Jeder Zweite fürchtet um das Ersparte

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In Deutschland glauben 59 Prozent nicht mehr an die Sicherheit der Spareinlagen. In Österreich würde eine Befragung ein ähnliches Ergebnis bringen, sagen Experten.

Wien/Höll. Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) erklärte am Freitag erneut, dass in Österreich Spareinlagen bis zu 100.000 Euro abgesichert seien. Sie fügte allerdings hinzu, dass „die Sparer dann geschützt sind, wenn der Staat auf soliden Beinen steht“.

Doch immer weniger Menschen vertrauen den Zusicherungen der Politiker. Laut einer vom „Handelsblatt“ in Auftrag gegebenen Umfrage glauben in Deutschland 59 Prozent nicht mehr daran, dass ihre Spareinlagen sicher sind. Besonders groß ist die Verunsicherung bei den 18- bis 29-Jährigen. Zudem sind 75 Prozent der Deutschen der Ansicht, dass die Banken die Spareinlagen ihrer Kunden nicht angemessen verzinsen.

In Österreich würde eine Umfrage nicht viel andere Ergebnisse bringen. „Die Grundtendenz ist ähnlich wie in Deutschland“, sagt Christina Praßdorf vom Meinungsforschungsinstitut GfK in Wien.

Nach der Rettung von Zypern steigt in ganz Europa die Angst, dass die Staaten im Krisenfall auch auf die Guthaben der Sparer zugreifen. In Zypern wurde bei Einlagen von mehr als 100.000 Euro eine Sonderabgabe von bis zu 60 Prozent eingeführt.

Streit um Sparerselbstbehalt

Auch in Österreich teilen immer mehr Sparer ihr Vermögen auf mehrere Institute auf. Die heimischen Banken verwalten Spareinlagen von 156 Milliarden Euro. Davon ist bereits der Großteil, nämlich 126,3 Milliarden Euro, durch die Einlagensicherung abgedeckt (siehe Grafik). Auf keinem dieser Konten oder Sparbücher liegt mehr als 100.000 Euro. Doch im Ernstfall kann der Staat unmöglich für 126 Milliarden geradestehen.

Für zusätzliche Verunsicherung sorgen Forderungen nach einem Sparerselbstbehalt. Vorgeschlagen hat dies zunächst Oberbank-Boss Franz Gasselsberger. Nach Protesten ruderte er zurück. Doch der Chef der Sparkasse Oberösterreich, Markus Limberger, lässt nicht locker. Er hält einen europaweiten Selbstbehalt auch für Guthaben unter 100.000 Euro für denkbar. Limberger ist ein Vertrauter von Erste-Bank-Chef Andreas Treichl, der schon in der Vergangenheit mit der gleichen Forderung aufhorchen ließ. Es sei, so Limberger, nicht in Ordnung, dass ausländische und bonitätsschwache Banken mit überdurchschnittlich hohe Zinsen werben und ihre Einlagen bis zu 100.000 Euro als sicher darstellen können.

Schlittere seine solche Bank in die Insolvenz, müsse der Staat über die Einlagensicherung für den Schaden aufkommen. Hier könnte ein Selbstbehalt von etwa fünf Prozent ab einer Einlage von 20.000 Euro abschreckend wirken. Sparer sollten künftig mehr darauf achten, welcher Bank sie ihr Geld anvertrauen.

Arbeiterkammer, Gewerkschaften und die Opposition sind über diesen Vorstoß empört. Die Regierung will die Debatte darüber möglichst rasch beenden. Auch die ÖVP, deren Vertreter lange Zeit für einen Selbstbehalt gewesen sind, steigt auf die Bremse. ÖVP-Finanzsprecher Günter Stummvoll hält die Diskussion zum derzeitigen Zeitpunkt für nicht sinnvoll, sonst nehme die Verunsicherung der Sparer noch mehr zu.

Auf einen Blick

Nach der Zypern-Rettung steigt die Nervosität bei den Sparern. Viele Anleger beginnen, ihre Guthaben von über 100.000 Euro auf mehrere Institute aufzuteilen. In Deutschland und in Österreich glaubt die Mehrheit nicht mehr den Erklärungen der Politiker, dass Spareinlagen sicher sind.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.04.2013)

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