Sparern schlägt kalter Wind entgegen

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Die Marktzinsen steigen zwar seit Wochen an. Einige Banken haben die Zinsen für ihre Sparprodukte dennoch gesenkt. Schlecht für die Sparer.

Wien. Die gute Nachricht für die Sparer: Die Marktzinsen sind in den vergangenen Wochen und Monaten gestiegen. Zwar von einem sehr niedrigen Niveau aus (im Jahr 2013 waren sie auf historische Tiefs gefallen), aber sie steigen. Ein Beispiel: Der Euribor 3 Monate, an dem sich viele Spar- und Kreditzinsen orientieren, steht mittlerweile bei knapp 0,34 Prozent. Vor einem Jahr betrug sein Niveau noch 0,2 Prozent. Bei den Euribor-Zinssätzen handelt es sich um jene Zinssätze, zu denen die Banken einander Geld leihen.

Die schlechte Nachricht für die Sparer: Die steigenden Marktzinsen bewirken noch keine sichtbaren Zinssteigerungen bei den Sparprodukten. Da halten sich die Banken noch vornehm zurück. Die Bawag etwa hat den Zinssatz für ihr einjähriges Sparbuch reduziert. Sie bietet ihren Sparern nicht mehr 0,25 Prozent pro Jahr, sondern nur noch 0,2 Prozent.

Wenn der Sparer 3000 Euro auf das Bawag-Sparbuch legt, bekommt er nach einem Jahr ganze 4,5 Euro an Zinsen (nach Abzug der Kapitalertragssteuer) zugeschrieben. Also praktisch nichts. Die Inflation wird dann auch noch einmal rund 57 Euro wegradieren. Unterm Strich bleibt ein Minus von fast 53 Euro, oder anders formuliert: Der reale (also preisbereinigte) Verlust mit dem Bawag-Sparbuch liegt bereits nach einem Jahr bei fast zwei Prozent.

Bei den einjährigen Sparbüchern bieten die Direktbanken die attraktivsten Angebote. Wenngleich man mit dem einjährigen Zinssatz von 1,625 Prozent bei der Vakifbank auch die Inflation kaum abdecken kann. Nach Abzug der Steuer bleiben dem Sparer noch 1,22 Prozent übrig. So niedrig wird nicht einmal die „offizielle“ Inflationsrate in Österreich liegen. Aber immerhin läge hier der reale Verlust deutlich niedriger als bei den meisten Filialbanken.

Niedrigere Anleihezinsen

Aber nicht nur beim Sparbuch herrscht Zinsflaute. Auch bei anderen Zinsprodukten fällt für die Anleger wenig ab, auch wenn das auf den ersten Blick nicht sofort sichtbar ist. Zum Beispiel bei der neuen Zinsstufen-Anleihe der Erste Bank. Die Anleihe heißt „Erste Group Zinssstufe III 2014-2020“ (ISIN: AT0000A17AP7) und läuft über sechs Jahre. Verlockend wird das Produkt, weil sich der Zinskupon jährlich erhöht. Im Einstiegsjahr erhält der Anleihe-Anleger einen Kupon von einem Prozent, im zweiten Jahr 1,125 Prozent, dann 1,25 Prozent, 1,375 Prozent, 1,5 Prozent, und im sechsten und letzten Jahr gibt es zwei Prozent.

Wie gesagt, auf den ersten Blick schaut das ganz passabel aus: jährlich steigende Zinsen in Zeiten der Zinsmisere. Aber: Auch hier muss der Anleger von den jährlichen Zinskupons die Steuer abziehen. Außerdem zieht die Bank natürlich jährlich Depotgebühren ab. Ein Szenario: Der Kunde steckt 5000 Euro in diese Erste-Anleihe. Wenn er nur diese Anleihen bei der Erste Bank hat, fallen für ihn Depotgebühren von jährlich 18,5 Euro an.

