Die Misere der Kleinanleger

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Privatanleger sitzen in einer Dreifachfalle, die aus niedrigen Zinsen, Aktienkursverlusten und relativ hoher Inflation konstruiert ist. Einen Ausweg bieten auch alternative Zinsprodukte kaum.

Wien. Keine Frage, es hat schon einfachere Jahre für Anleger und Sparer gegeben, viel einfachere. Derzeit prasseln viele Unannehmlichkeiten auf das sparende Volk nieder – und alle zur selben Zeit. Spitz formuliert könnte man sagen, die Privatanleger sitzen in einer Dreifachfalle.

• Für risikolose, kursunabhängige Zinsprodukte gibt es schlicht keine Zinsen. Für ein Tagesgeldkonto gibt es bei den heimischen Normalbanken derzeit gerade einmal 0,125 Prozent – vor Abzug der Kapitalertragsteuer (obwohl die bei einem so niedrigen Zins mittlerweile auch fast null ist). Für ein Sparbuch mit einjähriger Bindung gibt es nicht viel mehr, zumindest bei den renommierten Banken wie Raiffeisen (0,25 Prozent p. a.) oder Erste Bank (0,2 Prozent p. a.). Reale Verluste nach einem Jahr sind da schon garantiert.

• Reale Verluste gibt es deswegen, weil der Sparer die Inflation von den Sparzinsen ja auch noch abziehen muss. Und hierzulande ist die Teuerungsrate gar nicht so gering – zumindest nicht im europäischen Vergleich. Im September etwa machte die Teuerung gegenüber dem Vergleichsmonat des Vorjahres 1,6 Prozent aus. In der Eurozone lag die (jährliche) Inflationsrate im September bei 0,3 Prozent – es ist die niedrigste jährliche Inflationsrate seit Oktober 2009.

Wenn jedoch die jährliche Inflationsrate in Österreich bei 1,6 bis 1,7 Prozent liegt, erleidet man als Sparer mit einem einjährigen Sparbuch einen Verlust von knapp 1,5 Prozent.

• Nun könnten die Anleger auf Aktien ausweichen. Das Problem: Aktieninvestments boten den Anlegern in diesem Jahr auch nicht unbedingt einen Ausweg aus dem Zinsdilemma. Gemessen an – für heimische Anleger wichtigen – Aktienindizes steht seit Jahresbeginn ein großes Minus auf den Aktienmärkten zu Buche. Der Wiener Leitindex ATX verlor seit Anfang Jänner rund 20 Prozent an Wert, der deutsche Leitindex DAX fünf Prozent.

Alternative Zinsprodukte

Die Banken sind trotz Niedrigzinsen bemüht, Anlegergelder einzusammeln, und bieten daher alternative Zinsprodukte an, die auf den ersten Blick höhere Zinsen versprechen. Bringen sie dem Anleger auch in der Praxis höhere Nettoerträge? Ein Beispiel: Die Erste Bank bietet derzeit eine Anleihe mit siebenjähriger Laufzeit an, den sogenannten Herbstfloater (ISIN: AT0000A1A3L4). Die Verzinsung ist an den Drei-Monats-Euribor gebunden, es gibt allerdings eine Mindestverzinsung von 0,9 Prozent p. a. Diese ist in Zeiten wie diesen auch wichtig, denn der Euribor notiert derzeit bei 0,08 Prozent.

So schnell wird der Euribor aus dem aktuell tiefen Niveau nicht herauskommen, vor allem, nachdem auch die Europäische Zentralbank betont hat, die Zinsen noch länger tief zu halten. Ein Szenario: Der Euribor bleibt in den nächsten drei Jahren unter 0,9 Prozent. Danach steigt er für die restliche Laufzeit von vier Jahren kontinuierlich bis 1,8 Prozent an, da sich die Wirtschaft in der Eurozone erholt.

Welchen Ertrag erzielt nun der Anleger in den sieben Jahren, wenn er heute 5000 Euro investiert? Unterm Strich würde er eine jährliche Rendite von 0,6 Prozent erzielen. Davon sind die Steuer und die Kosten schon abgezogen. Und es wurde angenommen, dass er die vierteljährlichen Kupons auf einem Sparbuch wiederveranlagt.

Die 0,6 Prozent sind freilich noch nicht der tatsächliche Realertrag. Zieht der Anleger eine durchschnittliche jährliche Inflationsrate von 1,8 Prozent für die nächsten sieben Jahre ab, häuft er einen Verlust von rund acht Prozent an.

Zum Vergleich: Mit einem jeweils jährlichen Sparbuch einer Direktbank würde der Anleger nach sieben Jahren wohl besser aussteigen. Und zwar dann, wenn Anbieter wie die Denizbank oder Vakifbank auch in Zukunft einen deutlich höheren Zinssatz bieten können als die Filialbanken. Die Denizbank bietet derzeit für eine einjährige Bindung einen Zinssatz von 1,5 Prozent p. a. Nach Abzug der Steuer bleibt ein Zins von 1,125 Prozent übrig. Nicht viel, aber mehr als 0,6 Prozent. (ker)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.10.2014)

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