Einst und jetzt: Die Wohnstätten der oberen Zehntausend

Penthäuser. Was das erste Modell konnte.
Und was es heute ganz oben in den Städten gibt.

Bescheidenheit war ihre Sache nicht: Als sich die Cerealien-Erbin Marjorie Merriweather Post-Hutton im Jahr 1925 das allererste Penthouse an der New Yorker Fifth Avenue bauen ließ, hatte dieses nicht weniger als drei Stockwerke, 17 Bäder, zwölf Kamine, zwei Küchen, ein holzvertäfeltes Esszimmer, das 125 Gästen an der Tafel Platz bot, eine Bäckerei, einen eigenen Kühlraum für Blumen und Pelze und zwei getrennte Garderoben für Damen und Herren.

Blick über den Central Park

Das Spektakulärste war nach einem kürzlich veröffentlichen Bericht der New Yorker Immobilien- und Architekturplattform 6sqft.com aber die Empfangshalle, die im zwölften Stock mit einer Marmortreppe und einem gigantischen dreiflügeligen Fenster im palladianischen Stil imposante Ausblicke auf den Central Park bot. Post-Hutton hatte auch keinen Grund zur Zurückhaltung: Schließlich wurde sie von der George Fuller Construction Company, die auf dem Grund ihres 54 Zimmer umfassenden Herrenhauses ein 14-stöckiges Hochhaus erbauen wollte, auch mit allen Mitteln umworben und konnte ihre Bedingungen stellen. Die Tatsache, dass ihr der Straßenlärm inzwischen genauso lästig war wie die wachsende Abgasbelastung, verschwieg die Erbin wohlweislich und konnte so ihre Vorstellungen von einem Heim fernab der Straße diktieren – samt privater Kutschenzufahrt in Erdgeschoß und umlaufender Terrasse im zwölften Stock.
Mit der Erfindung des Liftes und der Installation der ersten Anlage in New York im Jahr 1903 hatten nicht nur Hochhäuser allgemein an neuer Popularität gewonnen, sondern auch ein Umdenken bezüglich des Prestiges der Stockwerke eingesetzt. Waren die obersten Etagen zuvor ausschließlich den Bediensteten zuzumuten, interessierten sich nun mehr und mehr die Herrschaften für die höher liegenden Geschoße, und mit dem Bau des Post-Hutton'schen Penthouse an der Prestigeadresse 1107 Fifth Avenue begann eine neue architektonische Ära.
Das Haus auf dem Haus mit – möglichst umlaufenden – Terrassen wurde bald zum Inbegriff des Luxus im innerstädtischen Bereich, den sich auch andere wohlhabende New Yorker leisten wollten. Einer der Ersten war Condé Nast, Gründer des gleichnamigen Verlages, der mit seinem Penthouse an der Park Avenue den Ruhm der neuen Wohnform weiter mehrte. Die dann von New York aus ihren Siegeszug um die Welt antrat und auch heute als die beliebteste urbane Unterkunft gilt.