Auch die Inflation schlägt zu

Das würde die Rendite schon deutlich drücken. Wenn er die Anleihe die gesamten sechs Jahre behält, erzielt er einen Ertrag von rund 0,7 Prozent jährlich. Damit wird er die Inflation nicht abdecken können, bei Weitem nicht. Wenn die durchschnittliche Inflation in Österreich jährlich bei zwei Prozent liegt, häuft der Anleger in den sechs Jahren einen Verlust von fast acht Prozent an.

Interessant ist in diesem Fall aber noch ein anderes Detail: Im Sommer 2013 hat die Erste Bank eine ähnliche Zinsstufen-Anleihe herausgegeben (ISIN: AT000B119656). Damals lagen die Marktzinsen noch niedriger als heute, der Euribor 3 Monate etwa notierte bei 0,23 Prozent (heute: 0,34 Prozent).

Trotzdem waren die Konditionen bei der damaligen Anleihe besser als beim aktuellen Angebot. Die Laufzeit betrug fünf Jahre – und es gab bessere Zinskupons: Im ersten Jahr gab es 1,2 Prozent, im zweiten 1,3 Prozent, dann gibt es 1,5 Prozent, 1,8 Prozent, und für das fünfte und letzte Jahr erhalten die Anleger 2,1 Prozent. Die jährliche Rendite liegt bei rund 0,8 Prozent nach Kosten und Steuern (sofern der Kunde das Papier bis zum Ende der Laufzeit im Jahr 2018 behält).

Fazit: Die Erste Bank hat in Zeiten steigender Marktzinsen die Zinskupons ihrer Zins-Anleihen reduziert.

In Österreich ist es ohnehin ein bekanntes Phänomen, dass die Banken ihre Zinspolitik deutlich zu Lasten der Bankkunden auslegen. Also dass sie, vereinfacht gesagt, lieber weniger Sparzinsen zahlen und viel lieber bei den Kreditzinsen hinlangen.

Das verdeutlichen auch die Zinsdaten der heimischen Nationalbank (OeNB). Dort werden die Zinssätze der heimischen Kreditinstitute gespeichert. Dabei kann man eine interessante Zinsentwicklung erkennen: 2013 haben die Banken für einjährige Einlagen (Neugeschäft) durchschnittlich einen Sparzins von 0,68 Prozent bezahlt. Im vergangenen Februar lag der Wert bei 0,56 Prozent (die Februar-Daten sind die aktuellsten der Nationalbank, Anm.).

Zinsen für Konsumkredite steigen

Das bedeutet: Die Institute haben die einjährigen Sparzinsen im Vergleich zum Vorjahr um fast 18 Prozent gestutzt. Im gleichen Zeitraum dagegen haben sie die Zinsen für einjährige Konsumkredite um zwei Prozent erhöht. Die Zinsschere ist seit Jahresbeginn wieder einmal aufgegangen – zu Ungunsten der Bankkunden. (ker)

AUF EINEN BLICK

Wenn die Marktzinsen steigen, gibt es auch höhere Zinsen für Sparprodukte, umgekehrt müssen Kreditnehmer tiefer in die Tasche greifen. Doch steigen die Spar- und Kreditzinsen nicht eins zu eins mit den Marktzinsen mit– und auch nicht immer im gleichen Tempo. Im Vorjahr waren die Marktzinsen teilweise auf historisch tiefe Niveaus gefallen. Inzwischen ziehen sie wieder leicht an (sind aber noch immer sehr niedrig). Viele Sparer bekommen davon noch nichts zu spüren, einige Kreditnehmer aber schon. An einem hat sich in den vergangenen Jahren wenig geändert: Die Realzinsen (Zinsen nach Abzug der Inflation) für Sparer sind häufig negativ, obwohl auch die Inflation in der Eurozone derzeit unter ihrem historischen Schnitt liegt. Mit Sparbüchern verbrennt man also Geld. Um die Notreserve zu parken, sind sie dennoch eines der bestgeeigneten Produkte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.05.2014)


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