Eingerichtet? Rück' ein Stück!

Wohngeschichte. Täglich die Möbel neu anordnen? Das Schlafgemach wechseln? Fix ist nur eines: Flexibel muss es sein. Mario Dalpra hat sich mit seiner Galeriewohnung einen Traum erfüllt.

Betritt man das Top in der Barichgasse 4 in Wien Landstraße, fragt man sich: Ist das eine Ausstellung? Überall Kunst! Oder eine Wohnung? So gemütliche Möbel! Egal, man muss sich nicht festlegen. Wie man es gerade sehen will, so ist es.

Das ist auch eines der Prinzipien der Wohnung: größtmögliche Flexibilität. Für viele die reine Horrorvorstellung, für den Künstler Mario Dalpra ein Traum. „Natürlich muss man nicht ununterbrochen alles verändern“, so Dalpra. „Aber vom Konzept her sollte es möglich sein. Dass ich nicht nur einen Sessel umstellen, sondern alles nach Stimmung und Anlass ohne Aufwand anpassen, verschieben kann.“

Wohnen als Kunst

Die Tische und Sofas – übrigens selbst entworfen – haben daher ebenso Rollen wie die Sockel der Kunstwerke. So lässt sich ein Zimmer für ein Fest leicht umstellen, lassen sich die ornamental bemalten Holzskulpturen oder Objekte aus Bronze mit unterschiedlicher Oberfläche je nach Lichteinfall und Laune immer wieder neu stellen, die Bilder umhängen, die Teppiche anders arrangieren. Auch das Schlafgemach kann man sich aussuchen – je nachdem, welches Sofa man zum Bett der Wahl erklärt.
Viel ist es nicht, das Dalpra als wichtig erachtet, doch das Wenige beim Wohnen muss absolut passen – wie die Musik oder das Licht. So bringen etwa Lampen des befreundeten Künstlers Herman Fink charmante Wärme in die Räume, auch wenn sie gerade nicht eingeschaltet sind. Gestaltet aus Fundstücken, wirken sie wie Relikte aus alten Zeiten, mitunter mit modernen Zitaten wie den Füßen einer Duschwanne. Flexibel auch sie.
„Eine Wohnung sollte man eigentlich an einem Tag ausgeräumt haben“, so Dalpra. Wobei das nur das Prinzip wiedergibt, keinesfalls einen Wunsch. Die Galerie- und Arbeitswohnung, zur Verfügung gestellt von einem Sammler, wäre auch leer oder gar renovierungsbedürftig eine angenehme Sache: mittelhoher Altbau, in dem sich durch intarsienbestückte Flügeltüren von Zimmer zu Zimmer wandeln lässt. Gut belüftbar durch Zimmer zur Garten- wie Straßenseite, gut gelegen für Besucher, groß genug für kleine Veranstaltungen. „Als ich in die Wohnung gekommen bin, habe ich mich zuerst einmal hingesetzt und sie auf mich wirken lassen: Ist der Straßenlärm hörbar? Wie fällt das Licht ein? Wie fühle ich mich?“ Was eine Wohnung ausmacht, ist in Worten eben schwer mitzuteilen, die Atmosphäre muss man einfach spüren. „Und die hat gepasst.“ Der Gesamteindruck: fröhlich, edel, licht.

Lager für Lieblingsstücke

Sich einzurichten ist für Dalpra nichts Neues. 1980 von Vorarlberg nach Wien aufgebrochen, ist er in dieser Stadt seither sechs Mal umgesiedelt. Vor allem aber führen ihn nach seinem Studium jahrelange Reisetätigkeiten rund um die Welt: Italien, Marokko, Paris, Berlin, Australien, Indonesien und Indien. 2004 entsteht in Anjuna mit Haus und Atelier ein weiterer Lebensmittelpunkt, 2005 wird Tochter Saira geboren. Heute lebt die Familie in Wien.
„Ich versuche, hier sesshaft zu werden. Es ist ja eine charmante Stadt, groß genug für eine gewisse Anonymität, aber als Künstler auch wie eine große Familie“, so Dalpra. „Schwierig ist, dass man erst international aufblühen muss, um wahrgenommen zu werden.“ Neben Atelier und Galeriewohnung gibt es auch eine Familienwohnung. Und neue Raumideen. „Ein ehemaliger Stall im zweiten Bezirk, unsaniert, eigentlich ein Wahnsinn, das zu gestalten. Aber man wird sehen.“ Die ultimative Herausforderung wäre natürlich ein Schloss – wobei es aber immer um das Gestalten gehe, nicht um das Besitzen. „Das Besitzen-Wollen liegt mir nicht wirklich“, so Dalpra.

Zwar finden im Lauf der Zeit viele schöne Dinge ihren Platz, „man sammelt und sammelt, und das meiste braucht man nicht, und vieles landet im Lager für Lieblingsstücke. Natürlich ist es schön, dann etwas, das einem langweilig geworden sein mag, auszutauschen, und in der Wohnung ins rechte Licht zu rücken.
Ausmisten kann er allerdings „ohne Gnade, ohne Wehmut. Man muss dazu natürlich in der richtigen Stimmung und Verfassung sein. Wenn man dann etwas verschenkt, das man seit Langem nicht mehr benutzt, empfinde ich das durchaus als befreiend“.

Zur Person

Bemalte Skulpturen aus Holz und Bronze, Bilder und Reliefbilder – Mario Dalpra gestaltet Raum und Fläche auf vielerlei Weise. Der in Wien (und Indonesien) lebende Künstler war 1980 nach einer Kochlehre von Vorarlberg nach Wien aufgebrochen und nach abgeschlossenem Studium an der Akademie der bildenden Künste auch in Indien, Brasilien und Italien tätig.
 Tipp: Vom 10. bis 13. März sind seine Skulpturen auf der Art Austria 2016 im Leopold-Museum zu sehen.

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