Ausblick: Festung, Uhrturm oder Stephansdom?

Dachterrassen. Was in Wien, Salzburg und Graz ganz oben gesucht und gezahlt wird.

Wenn der Blick von der eigenen Terrasse über die Dächer der Stadt auf den Stephansdom, den Uhrturm oder die Festung geht, ist der Traum des innerstädtischen Wohnens in Österreich wahr geworden. Ob in Wien, Graz oder Salzburg, Dachterrassenwohnungen stehen in der Gunst der Käufer ganz oben, und eine uneinsehbare Freifläche kann auch Minuspunkte wie die ungeliebten Dachschrägen ausgleichen. Bis zu 20 Prozent steigert der Platz an der Sonne den Wert einer Wohnung, wenn alles stimmt.
Denn Dachterrasse ist nicht gleich Dachterrasse: Grundsätzlich ist die Terrasse auf der direkten Wohnebene der Mercedes – wenn es sich mit dem Kaffeehäferl in der Hand entspannt ins Freie treten lässt, schlägt das Herz des Stadtbewohners höher. Muss er mit eben jenem erst eine Wendeltreppe erklimmen, nimmt die Begeisterung merklich ab. Bis zu 30 Prozent Unterschied können preislich zwischen einer Terrasse vor dem Wohnzimmer und ihrer despektierlich auch Silvesterterrasse genannten kleinen Schwester liegen. Wobei es immer auf die Details ankommt: „Wenn es oben einen guten Ausstieg gibt und Gimmicks wie ein Schwimmbad oder Jacuzzi vorhanden sind, wird natürlich auch die obere Terrasse genutzt“, weiß Martin Müller, Geschäftsführer der Wiener JP Immobilien. Andere Dinge, die den Käufer auch mit einer Silvesterterrasse in der Hauptstadt versöhnen, sind außerdem ein Lift, der ganz hinauf geht, eine gut nutzbare Außenküche auf dem Dach oder ein Speisenaufzug, der den Balanceakt mit Häferln, Gläsern und Flaschen obsolet macht.

Mehr Privatsphäre in Wien

Im gleichen Ausmaß, wie die Dachvariante aufgewertet werden kann, kann sich auch die Variante auf Wohnebene als untauglich für gehobene Bedürfnisse im Luxussegment erweisen. „Da muss es schon eine vernünftige Größe geben“, so Müller. „Wenn ich fünf Quadratmeter auf der Wohnebene habe und dann 70 auf dem Dach, ist das natürlich nicht sinnvoll.“
Ein anderes Thema ist der Wunsch der Käufer nach ungestörter Privatsphäre. Und die ist nicht gegeben, wenn sich vier Parteien das Dach teilen, deren Terrassen nur notdürftig durch Sichtschutzmaßnahmen voneinander getrennt sind und die rege Teilnahme an den familiären Schwierigkeiten der Nachbarn ermöglicht. „Manche Entwickler verzichten inzwischen bewusst auf Flächen, damit die Dachterrassen so gestaltet werden können, dass niemand darauf hinunterschauen kann und die entsprechende Privatsphäre gegeben ist“, so Müller.
Eine Ungestörtheit, die in Wien ihren Preis hat: Wer im Ersten luxuriös und uneinsehbar in der Sonne liegen möchte, muss zwischen 15.000 und bei ganz besonderen Objekten bis zu 25.000 Euro investieren. In den Bezirken zwei bis neun ist das zwischen 6000 und 10.000 Euro pro Quadratmeter zu haben. In Hietzing werden dafür 5000 bis 8000 Euro aufgerufen, und im 19. kann der Preis für entsprechend hochwertige Dachterrassenwohnungen auch die 10.000er-Grenze wieder übersteigen.

Kritische Käufer in Salzburg

Um die 10.000 Euro muss auch investieren, wer in der Salzburger Innenstadt eine Dachterrasse im Luxussegment sein Eigen nennen will – zumindest wenn es sich um ein Penthouse handelt. Unter 7500 Euro pro Quadratmeter wird sich aber auch eine reguläre Dachterrassenwohnung kaum finden lassen. „Da ist derzeit einiges auf dem Markt“, sagt Marlies Muhr, Inhaberin des gleichnamigen Salzburger Immobilienunternehmens. „In dieser preislichen Schiene kommt es inzwischen aber durchaus vor, dass der Kunde abwägt, ob er nicht lieber eine Etage tiefer gehen sollte. Das war vor Jahren noch anders, aber heute sind die Kunden sehr mündig und sehen einfach den Preisunterschied.“ Speziell die in Salzburg kaufende internationale Klientel sei auch sehr kritisch, wenn es um die genaue Definition der Liegenschaft ganz oben geht. „Der internationale Kunde stellt sich unter einem Penthouse etwas anderes vor als das, was in Österreich oft so genannt wird“, weiß die Maklerin. Da muss es wirklich ein frei stehendes Haus auf dem Dach sein, und auch Dachschrägen kommen für diese Käufer häufig nicht infrage. „In solchen Fällen wird gar nicht besichtigt“, erzählt Muhr beispielhaft von den Ansprüche der deutschen Immobilieninteressenten.
Auch an der Salzach bemisst sich der Wert einer Dachterrassenwohnung unter anderem an dem Grad der Privatheit, die die Freifläche bietet. Die Preise dafür beginnen in Außenbezirken wie Aigen oder Riedenburg bei 5500 Euro, für Penthouses in Itzling oder Liefering müssen laut Muhr 6200 bis 6600 Euro investiert werden, für absolute Topobjekte in der Altstadt können aber auch bis zu 12.000 Euro für den Quadratmeter verlangt werden.
Ein wenig günstiger ist der beste Blick derzeit noch in Graz zu haben. Hier sind 10.000 Euro eine Grenze, die kaum erreicht und schon gar nicht überschritten wird.

Entspannte Grazer

An der Mur sind Luxuspenthouses schon zwischen 5000 und 6200 Euro pro Quadratmeter zu haben, und auch, was die Art der Dachterrasse angeht, sind die Grazer laut Karin Marchl, Geschäftsführerin von Herzog Immobilien, ein wenig entspannter. Hier muss es nicht gar so zwingend die Terrasse auf Wohnebene sein, vielmehr finden auch die Silvesterterrassen ihr Publikum. „Das kommt wirklich immer darauf an. Manche suchen etwas ganz oben zum Ausleben und Austoben. Andere wollen wirklich nur eine Ebene, zum Beispiel Käufer, die aus Altersgründen das Haus mit dem Garten aufgegeben haben und es dadurch gewohnt sind, vom Wohnzimmer aus ins Freie zu treten“, so die Maklerin. Luxuriöse Dachterrassenwohnungen finden sich in der steirischen Hauptstadt nicht nur im innerstädtischen Bereich, sondern auch in den Wohnbezirken drumherum. „Der Grazer wohnt einfach gern in den Wohnbezirken“, weiß Marchl. Was unter anderem auch den im Vergleich zu Wien kurzen Wegen in die Innenstadt geschuldet ist. Entsprechend gering bis kaum vorhanden ist auch das Preisgefälle zwischen der Innenstadt und Bezirken wie Geidorf oder Leonhard. Teuer wird es in der steirischen Landeshauptstadt immer dann, wenn ein Uhrturmblick dazukommt. Aber das ist in Wien mit dem Stephansdom und der Festung in Salzburg auch nicht anders. (sma)

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