Die Nobelvillen unter den alpinen Quartieren

Chalets international. Von hohen Sichtdachstühlen, Tiefgaragen und verdrehten Welten.

Die Welt der Chalets wurde in der jüngeren Vergangenheit gleich mehrfach auf den Kopf gestellt. Zum ersten Mal mit dem Einsetzen des Jetsets Mitte des vergangenen Jahrhunderts, als aus den einstigen Sennerhütten plötzlich luxuriöse Winterquartiere für die Schönen und Reichen in den alpinen Hotspots Österreichs, der Schweiz, Frankreichs und Norditaliens wurden, beheizte Auffahrten und Wellnesstempel inklusive. Und dann noch einmal spätestens mit Beginn des dritten Jahrtausends, als der Trend zu den Chalets in den kanadischen Bergen dafür sorgte, dass immer häufiger, vorzugsweise in Hanglagen, das Ober- gegen das Untergeschoß vertauscht wurde.

Denn dieses Design sieht bei aller Liebe zu viel Holz, Behaglichkeit und offenen Feuerstellen eben auch einen hohen, offenen Sichtdachstuhl vor, der an mindestens einer Seite möglichst komplett verglast ist. Und damit die einst natürliche Ordnung der Dinge verdreht: Gewohnt wird jetzt oben; und dort, wo einst das Erdgeschoß die Wohnräume beherbergte, wird geparkt. Mit großem Budget ist die Auswahl naturgemäß nahezu unbegrenzt, und Luxus in Holz gibt es zwischen Südtirol und den Rocky Mountains in allen Spielarten.

Klassiker in Südtirol

Ein ganz klassisches Chalet in traditioneller Bauweise steht beispielsweise derzeit in St. Martin in Thurn im italienischen Gadertal zum Verkauf. Gebaut aus Lärchenholz und einem Sockel aus Dolomitgestein, in dem sich neben zwei separat zugänglichen Ein-Zimmer-Wohnungen ein Weinkeller samt Eisentor und die Speis befinden, und außerdem ein Wellnessbereich.

Gewohnt wird im zweiten der insgesamt drei Stockwerke, in dem sich ein Wohnzimmer mit Kamin und eine Wohnküche mit großem Esstisch befindet. Die drei Schlafräume liegen im obersten Stockwerk, dort sorgt auch das Jacuzzi-Bad für Entspannung. Insgesamt 355 Quadratmeter beträgt die Wohnfläche des im Jahr 2000 gebauten Hauses, dominiert wird sie von chemisch unbehandeltem Holz. Unterbrochen wird das Holz an Decken, Wänden, Böden und jeder Menge Balken lediglich durch vereinzelte Natursteinakzente an den Wänden, wobei die klaren Linien und schlichten Möbel dafür sorgen, dass der Betrachter nicht von der hölzernen Pracht erschlagen wird. Prächtige Ausblicke gibt es dafür von der umlaufenden Terrasse, vom darüberliegenden Balkon und durch die deckenhohen Fenster. Noble Garagenplätze sucht man dagegen vergebens, geparkt wird auf den vier grundeigenen Stellplätzen. Zu haben ist das auf 1127 Metern Seehöhe liegende Chalet um 1,3 Millionen Euro, vermittelt wird es über Engel und Völkers Südtirol.

Französisches Tiefstapeln

Keine Kosten und Mühen gescheut hat man dagegen bei den Parkmöglichkeiten für ein Chalet im französischen Nobelskiort Megève: Die aus zwei Häusern bestehende Liegenschaft wird durch eine unterirdische Tiefgarage verbunden, in der sieben Autos ein standesgemäßes, schneefreies Quartier finden. Aber auch beim Komfort für die Besitzer wurde an nichts gespart: So gehören zu der Holzunterkunft der mondäneren Art unter anderem ein Privatkino, eine Bar und ein Fitnessstudio, und auch sonst wird hier unbeengt gewohnt. Insgesamt 610 Quadratmeter verteilen sich auf neun Zimmer, zwei Empfangsräume und acht Bäder. Im Hauptchalet befinden sich nach neuer Bauart die vier Schlafzimmer im Erdgeschoß, während der Wohn-Ess-Kochbereich samt Kamin und Homeoffice-Bereich im oberen Stockwerk Panoramablicke auf die umliegende Berglandschaft freigibt. Im zweiten Gebäude sorgen neben vier weiteren Schlafzimmern ein großzügiger Indoor-Pool mit Ruhebereich, Sauna und dem Fitnessraum für Entspannung und die Unterbringung von Gästen, ohne die Privatsphäre zu beeinträchtigen. Zu haben ist das neu errichtete Ensemble im modern-alpinen Design um 10,5 Millionen Euro, vermittelt wird es über Knight Frank, in Österreich vertreten durch Otto Immobilien.

Schweizer Schlafsaal

In einem Schweizer Chalet, das derzeit in Villars-Gryo zum Verkauf steht, wird der Luxus des Erdgeschoßes mit einer Besonderheit gekrönt, die Erinnerungen an die Kindheit weckt und in High-End-Anwesen schon fast vergessen schien: Hier gibt es nämlich einen großen Raum unter dem Giebel, der als loftartiger Schlafsaal für die Kinder ausgebaut ist. Was nicht heißt, dass es sonst einfach zugeht: Für die Erwachsenen gibt es auf den 300 Quadratmetern Wohnfläche fünf weitere Schlafzimmer und drei Bäder, einen großen Wohnbereich samt Kamin sowie einen Fitnessbereich und einen Game Room. Und durch die großen Fensterflächen des Wohnzimmers schweift der Blick nicht nur über das Alpenpanorama, sondern auch über einen stylischen Pool und das dazugehörige Jacuzzi. Angeboten wird das Haus über Christie's International Real Estate, Preis auf Anfrage.

Size Matters

Wie der ganz große Luxus im Chalet-Stil aussieht, zeigt derzeit ein Anwesen in Vail, dem Nobelskiort in den US-amerikanischen Rocky Mountains. Dort gibt es um knappe 20 Mio. Dollar (rund 18,5 Millionen Euro) neben 1000 Quadratmetern Wohnfläche im edelsten Ambiente auch noch Auslauf und Stallungen für die Pferde, separate Gäste- und Personalunterkünfte, ein Heimkino, einen Billardraum und einen Weinkeller der beeindruckenderen Art, um nur einige Annehmlichkeiten zu nennen. Das wirklich spektakuläre an dem 1993 erbauten Haus sind aber die hohen Räume mit ihren endlosen Fensterfronten und einem für amerikanische Chalet-Verhältnisse ruhigen, edel-schlichten Einrichtungsstil. Hier wurde nicht nach dem Motto „Dezenz ist Schwäche“ möbliert, sondern in ruhigen Farben mit viel, aber nicht zu viel Holz und Stein, was die eigentliche Schönheit des Anwesens zur Geltung bringt.

Denn das ist die Natur drumherum, der hier nicht die Schau gestohlen wird. Die Bäume auf dem Grundstück reichen bis direkt an das Haus und den Außenpool samt Jacuzzi heran, was im Winter ein Bad direkt neben schneebedeckten Tannenzweigen möglich macht. Vermittelt wird das Anwesen mit neuen Schlafzimmern und Bädern über Sotheby's International Real Estate. (sma)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.11.2016)

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