heuer– wie auch im Vorjahr– die Milliardengrenze geknackt werden.

Damit das Vorjahresniveau gehalten werden kann, muss die Verkaufsintensität allerdings zunehmen: Denn die Zahl der Zinshäuser nehme stetig ab, berichtet Lene Kern von Otto Immobilien. Ursache ist, dass es sich angesichts der hohen Preise für Eigentumswohnungen oft mehr rechnet, Wohnungen zu parifizieren und abzuverkaufen als zu vermieten. Das mindert den Zinshausbestand. 14.860 Gründerzeitzinshäuser gibt es noch.

Mit Vermietung lässt sich– zumindest kurzfristig– nicht mehr viel Geld bei den Häusern verdienen, schon gar nicht, wenn es sich um gute Objekte in zentraler Lage handelt. Die Rendite reicht von 1,4 Prozent (teuerste Häuser in der Innenstadt) bis 5,8 Prozent (billigste Häuser im 10., 11., 21. und 22. Bezirk). Dabei handelt es sich um das Verhältnis der jährlichen Mieterträge gemessen am Nettokaufpreis (zu dem freilich Nebenkosten hinzukommen, was die Rendite weiter nach unten drückt).

Potenzial durch Altmieter

Die Quadratmeterpreise rangieren zwischen 5510 Euro (teuerste Häuser in der Innenstadt) und 660 Euro (billige Häuser in Favoriten oder Simmering). Kauft man ein Haus, bei dem sich das Dachgeschoß ausbauen sowie Balkone anbauen lassen, hat das Haus „Potenzial“, wodurch der Preis gleich höher ausfällt. Um dieses Potenzial zu heben, muss man allerdings wieder Geld in die Hand nehmen. Auch Häuser mit vielen Altmietern, die geringe Mieten zahlen, gelten als Objekte mit „Potenzial“. Denn das bietet die Chance, dass die Mieten irgendwann einmal angehoben werden können. Für diese Aussicht muss man sich anfangs mit geringen Renditen begnügen.

Grundsätzlich gilt: je schlechter die Lage, desto höher die Anfangsrendite, desto geringer aber die Chance auf Wertsteigerung. Auch muss man sich in Randlagen auf höhere Mieterfluktuation und mehr Leerstände einstellen. Innenstadthäuser sind häufig auf eine längere Lebensdauer ausgelegt und lassen sich auch besser vermieten, dafür kann man mit ihnen kaum das schnelle Geld machen.

Eine Immobilienblase sieht Immobilienexperte Richard Buxbaum nicht. Wiener Zinshäuser würden mit einem vergleichsweise hohen Eigenmittelanteil erworben. Unter 20 bis 25 Prozent finde man kaum eine Bank, die die Transaktion finanziere. Wenn man Investitionen tätigen will (etwa eine Sanierung oder einen Dachbodenausbau), muss man entsprechend mehr Eigenmittel bereitstellen.

Damit sind Zinshäuser kaum ein Investment für Durchschnittsverdiener. Fast jedes zweite Zinshaus, das im ersten Halbjahr verkauft wurde, kostete zwischen einer Million und 2,5 Mio. Euro.

Wenige Billighäuser

Immerhin vier Prozent der Zinshäuser kosteten weniger als 500.000 Euro. Solche Häuser beinhalten aber meist nur wenige Wohnungen– entsprechend höher ist das Risiko. Für drei Prozent der Häuser mussten die Käufer mehr als zehn Millionen Euro hinlegen. Dabei entfiel ein Viertel des Transaktionsvolumens auf diese teuren Zinshäuser.

Auffällig ist, dass bei den Käufern die Unternehmen dominieren. Sie machen zwei Drittel aus. Zu ihnen zählen auch Versicherungen, die sich angesichts der niedrigen Zinsen um alternative Anlagemöglichkeiten umsehen. Auch der Anteil der „Sonstigen“, unter denen sich etwa Privatstiftungen finden, ist gestiegen. Nicht einmal jeder vierte Käufer ist eine Privatperson. Auf der Verkäuferseite machen die Privaten etwa die Hälfte aus. Einige dürften die in den vergangenen Jahren stark gestiegenen Zinshauspreise zum Ausstieg nützen. (b.l.)

AUF EINEN BLICK

Zinshäuser. 14.860 klassische Wiener Gründerzeitzinshäuser gibt es. Ihre Zahl schrumpft von Jahr zu Jahr– vor allem, weil Investoren die Wohnungen parifizieren und als Eigentumswohnungen verkaufen. Damit lässt sich mehr Geld verdienen als mit Vermietung. Wer ein Zinshaus kauft, um es zu vermieten, kann je nach Lage und Zustand mit einer Anfangsrendite von 1,4 bis 5,8 Prozent rechnen. Diese kann durch Nebenkosten, Leerstände und Sanierungen geringer ausfallen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.10.2014)

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