Sparbuch: Niedrigzinsen ließen 24 Milliarden Euro verpuffen

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Trotz extrem niedriger Erträge bleibt das Sparbuch die beliebteste Anlageform der Österreicher. Ein Viertel der Bevölkerung hält daran fest oder lässt das Geld überhaupt auf dem Konto.

Wien. Manche Menschen sind unverbesserlich, um nicht zu sagen, sie haben einen leichten Hang zum Masochismus. Was besonders verwunderlich ist, wenn es um das eigene Geld geht. Anders ist nicht zu erklären, dass des Österreichers Lieblingsbuch immer noch das Sparbuch ist, obwohl die anhaltend niedrigen Zinsen nur Erträge in homöopathischen Dosen bringen und diese von der – wieder niedrigeren – Inflation und der KESt noch weggefressen werden.

Für 77 Prozent der vom Marktforschungsinstitut IMAS für die jüngste Studie der Erste Group zum Sparverhalten der Österreicher Befragten ist das Sparbuch immer noch die beliebteste Sparform. Vor fünf Jahren waren es noch 83 Prozent. Gleich dahinter folgt mit dem Bausparen mit 65 Prozent eine ebenso konservative Sparform.

Es ist nicht gerade wenig, was sich durch die Niedrigzinsen zumindest am Papier in Luft aufgelöst hat: Zwischen 2010 und 2014 haben die Österreicher bei der Verzinsung ihrer Spareinlagen gegenüber dem Fünfjahreszeitraum vor der Finanzkrise (2005–2009) rund 24 Mrd. Euro an Zinsen verloren, rechnet die Erste Group vor.

Wer vor fünf Jahren 1000 Euro auf das Sparbuch gelegt hat, bekommt heute dafür nur 1025 Euro, nur wenig mehr, nämlich 1099 Euro sind es, wenn das Geld seit zehn Jahren auf dem Sparbuch liegt. Mit einer österreichischen Staatsanleihe hätte man immerhin 1280 Euro gemacht, deutlich mehr, nämlich 1530 bzw. 1551 Euro, wäre bei einem Investment in internationale bzw. deutsche Wertpapiere herausgesprungen. Mit heimischen Aktien schrumpfte der Tausender indes auf 981 Euro. Und auch mit Gold ließ sich nicht viel verdienen – das brachte nach fünf Jahren nur 1039 Euro.

225 Milliarden Privatvermögen

Sparen ist und bleibt für die Bevölkerung wichtig – anders ist nicht zu erklären, dass die Privathaushalte in Summe 225 Milliarden Euro auf der hohen Kante haben. Im europäischen Vergleich ist die Sparquote aber mit sieben Prozent (des Einkommens) unterdurchschnittlich – in der Eurozone sind es 12,8 Prozent. Allerdings sagen nur mehr 68 Prozent, dass für sie Sparen wichtig sei – das ist der tiefste Wert seit zehn Jahren. Viele Menschen haben einfach zu wenig Geld, um sich etwas zur Seite legen. Und nur die Hälfte der Sparer ist zufrieden.

Im Schnitt werden heuer 201 Euro pro Monat beiseite gelegt, etwas mehr als 2014, als es 188 Euro waren, berichtet Peter Bosek, Privatkundenvorstand der Ersten. An erster Stelle steht der Notgroschen. Sinnvoll seien laut Bosek drei Monatsnettogehälter. Frustriert von den geringen Zinsen stecken aber immer mehr Menschen ihr Geld in Wohnung oder Haus – der Anteil, der für Renovierungen spart, hat sich auf 41 Prozent verdoppelt.

Gestiegen ist aber auch die Zahl der Österreicher, die Wertpapiere, Anleihen oder Fonds bevorzugen. Dort winkten zwar höhere, aber schon lange nicht mehr so hohe Renditen wie früher, bei einem deutlich höheren Risiko, sagt der Geschäftsführer der Erste Asset Management, Thomas Schaufler. An diesem Umfeld werde sich so rasch nichts ändern. Deshalb gibt es für die Erste-Experten nur eine Strategie: „Nicht alles auf eine Karte setzen.“ Die Lösung sei ein gemischtes Portfolio aus Immobilien, Aktien, Anleihen, Devisen, Gold und – für besonders Risikofreudige – Öl.

„Zwei wichtige Fragen sollten vor jeder Veranlagung stehen: Was ist mein Ziel – Liquidität oder Ertrag? Und wann brauche ich mein Geld wieder?“, sagt Schaufler. So lohnten Ansparpläne wegen der Spesen erst ab 100 Euro pro Monat und, wenn man dafür fünf bis sieben Jahre Zeit habe. Noch mehr Geduld braucht man mit einer österreichischen oder deutschen Bundesanleihe. Um ein Prozent Nettorendite zu erwirtschaften, bedarf es 19 Jahre. (eid)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.10.2015)

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