Stuck, Sims und Sternparkett

Die Nachfrage nach der klassischen Altbauwohnung im Gründerzeithaus ist ungebrochen. Dementsprechend entwickeln sich auch die Preise in den stark gefragten Lagen in Wien.

Ein stilvolles Entree, hohe Räume, Doppelflügeltüren, Parkettböden – das Wohnen im Altbau hat Flair. Dazu kommt in vielen Fällen die gute Lage, befinden sich die Gebäude doch häufig innerhalb des Gürtels. Dementsprechend begehrt sind Altbauwohnungen.
„Die Nachfrage ist ungebrochen“, sagt Richard Buxbaum von Otto Immobilien. Doch nicht nur die bereits erwähnten Eigenschaften schätzen Altbaufans, auch die hohe Bauqualität trägt das Ihre dazu bei. Ziegelmauern von 60 bis 90 Zentimeter Stärke sorgen für durchaus akzeptable Energiekennzahlen und gemeinsam mit alten Kastenfenstern für gutes Raumklima. Dazu kommen hohe statische Sicherheit und einige raffinierte technische Details, etwa bei der Bauweise der Stiegen. „Von der Bauqualität her sind Altbauten nicht reproduzierbar“, so Örag-Vorstand Johannes Endl. „Wenn die jetzigen Neubauten in 100 Jahren auch so dastehen, wäre es schön.“

Wenig Angebot

Allerdings: „Das Angebot ist überschaubar“, sind sich die Experten einig. Dementsprechend tief muss man für sanierten Altbau in die Tasche greifen. „Je nach Lage und Zustand kann man von Quadratmeterpreisen zwischen 5000 und 10.000 Euro ausgehen“, weiß Petra Teufelsdorfer von Colliers International. Im ersten Bezirk seien auch Preise bis zu 25.000 Euro pro Quadratmeter möglich, ergänzt Buxbaum. Letzteres dann, wenn die Immobilie Außergewöhnliches wie die Anbindung an ein Hotel, einen Park oder Garten zu bieten hat.
Ein wenig günstiger sind Altbauten in den Bezirken außerhalb des Gürtels, hier kann man mit Preisen von 3500 bis 8000 Euro kalkulieren, so Buxbaum. Dass Altbauten in der Regel teurer sind als Neubauten, hat auch damit zu tun, dass hier der Flächenbedarf höher sei, sagt Endl. Während im Neubau eine 70 Quadratmeter große Wohnung meist drei Zimmer aufweist, hätte jene im Altbau meist nur zwei. „Die durchschnittliche Zimmergröße im Altbau liegt bei 20 Quadratmetern“, erklärt Teufelsdorfer. Zudem sind in Altbauwohnungen meist die Vorzimmer, oft aber auch Küchen und Bäder größer als in den modernen Bleiben.
Angesichts der Preise ist der Erwerb einer Altbau-Eigentumswohnung für Durchschnittsverdiener bald ein Ding der Unmöglichkeit, warnt Endl. Und auch der Kauf einer unsanierten Altbauwohnung mit dem Ziel, sie in Eigenregie herzurichten, ist kaum mehr eine Alternative. Denn die Zahl der Substandardwohnungen ist mittlerweile verschwindend gering: Gab es 1971 nach Angaben der Stadt Wien mehr als 270.000 Wohnungen, die kein WC und/oder Wasser im Wohnungsverbund hatten, sind es aktuell nur noch rund 11.000 – etwa ein Prozent des gesamten Bestandes. Hinzu kommt, dass diese Wohnungen in der Regel unbefristet vermietet sind und auch dafür mittlerweile Quadratmeterpreise von 2000 bis 3000 Euro verlangt werden. „Das ist für Anleger uninteressant, da gibt es keine Rechnung mehr“, so Teufelsdorfer.

Verzicht auf Lift

Für die Realisierung ihres Wohntraums akzeptieren Käufer und Mieter durchaus Einschränkungen – etwa in Hinblick auf Barrierefreiheit. „Nicht in jedem Haus kann ein Lift eingebaut werden“, weiß Endl. Feuchte Keller sowie das Fehlen von Fahrrad- und Kinderwagenabstellräumen sind bei Gründerzeithäusern manchmal ein Manko. Und Garagen sucht man in vielen Häusern vergeblich. Das sei zwar im Verkauf nach wie vor ein Thema, so Teufelsdorfer. Allerdings nehme die Zahl jener, die kein Auto besitzen und daher keine Garage brauchen würden, laufend zu. Ebenfalls kein Ausschlusskriterium ist für Freunde von Stuck und Raumhöhen von 3,50 Metern und darüber das Fehlen von Balkonen. „Für die Atmosphäre verzichten Käufer gern darauf“, heißt es unisono. Wobei: Wo immer es möglich ist, werden Balkone bei der Sanierung ergänzt.
Gekauft werden die Wohnungen übrigens meist für den Eigenbedarf. „Altbauwohnungen sind nicht für die Vermietung optimiert“, sagt Buxbaum. Sie unterliegen in der Regel der Vollanwendung des Mietrechtsgesetzes, das heißt, es darf nur die Richtwertmiete samt Zu- und Abschlägen verlangt werden. Buxbaum: „Somit ist die Rendite bescheiden, wenn man die Wohnung zum Marktpreis gekauft hat.“
Dennoch sind mehr Miet- als Eigentumswohnungen auf dem Markt. „In vielen Häusern, die etwa Banken, Kirchen oder Versicherungen gehören, werden die Wohnungen nur vermietet“, so der Otto-Wohnimmobilien-Chef.

Was relevant ist bei einer . . .

Altbauwohnung

Fakt 1

Definition. Ein Altbau gilt als solcher, wenn die Baubewilligung bei einem
Mietwohnungshaus vor dem
1. Juli 1953 beziehungsweise bei einer Eigentumswohnung vor dem 8. Mai 1945 erteilt wurde. Wobei landläufig unter dem Begriff Altbau die zwischen 1848
bis 1918 im Stil des Historismus errichteten Gebäude subsumiert werden.

Fakt 2

Vermietung. Sowohl Wohnungen als auch Geschäftsräume im Altbau fallen in den Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes. Der Vermieter kann zum Richtwert diverse Zu- und Abschläge festsetzen, in Gründerzeitvierteln ist der Lagezuschlag aber verboten bzw. strittig (siehe Seite I 14). Ist die Wohnung größer als 130 m2, darf er einen angemessenen Mietzins verrechnen.

Fakt 3

Denkmalschutz. Steht ein Altbau
unter Denkmalschutz, darf in der Regel an der Außenhaut des Gebäudes nichts verändert werden, im Inneren ist der Gestaltungsspielraum allerdings größer. Auf alle Fälle müssen die geplanten
Maßnahmen mit dem Denkmalamt abgestimmt werden. Ob Denkmalschutz für das Objekt vorliegt, ist im Grundbuch ersichtlich.

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