Mehr Geld – aber weniger Kaufkraft

Die Presse (Clemens Fabry)
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Die Österreicher haben fast sechs Milliarden Euro von langfristigen Sparbüchern abgezogen – dies, obwohl die Sparquote wieder steigt.

Wien. Die positive Entwicklung ist winzig klein, ja fast schon mikroskopisch. Aber angesichts der angespannten Lage in heimischen Geldbörsen und der noch nicht einmal mit der Lupe erkennbaren Zinsen ist das dennoch eine kleine Sensation: Die Österreicher und Österreicherinnen haben im vergangenen Jahr ein bisschen mehr ihres Einkommens beiseitegelegt als noch 2013.
Konkret: Die Sparquote stieg um 0,2 Prozentpunkte – von 7,3 auf 7,5 Prozent. Das ist insofern positiv, als dass die Nationalbank noch im Dezember eine weiterhin sinkende Sparquote prognostiziert hat – und erst heuer mit einer Verbesserung auf 7,1 Prozent gerechnet hat. Aber die Sparquote misst nur den Anteil des beiseitegelegten Einkommens, nicht etwa die gesamte zu Sparzwecken veranlagte Summe. Diese ist nämlich gesunken.

Die realen Einkommen sinken

Die Österreicher zogen fast sechs Milliarden Euro von langfristig gebundenen Sparbüchern ab – was die minimal gestiegene Sparquote genauso relativiert wie der Vergleich mit besseren Jahren. Denn 2008 legten die heimischen Haushalte noch fast zwölf Prozent ihres inflationsbereinigten Einkommens beiseite – und noch ist der langfristige Trend einer fallenden Sparquote wohl noch nicht gestoppt. Denn das Umfeld ist für Sparer weiterhin ziemlich suboptimal. Laut Nationalbank sind die „real verfügbaren Einkommen“, also die Haushaltseinkommen nach Abzug der Teuerung, in den Jahren 2009 bis 2011 gesunken.

2012 gab es Erholung – und 2013 ging es wieder bergab. Noch deutlicher wird die Gesamtlage, wenn man sich die Entwicklung der inflationsbereinigten Löhne ansieht. Laut Wifo sinken die Reallöhne seit mindestens fünf Jahren – und sie werden auch 2015 und 2016 noch sinken, so die Experten. Was das bedeutet? Die Österreicher und Österreicherinnen verlieren laufend an Kaufkraft – deswegen haben sie in den vergangenen Jahren vermehrt ins Sparschwein gegriffen. Flapsig könnte man formulieren: Den Österreichern geht das Geld aus.
Aber das stimmt so nicht. Geld ist genug da. Nominell hat das Geldvermögen, so aktuelle Daten der Nationalbank, sogar zugelegt: Um 15 Milliarden Euro auf insgesamt 572,4 Milliarden Euro. Nur steigen Preise, Steuern, Gebühren und Abgaben – also die Lebenshaltungskosten – eben auch.

Kaum Zinsen auf dem Sparbuch

Konkret haben die Österreicher im vergangenen Jahr 9,7 Milliarden „erwirtschaftet“ und sind dank steigender Aktienmärkte um 5,4 Milliarden „reicher“ geworden.
Zwar machen die Sparbücher mit insgesamt rund 126 Milliarden immer noch 22 Prozent des gesamten Geldvermögens aus. Aber die Zinsdifferenz zwischen Konto und (gebundenem) Sparbuch beträgt nur noch 0,15 Prozent. Das erklärt auch, warum das langfristig auf Sparbüchern gebunkerte Geld um 5,8 Milliarden gesunken ist. Entspannung gab es an der Kreditfront. Die privaten Schulden sind 2014 nur minimal gestiegen: um 0,9 Prozent auf 166,4 Milliarden Euro.

Auf einen Blick

Auf einen Blick

Das Gesamtvermögen der Österreicher und Österreicherinnen ist 2014 um 2,7 Prozent auf insgesamt 572 Mrd. Euro gestiegen. Gleichzeitig ist auch die Sparquote minimal gewachsen: von 7,3 auf 7,5 Prozent. Die Sparquote misst aber nur, wie viel des inflationsbereinigten Einkommens beiseitegelegt wird. Das Sparbuch an sich verliert an Attraktivität, denn die realen Einkommen sinken, und die Österreicher haben ca. sechs Mrd. von langfristigen Sparbüchern auf kurzfristige Bücher und auf Konten überwiesen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.04.2015)

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