Heiztherme: Reparatur mit Mängeln

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Laut der geplanten Neuregelung muss künftig der Vermieter den Austausch der Therme zahlen. Das soll endlich Rechtssicherheit schaffen, wirft aber neue Streitfragen auf.

Wien. Den Austausch einer kaputten Heiztherme muss künftig der Vermieter bezahlen, Reparaturen der Therme auch. Für Warmwasserboiler und „sonstige Wärmebereitungsgeräte“ in Mietwohnungen gilt dasselbe. Das besagt ein Gesetzesentwurf, den der Ministerrat vergangenen Dienstag beschlossen hat („Die Presse“ berichtete). Am 1. März 2015 soll die Neuregelung in Kraft treten. Sie soll auch für vorher abgeschlossene Mietverträge gelten und auf Streitfälle, die an diesem Tag bereits gerichtsanhängig, aber noch nicht rechtskräftig entschieden sind, ebenfalls anwendbar sein.

Damit scheint, zumindest auf den ersten Blick, ein Dauerstreitthema zwischen Vermietern und Mietern endlich beseitigt und jahrelange Rechtsunsicherheit behoben zu sein. Bei genauerem Hinsehen ist es jedoch alles andere als sicher, dass diese „Gesetzesreparatur“ das leidige Problem wirklich aus der Welt schafft. Und das nicht nur, weil sich an der letztlich gewählten Lösung klarerweise die Geister scheiden.

Wenig überraschend, freut sich nur die Mieterseite darüber, während Interessenverbände der Vermieter dagegen wettern. Ihnen ist vor allem die Rückwirkung ein Dorn im Auge, also die Anwendung auf bereits bestehende Mietverträge. Nun sind rückwirkende Gesetze zwar verfassungsrechtlich heikel, manchmal aber unumgänglich. Wenn, wie hier, ein jahrelanges rechtliches Chaos in Ordnung gebracht werden soll, muss wohl zwangsläufig auch eine Regelung für Altverträge getroffen werden, sonst wäre für diese das Chaos prolongiert. Wolfgang Louzek, Präsident des Verbandes der Institutionellen Immobilieninvestoren, weist jedoch im Gespräch mit der „Presse“ auf ein Detail der geplanten Regelung hin, das tatsächlich Sprengkraft hat: Es fehlt eine Unterscheidung zwischen Wohnungen, die schon mit Therme oder Boiler vermietet wurden, und solchen, in denen erst der Mieter ein solches Gerät hat installieren lassen. Nach dem Wortlaut des Entwurfs müssen Vermieter künftig wohl auch für die Erneuerung einer Therme zahlen, die der Mieter eingebaut hat.

Auf den ersten Blick wirkt das nicht weiter schlimm. Man könnte meinen, der Vermieter dürfe sich darüber nicht beklagen, weil er sich ja immerhin die Kosten für den Ersteinbau erspart hat. So einfach ist das aber nicht: Denn wenn eine Wohnung ohne „Wärmebereitungsgerät“ vermietet wurde, wird wegen dieses Mankos wahrscheinlich auch der Mietzins entsprechend niedrig sein. Besonders gilt das für alte Mietverträge aus der Zeit vor März 1994, also vor Einführung des Richtwertsystems. Laut dem Österreichischen Verband der Immobilienwirtschaft (ÖVI) gibt es davon noch über 80.000.

Angenommen, jemand hat eine solche dürftig ausgestattete Wohnung vor Jahrzehnten billig gemietet und dann auf eigene Kosten eine Therme eingebaut. Diese wird kaputt, und er verlangt nun, dass der Vermieter eine neue kauft. In solchen Fällen würde der Vermieter kräftig draufzahlen, rechnet Louzek vor: Der Mietzins betrage oft nur zwei oder drei Euro pro Monat und Quadratmeter, davon fließen laut Louzek im Schnitt rund 1,5 Euro in die Instandhaltung des Hauses. Eine neue Therme kostet rund 1700 Euro, vielleicht auch mehr. Da bleibe von den Mieteinnahmen für Jahre nichts mehr übrig.

Verstoß gegen das Eigentumsrecht?

Aus Vermietersicht stellt sich da die Frage: Kann es rechtens sein, dass der Mieter weiterhin nur die niedrige Miete zahlt, die der schlechteren Ausstattung der Wohnung zum Zeitpunkt der Vermietung entspricht? Hier zeichnet sich bereits das nächste Streitthema ab, mit ungewissem Ausgang. Denn einerseits gilt der alte Mietvertrag ja weiter, demnach müsste auch der Mietzins gleich bleiben. Andererseits hat der Vermieter aber nachträglich in eine bessere Ausstattung der Wohnung investiert. Soll ihm dafür tatsächlich keinerlei Abgeltung zustehen?

Wenn doch, ist völlig offen, in welcher Form und in welcher Höhe. Soll er dafür aber keinen Gegenwert bekommen – was nach dem Wortlaut wahrscheinlicher ist –, dann tut sich die weitere Frage auf, ob die neue Regelung überhaupt verfassungskonform ist. Konkret, inwieweit sie mit dem Grundrecht auf Eigentum vereinbar ist, denn sie zwingt den Vermieter zu einer Geldausgabe, ohne dass er dafür eine Gegenleistung verlangen kann, solange der Mietvertrag weiterläuft (bei unbefristeten Verträgen können das weitere Jahrzehnte sein). Fraglich ist auch, ob hier nicht verschiedene Sachverhalte unberechtigterweise über einen Kamm geschoren werden. Das könnte den Gleichheitsgrundsatz verletzen. Auch ÖVI-Präsident Georg Flödl brachte dieses Thema schon aufs Tapet – samt seiner verfassungsrechtlichen Komponente. Wenn das sogenannte Wärmebereitungsgerät vom Vermieter bereitgestellt und in die Miete einkalkuliert wurde, sei nichts gegen eine Erhaltungspflicht durch den Vermieter zu sagen, ließ er in einer Aussendung verlauten. Der vorliegende Gesetzestext greife aber viel zu weit. Sollte er unverändert beschlossen werden, werde es – so Flödl – „Aufgabe des Verfassungsgerichtshofs sein, hier für eine sachgerechte Lösung zu sorgen“.

Neuen Stoff für Streitereien könnte übrigens auch das Thema Wartung der Therme liefern: Für diese soll ja weiterhin der Mieter aufkommen müssen. Ob er das auch wirklich brav getan (und alle Belege aufbewahrt) hat, wird spätestens dann für Diskussionen sorgen, wenn das teure Ding vor der Zeit kaputt wird. Oft wird es wohl darauf hinauslaufen, dass der Vermieter die Wartung über die Hausverwaltung organisieren lässt und der Mieter bloß die Rechnung bekommt. Was bestimmt auch nicht allen Mietern recht sein wird.

AUF EINEN BLICK

Erhaltungskosten. Ob der Mieter oder der Vermieter für den Austausch der Heiztherme zahlen muss, war seit Jahren ein Streitthema, das von den Gerichten uneinheitlich entschieden wurde. Um endlich Klarheit zu schaffen, soll ab März 2015 eine Neuregelung gelten, wonach der Vermieter für Reparatur und Austausch von Thermen und Boilern zuständig ist. Bei Wohnungen, die seinerzeit ohne eine solche Ausstattung billig vermietet wurden und in die der Mieter selbst eine Therme eingebaut hat, ist aber fraglich, ob das verfassungskonform ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.11.2014)

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