Die Enteignung der Sparer hat begonnen

Enteignung Sparer begonnen
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Die traditionellen, relativ risikoarmen Geldanlagen der Österreicher sind Vermögensvernichtungsinstrumente geworden. "Die Presse" steuert mit Tipps dagegen.

Wien/Ju. Um 30 Prozent sind die Aktienkurse im Vorjahr in Österreich und Deutschland gestiegen. Die meisten Landsleute haben aber nichts davon: Nur 13 Prozent der Österreicher haben Teile ihres Vermögens in Aktien oder Fonds investiert. Der Großteil der Spargroschen liegt auf Sparbüchern – und wird dort schnell kleiner. Denn die Enteignung der Sparer durch negative Realzinsen hat längst begonnen. Und sie wird sich heuer und in den kommenden Jahren fortsetzen.

3,75 Prozent Zinsen müsste eine Geldanlage bei der zuletzt registrierten Inflationsrate von 2,8 Prozent bringen, um nach Abzug der Kapitalertragsteuer das angelegte Vermögen real zu erhalten. Erst darüber beginnt die echte Verzinsung. Wahrscheinlich liegt die Grenze noch deutlich höher, denn die offizielle Inflationsrate gibt die Preissteigerungen, denen Konsumenten ausgesetzt sind, nur unvollkommen wieder.

3,75 Prozent ist aber ein Wert, der mit traditionellen Anlageformen schon lange nicht mehr erreichbar ist. Täglich fällige Spareinlagen werden gerade noch mit 0,05 bis 1,5 Prozent verzinst. Selbst wer sein Geld auf dem Sparbuch fünf Jahre lang bindet, bekommt dafür nur mickrige 0,5 bis 2,5 Prozent. Auch die Rendite für zehnjährige österreichische Bundesanleihen ist unter zwei Prozent gefallen, mit weiter sinkender Tendenz.

Blanke Vermögensvernichtung

Verluste, wohin man blickt. Denn selbstverständlich lässt sich auch mit Lebensversicherungen, die großflächig in Staatsanleihen investieren, nichts mehr verdienen. Kurz gesagt: Die traditionellen, relativ risikoarmen Geldanlagen der Österreicher sind Vermögensvernichtungsinstrumente geworden.

"Finanzielle Repression“ nennen Fachleute diese Form der kalten Enteignung – und sie ist politisch durchaus gewollt. Die Staatsschulden sind nämlich in allen wichtigen Industrieregionen – Europa, USA, Japan – außer Kontrolle geraten und haben einen Stand erreicht, der sich durch bloße Einsparungen nicht mehr ausreichend korrigieren lässt.

Schulden müssen gesenkt werden

Alle Maßnahmen, die zu einer deutlichen Staatsschuldenreduzierung in überschaubarer Zeit taugen, haben brachialen Charakter. Sie werden aber unterschiedlich wahrgenommen. Am schnellsten ginge es durch eine direkte Enteignung von Vermögenden. Die renommierte Boston Consulting Group hat dazu im Vorjahr den Vorschlag gemacht, auf alle Geldvermögen jenseits von 100.000 Euro eine 25-prozentige Zwangsabgabe zu verfügen – und diese zur Tilgung von Staatsschulden heranzuziehen. Das würde aber wohl erhebliche Widerstände in der Bevölkerung auslösen.

Einfacher ist es schon, die Inflation eine Zeit lang galoppieren zu lassen. Das hat denselben Effekt wie eine Zwangsabgabe, weil es auf der einen Seite Vermögen und auf der anderen Schulden entwertet und damit real abbaut. Inflation, einmal von der Leine gelassen, ist aber schwer zu beherrschen und kann in zerstörerischer Hyperinflation enden.

Eine dritte Methode ist, Zinsen über längere Zeit künstlich unter die (moderate) Inflationsrate zu drücken. Das ist der Weg, für den sich offenbar die USA und die EU entschieden haben. Er ist der "sanfteste" Weg, Schulden zu entwerten, weil ihn die Menschen nicht gleich bemerken.

Die "Welt am Sonntag" hat das kürzlich so formuliert: "Die Sparer geben Jahr für Jahr ein Stück von ihrem Wohlstand ab. Sie akzeptieren eine solche Enteignung nicht nur, sie sind auch noch zufrieden damit." Denn nominell steigt das Geldvermögen ja weiter, man bekommt nur weniger dafür. Das ist eine Situation, auf die wir uns für längere Zeit einstellen müssen. Die Eurozinsen werden heuer nämlich wohl eher fallen als steigen. Jeder, der ein wenig zur Seite legen kann, ist davon betroffen – und gerät in eine Art "Veranlagungsnotstand": Es wird immer schwieriger, Anlageinstrumente zu finden, die das Vermögen erhalten.

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.01.2013)


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