Zweistellige Millionenbeträge

Ein Penthouse in New York City oder besser noch in Manhattan zu besitzen gilt auch heute noch als Statussymbol schlechthin; wenn man sich die Preise anschaut, die dafür aufgerufen werden, ist das nachvollziehbar. Wer aktuell auf den Spuren Post-Huttons und Nasts wandeln will, sollte in New York eher zwei- als einstellige Dollar-Millionenbeträge verfügbar haben. So sind beispielsweise für einen luxuriösen Vertreter dieser Gattung aktuell bei Sotheby's International Realty 12,85 Millionen US-Dollar (rund 10,7 Millionen Euro) zu bezahlen. Dafür bekommt der künftige Besitzer in der Nähe des Flatiron Buildings allerdings nicht mehr ganz so viel wie einst Mrs. Post-Hutton, denn im formellen Speisezimmer finden heute nur mehr 14 statt der einst 125 Gäste Platz, und die knapp 500 Wohnquadratmeter müssen sich auf zwei statt drei Etagen verteilen. Davon abgesehen hat das Penthouse auf dem Dach eines Vorkriegsgebäudes aber allerhand zu bieten: So beeindruckt die zweistöckige Eingangshalle hier wie einst jene an der Fifth Avenue; gehören neben dem großzügigen Wohnbereich, zwei Masterschlafräumen und der Bibliothek auch noch zwei Küchen, ein eigener Wein- sowie Wäscheraum, ein formeller Teesalon zum Zimmerangebot. Allesamt mit Wänden in „Galeriegrößen“ und „Designerbeleuchtungen in Museumsqualität“ wie Sotheby's betont. Das Highlight des Hauses ist allerdings die 230 Quadratmeter große Terrasse, die direkt von der Wohnebene im Obergeschoß aus betreten werden kann und einen spektakulären Blick auf die Skyline von New York ermöglicht.
Wie so viele Dinge, die in der Neuen Welt berühmt geworden sind, hat auch die Begeisterung für das Wohnen im Haus auf dem Haus die alte Welt bald erreicht. Für den Blick über die Themse lassen sich heute ebenso gut zweistellige Millionenbeträge ausgeben, wenn man niemanden über sich wohnen haben möchte. So werden für ein Penthouse im Londoner Stadtteil Marylebone aktuell umgerechnet rund 12,8 Millionen Euro aufgerufen. Zwar ebenfalls ohne die Möglichkeit, 125 Gäste an der Tafel platzieren zu können, dafür aber in dem Gebäude, das im Erdgeschoß das österreichische Restaurant Fischer's beherbergt. Außerdem gibt es – wie es sich für ein echtes Penthouse gehört – einen 360-Grad-Blick über die Dächer der Stadt, der sich wahlweise aus dem großzügigen Wohn-Ess-Küchenbereich, einem der vier Schlafzimmer oder der vier Bäder genießen lässt. Insgesamt erstreckt sich das Penthouse über das 13. und 14. Stockwerk sowie 377 Quadratmeter, die mit klaren Linien, bodentiefen Fenstern und hellen Feinsteinzeugböden eine stylish-moderne Atmosphäre ausstrahlen. Dass bei diesem Luxus-Penthouse auf Freiflächen verzichtet wurde, darf wohl dem Londoner Wetter zugeschrieben werden. Vermittelt wird das Apartment über Engel & Völkers.

Milliardäre, nicht Millionäre

Wer in Sachen Penthouse im dritten Jahrtausend auf Rekordjagd gehen und auch die Dimensionen der Post-Hutton'schen Anlage in den Schatten stellen will, der wird am ehesten in Monaco fündig. Hier wartet seit gut einem Jahr das teuerste Penthouse der Welt auf einen Käufer. Anfänglich für 350 Millionen Euro auf den Markt gekommen, wird jetzt nur mehr ein Preis jenseits der 300 Millionen-Grenze genannt, um an der Riviera spektakuläre fünf Stockwerke auf dem neuen, 170 Meter hohen Odeon Tower zu bekommen. Dafür kann die Unterkunft, die sich als Wohnstatt für Milliardäre versteht, auch einiges mehr als Objekte, die sich bloß an durchschnittliche Millionäre richten. So ist die Wohnfläche mit 3300 Quadratmetern selbst für gehobene Wohnansprüche großzügig kalkuliert und bietet Platz für sechs Salons, einen privaten Nachtclub und ein Hauptschlafzimmer in der Größenordnung von zwei Tennisplätzen. Für Begeisterung beim Milliardärsnachwuchs dürfte die Wasserrutsche sorgen, die über zwei Stockwerke direkt in den penthouseeigenen Infinity-Pool führt. Und bei der Innenausstattung hat Designer Alberto Pinto keine Kosten für die Materialien gescheut, zu denen nebst feinstem Marmor, Edelmetallen und -hölzern auch Rochenleder als Tischbezug gehört. Vermittelt wird das Penthouse über Knight Frank, die in Österreich durch Otto Immobilien vertreten sind. (SMA)

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